Schröder

»Die ganze Gesellschaft ist gefordert«

Herr Bundeskanzler, Sie haben die Schirmherrschaft beim Verein »Gesicht zeigen!« übernommen. Was hat Sie dazu bewegt?
schröder: Zum einen, weil ich die Ziele der Aktion, den Kampf gegen rechte Gewalt und das Eintreten für ein weltoffenes Deutschland, für ungemein wichtig halte. Außerdem haben mich die Arbeit des Vereins, das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die Vielfalt und Originalität ihrer Projekte überzeugt. Zum anderen ist es für mich sehr bewegend, diese Schirmherrschaft in Nachfolge von Bundespräsident Rau übernehmen zu dürfen, der sich wie kaum ein anderer in fast fünf Jahrzehnten gegen Rassismus und Antisemitismus eingesetzt hat.

Was kann ein Altkanzler gegen Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus konkret tun?
schröder: Immer und überall müssen wir jeder Form von Ausländerfeindlichkeit, Rechtsextremismus und Antisemitismus mit aller Entschiedenheit entgegentreten, auch mit der harten Hand des Staates. In den vergangenen Jahren haben wir von Seiten der Regierung einiges erreichen können. Zum Beispiel mit der Änderung des Versammlungsrechts, um Gedenkstätten für die Opfer des Nationalsozialismus zu schützen vor widerlicher und entwürdigender Verun- glimpfung durch Rechtsextreme. Zum Beispiel mit den Aktionsprogrammen gegen Rechtsextremismus, die die neue Bundesregierung fortsetzen wird. Initiativen wie »Gesicht zeigen!« stärken die Zivilgesellschaft im Kampf gegen Intoleranz und müssen weiter gefördert werden. Und deshalb werde ich mit aller Kraft diese zivilgesellschaftliche Initiative weiter unterstützen.

Oft wird davor gewarnt, rechtsextremistisches Gedankengut sei schon weit in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen. Hilft es da noch, Gesicht zu zeigen?
schröder: Auf jeden Fall. Vor allen müssen wir noch stärker auf Kinder und Jugendliche einwirken. Deshalb hat der Verein »Gesicht zeigen!« präventive Schulprojekte konzipiert und pädagogisches Material für die Jugendarbeit entwickelt. Bei manchen unverbesserlichen Älteren hilft oft nur noch die Härte des Gesetzes. Für Kinder und Jugendliche aber sind wir verantwortlich, indem wir sie aufklären, mit ihnen reden, mit ihnen zusammen Toleranz im Alltag üben. Wissen schützt. Und Aufklärung macht gefeit gegenüber dumpfer Verführung und Aggression.

Muß man Gesicht zeigen, weil der Aufstand der Anständigen ausgeblieben ist, den Sie selbst vor einigen Jahren gefordert haben?
schröder: Der Aufstand ist nicht ausgeblieben. Er hat stattgefunden und findet wei- terhin statt – durch massenhafte öffentliche Bekundungen, durch zahlreiche Initiativen und durch scharfe öffentliche Reaktionen. Aber wir müssen auch die dahinterstehenden Einstellungen und Haltungen in unserer Gesellschaft bekämpfen, weil sie die fundamentalen Grundlagen unseres Zusammenlebens in Frage stellen. Diese Auseinandersetzung betrifft uns alle, fordert den Staat und die ganze Gesellschaft. Nichts anderes habe ich mit dem Begriff vom »Aufstand der Anständigen« gemeint. Anstand als eine Kategorie politischer Moral, begriffen als Achtung vor uns selbst, vor unserer Geschichte und vor allem als Achtung vor anderen. Nicht wegschauen, wenn Unrecht geschieht, Zivilcourage im Alltag beweisen, die Stimme erheben, wenn Geschichte umgedeutet wird, nicht akzeptieren, daß es sogenannte No-Go-Areas in unserem Land gibt. Ich möchte, daß Deutschland ein weltoffenes und gastfreundliches Land bleibt, in dem Menschen verschiedener Herkunft und Sprachen, verschiedener Religionen und Hautfarben zusammenleben – friedlich, respektvoll und menschlich. Johannes Rau hat es einmal so umschrieben: »Wir arbeiten für ein Deutschland, in dem niemand Angst haben muß, ganz gleich, wie er aussieht, ganz gleich, wo er herkommt, ganz gleich, was er glaubt, ganz gleich, wie stark oder wie schwach er ist.« In diesem Sinne möchte ich als Schirmherr der Aktion »Gesicht zeigen!« wirken.

Das Gespräch führten Christian Böhme und Hans-Ulrich Dillmann.

Berlin

Wagenknecht-Bündnis gegen Waffenexporte nach Israel

Das Bündnis Sahra Wagenknecht fordert einen kompletten »Waffenstopp«

 22.04.2024

Capri

G7 warnen Israel und Iran vor Eskalation

Der Iran wird aufgefordert auf, die Unterstützung der Terrororganisation Hamas zu beenden

 19.04.2024

Frankfurt am Main

Angriff Israels auf Iran belastet Aktienmarkt

Der Leitindex Dax sackte gleich zu Beginn des Handelstages ab

 19.04.2024

Jerusalem

Baerbock trifft Premier Netanjahu und Präsident Herzog

 17.04.2024

Israel

Omer und ich

Ich habe einen neuen Mitbewohner, einen neuen Freund. Omer Shem Tov ist bei mir eingezogen. Er hat wunderschöne Augen, blaugrün und gutmütig, während ich derzeit schlecht schlafe, schließt er sie nie

von Gabriella Meros  15.04.2024

Naher Osten

G7 verurteilen Angriff auf Israel

Die sieben großen Industriestaaten hatten am Sonntag ein Treffen einberufen

 14.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden ruft Deutschland und die EU zu einer harten Position gegenüber Iran auf

Zentralrat hat den Großangriff Irans auf Israel mit aller Schärfe verurteilt

 14.04.2024

Rechtsextremismus

Zentralrat: »AfD-Funktionäre müssen immer wieder mit ihren radikalen Ansichten konfrontiert werden«

Zentralratspräsident Josef Schuster äußert sich zum TV-Duell

 12.04.2024

NRW

Haftbefehl gegen drei Jugendliche wegen Terrorverdachts

Sie werden verdächtigt, einen islamistisch motivierten Anschlag geplant zu haben

 12.04.2024