Lew Lewajew

Der Musterknabe geht von Bord

von Wladimir Struminski

Für Milliardäre sind Staatsgrenzen durchlässig. Das weiß man. Dennoch waren die Israelis erstaunt, als Lew Lewajew zum Jahreswechsel ihrem Staat den Rücken kehrte. »Lewajew geht nach London« verkündeten die Zeitungen in Riesenlettern, und selbst der sonst so abgeklärte Durchschnittsisraeli zeigte sich betroffen. Vielleicht weil gerade Lewajew, der Milliardär ohne Starallüren, der wie jeder andere mit seinen Kindern im Park spazieren ging, streng religiös, in der ultraorthodoxen Stadt Bnei Brak zu Hause, so tief in Israel verwurzelt war. Wenn man will, war Lewajew, obwohl kein gebürtiger Israeli, gerade wegen seines Andersseins zu einem Wahrzeichen des jüdischen Staates geworden.
Die kleinen Verhältnisse, aus denen Lewajew stammte, machten ihn für viele Israelis zu einer Identifikationsfigur. Lewajew kam 1956 in Taschkent, der Hauptstadt der damaligen Sowjetrepublik Usbekistan, zur Welt. Seine Eltern waren religiös und in der Gemeinde der bucharischen Juden aktiv. Als Lew 15 war, wanderte die Familie nach Israel aus. Auf dem formalen Bildungsweg kam der junge Mann nicht weit. Auch die auf Wunsch seines Vaters eingeschlagenen Studien an einer Jeschiwa hielt er nur wenige Monate durch. Er wollte ins »echte Leben« hinaus, arbeiten, Geld verdienen. Letzteres gelang ihm trefflich. Vom Diamanten- schleifer stieg er zum Händler auf und wurde mit der Zeit zum größten Diamantenexporteur des Landes. Nach Angaben des Ministeriums für Industrie und Handel erziel- te seine Firma L.L.D. im Jahr 2007 einen Auslandsumsatz von 522 Millionen Dollar.
Das aber ist nur ein kleiner Teil seines Geschäftsimperiums. Dessen Kernstück ist der von Lewajew kontrollierte Holding-Konzern Africa Israel Investments, der rund sechs Milliarden Dollar pro Jahr erwirtschaftet. Der Mogul hat weitverzweigte Geschäftskontakte rund um den Globus, von der ehemaligen Sowjetunion über Angola bis hin zum internationalen Finanzplatz London und den USA. In Manhattan hat sich Lewajew massiv auf dem Immobilienmarkt engagiert. Im letzten Jahr hat er für 525 Millionen Dollar das historische Gebäude der New York Times erworben. In einem seiner Vorzeigeprojekte verkaufte Lewajew Wohnungen an Hollywoodstars wie Gwyneth Paltrow. Sein persönliches Vermögen wird auf mindestens vier Milliarden Dollar geschätzt. Laut dem amerikanischen Wirtschaftsmagazin Forbes lag er 2007 auf Rang 210 der weltweiten Reichenliste.
Dass er auf seinen Erfolg stolz ist, hat Lewajew nie verborgen. Allerdings wollte er sein Geld nicht nur mehren, sondern auch für gute Zwecke verwenden, und machte sich als Philanthrop einen Namen. Schätzungen zufolge bringt der Konzernherr jährlich 50 Millionen Dollar an Spenden auf. Ein Hauptprojekt ist die Wiederbelebung der jüdischen Religion in der ehemaligen Sowjetunion. Dort greift er einer Reihe jüdischer Einrichtungen unter die Arme und hilft Tausenden jüdischer Gemeindemitarbeiter bei ihrer Tätigkeit. Auch 300 Rabbiner, vor allem von Chabad, die für die jüdische Renaissance kämpfen, stehen auf Lewajews Förderliste.
Warum nun der Umzug ins Exil? Als offiziellen Grund gab Lewajew die Anforderungen seiner internationalen Geschäfte an. Gerüchte über steuerliche Beweggründe ließ er von Vertrauten dementieren. Angesichts der in Großbritannien gerade jetzt gekappten Steuervorteile für Ausländer zahle er möglicherweise sogar drauf. Der wahre Grund für die Flucht, so die gängige Spekulation: Dem Milliardär wurde Israel einfach zu viel. Die Zeitungen wussten von seinem Ärger über unerbetene Ratgeber und aufdringliche Schnorrer zu berichten. Auch boshafte Medienberichterstattung habe ihm zu schaffen gemacht, etwa Bestechungsvorwürfe, die sich als haltlos erwiesen. Nun zog er sich, gemeinsam mit seiner Frau Olga und seinen jüngsten Kindern, in einen für 70 Millionen Dollar gekauften Londoner Stadtpalast zurück. Ob er wohl wiederkommt?

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