Audrey Tautou

Die jüdische Welt der Amélie

von Nino Ketschagmadse

Michèle (Audrey Tautou) ist zwanzig, arbeitet als Fotomodell und hat ziemlich unkonventionelle Vorstellungen vom Leben. Doch was ihr fehlt, ist Halt. Den findet sie weder im Job, noch bei ihrem Partner und schon gar nicht bei ihrer permanent zankenden Familie. Am liebsten würde die zierliche Frau mit den großen schwarzen Augen in dieser Situation an Gott glauben. Aber die Suche nach dem richtigen Heilsbringer gestaltet sich schwer: In der katholischen Kirche fühlt sich Michèle überhaupt nicht gut aufgehoben, bei buddhi- stischen Freunden schläft sie während der frühmorgendlichen Riten ein. Erst als sie den jüdischen Tierarzt François (Edouard Baer) kennenlernt, glaubt sie, die passende Religion gefunden zu haben – eher zufällig zeitgleich mit der ganz großen Liebe. Jedoch ist ihr neuer Freund, anders als von ihr erhofft, überhaupt nicht religiös. Fran-çois kann auch wenig Begeisterung für Michèles spirituelle Sucherei aufbringen.
Erfrischend unbeschwert und insgesamt recht humorvoll erzählt Unglaublich!, der wie ein Tagebuch aufgemachte französische Film der Regisseurin Pascale Bailly, von der Suche nach vermeintlichem Halt im Leben, von Liebe und Verlorensein – und nebenbei auch eine ganze Menge über jüdische Feiertage und Glaubensrituale. Das sympathische Drehbuch und vor allem die darstellerischen Leistungen helfen, über den zum Teil hektisch anmutenden Schnitt hinwegzusehen.
Allen voran brilliert Audrey Tautou, die sich von ihrem aus der Fabelhaften Welt der Amélie zum Markenzeichen gewordenen zauberhaften Charakter mühelos löst. Man nimmt ihr ohne weiteres die naive junge Frau ab, die versucht, ihr Leben mit jüdischen Ritualen zu ordnen. Ob Schabbat, Kaschrut oder Jom Kippur, von heute auf morgen wird Michèles Alltag durch das Judentum bestimmt. François, dargestellt von dem hierzulande nur durch eine Neuverfilmung von Asterix und Obelix bekannten Edouard Baer, reagiert auf diesen Feuereifer mehr als skeptisch. Als Michèle ihm völlig arglos eine Freude machen will, indem sie eine Mesusa an seinem Türrahmen aufhängt, stört den Veterinär weniger, daß die Mesusa falsch herum hängt; er möchte einfach nicht auf sein Judentum festgenagelt werden. Dann könne man »es« ja gleich mit einem dicken Stift an die Tür schreiben, sagt er wütend. Es kommt zum Streit, in dessen Verlauf François Michèle sogar Antisemitismus unterstellt. Das freilich ist eine Projektion: François, der Jude wider Willen, ist innerlich selbst voller Vorurteile.
Bundesweit in die deutschen Kinos hat es dieser bereits 2001 produzierte Film leider nie geschafft. Umso erfreulicher, daß er jetzt wenigstens auf DVD in den Handel kommt. Was auch den Vorteil hat, daß die Zuschauer neben der knapp 100minütigen dramatischen Komödie umfangreiches Bonusmaterial geboten bekommen. Neben den obligaten Filmographien und Szenen, die aus der Endfassung aus dramaturgischen Gründen getilgt wurden, gibt es mehrere spannende »Making of«-Kapitel, die zeigen, wie zentrale Szenen des Films in unterschiedlichen Variationen geprobt und in intensiver Zusammenarbeit zwischen Regisseurin und Darstellern entwickelt wurden.

unglaublich!
DVD. Universal Pictures Germany

München

Friedman fordert Social-Media-Regulierung als Kinderschutz

Hass sei keine Meinung, sondern pure Gewalt, sagt der Publizist. Er plädiert für strengere Regeln

 10.10.2025

Waffenruhe

»Wir werden neu anfangen, egal, wie schwer es ist«

Im Gazastreifen feiern die Menschen die Aussicht auf ein Ende des Krieges

 09.10.2025

Perspektive

Wir lassen uns nicht brechen – Am Israel Chai! 

Ein Zwischenruf zum 7. Oktober

von Daniel Neumann  06.10.2025

Berlin

Preis für Zivilcourage für Brandenburger Bürgermeisterin

Christine Herntier wird für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus vom »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ausgezeichnet

 01.10.2025

Terror

»Das Einfühlungsvermögen für Juden ist aufgebraucht«

Die Berliner Psychologin Marina Chernivsky zieht eine bittere Bilanz nach dem 7. Oktober

von Franziska Hein  30.09.2025

Nahost

Die Knackpunkte in Trumps Friedensplan

Netanjahu stellt sich hinter Trumps Plan für ein Ende des Gaza-Kriegs. Doch darin gibt es noch viele unklare Stellen

von Anna Ringle, Cindy Riechau  30.09.2025

Gaza/Jerusalem

Hamas fordert Feuerpause - Leben zweier Geiseln bedroht

Laut Kassam-Brigaden sei der Kontakt zu den beiden abgebrochen

 28.09.2025

New York/Teheran

Iran-Sanktionen wieder in Kraft

DIG und iranische Oppositionelle im Exil begrüßen die Entscheidung

 28.09.2025

New York

Zohran Mamdani an Jom Kippur nicht willkommen

Manhattans Synagoge B’nai Jeshurun will den demokratischen Kandidaten für das Bürgermeisteramt nicht empfangen

 28.09.2025