philosophie

Der Anreger

Im Jahr 1957 ging der junge israelische Soziologe Amitai Etzioni – ein Schüler von Martin Buber und Shmuel Noah Eisenstadt – für ein Jahr an die Universität in Berkeley (Kalifornien), um sein Studium abzurunden und mit einer Doktorarbeit zu krönen. Am Ende blieb er in Amerika und wurde dort ein angesehener Hochschullehrer und Publizist.
Vor ungefähr 30 Jahren nahm Etzioni sich vor, eine politisch-moralische Erneuerungsbewegung auf die Beine zu stellen. Erstaunlicherweise ist ihm die Verwirklichung dieses kühnen Projekts tatsächlich gelungen. Kommunitarismus nennt man die Denkrichtung, die Etzioni ersonnen und zusammen mit Gleichgesinnten in vielen Ländern bekannt gemacht hat. Kommunitarier möchten die bestehende Gesellschaft auf demokratischem Wege reformieren. Sie suchen nach einem »dritten Weg« zwischen Liberalismus und Sozialismus. Zur Lösung unserer gesellschaftlichen Probleme setzen sie weder allein auf die Selbstheilungskräfte des Marktes noch auf mehr Staat, sondern auf die moralischen Impulse, die in jedem Bürger vorhanden seien. Sie unterstreichen das Konzept einer Verantwortung für die Gemeinschaft und betonen die Notwendigkeit eines Dialogs über moralische Fragen. Auf die Tatsache, dass bestimmte Ideen der Kommunitarier von prominenten Politikern in aller Welt aufgegriffen worden sind, hat Etzioni mit Stolz hingewiesen.
Um die von ihm mitbegründete soziale Bewegung am Leben zu halten und voranzubringen, hat Etzioni unzählige Vorträge gehalten und Zeitschriftenartikel sowie 24 Bücher geschrieben, von denen einige ins Deutsche übersetzt worden sind. In seinen 2003 veröffentlichten Memoiren My Brother’s Keeper (Meines Bruders Hüter) beschreibt Etzioni detailliert, wie sich der Kommunitarismus entwickelt hat. Er referiert die alten Diskussionen, entkräftet noch einmal die Argumente der Gegner und lobt das Engagement zahlreicher Mitstreiter. Zwar geniert sich Etzioni nicht, eigene Werke zu preisen (»ein verdammt gutes Buch«), aber im Rückblick erkennt er etliche Fehler an, die ihm unterlaufen sind.
Zu den vielen Ehrungen, die dem sozialpolitischen Aktivisten zuteil geworden sind, kam jetzt eine weitere hinzu. In dieser Woche wurde ihm der mit 50.000 Euro dotierte Meister-Eckhart-Preis in der Aula der Universität zu Köln verliehen. Mit dieser Auszeichnung schließt sich in gewisser Weise ein Kreis. Denn Etzioni wurde 1929 in Köln geboren; damals hieß er Werner Falk. Nachdem er mit seinen Eltern das nationalsozialistische Deutschland verlassen hatte und nach Palästina kam, gab ihm ein Schuldirektor in Haifa den hebräischen Vornamen Amitai – so hieß der Vater des Propheten Jona. Etzioni kämpfte im israelischen Unabhängigkeitskrieg und lernte 1950 Martin Buber kennen, dessen Philosophie großen Einfluss auf ihn hatte.
Yizhak Ahren

Hamburg

Zehn Monate auf Bewährung nach mutmaßlich antisemitischem Angriff

Die 27-Jährige hatte ein Mitglied der Deutsch-Israelischen Gesellschaft nach einer Vorlesung über antijüdische Gewalt attackiert

 28.04.2025

Fernsehen

Mit KI besser ermitteln?

Künstliche Intelligenz tut in Sekundenschnelle, wofür wir Menschen Stunden und Tage brauchen. Auch Ermittlungsarbeit bei der Polizei kann die KI. Aber will man das?

von Christiane Bosch  21.04.2025

Reaktionen

Europäische Rabbiner: Papst Franziskus engagierte sich für Frieden in der Welt

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, der Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner, würdigt das verstorbene Oberhaupt der katholischen Kirche

 21.04.2025

Berlin

Weitere Zeugenvernehmungen im Prozess gegen Angreifer auf Lahav Shapira

Der Prozess gegen Mustafa A. am Amtsgericht Tiergarten geht weiter. Noch ist unklar, ob am heutigen Donnerstag das Urteil bereits gefällt wird

 17.04.2025

Indischer Ozean

Malediven will Israelis die Einreise verbieten

Es ist nicht die erste Ankündigung dieser Art: Urlauber aus Israel sollen das Urlaubsparadies nicht mehr besuchen dürfen. Das muslimische Land will damit Solidarität mit den Palästinensern zeigen.

 16.04.2025

Essen

Was gehört auf den Sederteller?

Sechs Dinge, die am Pessachabend auf dem Tisch nicht fehlen dürfen

 11.04.2025

Spenden

Mazze als Mizwa

Mitarbeiter vom Zentralratsprojekt »Mitzvah Day« übergaben Gesäuertes an die Berliner Tafel

von Katrin Richter  10.04.2025

Jerusalem

Oberstes Gericht berät über Entlassung des Schin-Bet-Chefs

Die Entlassung von Ronen Bar löste Massenproteste in Israel aus. Ministerpräsident Netanjahu sprach von einem »Mangel an Vertrauen«

 08.04.2025

Würdigung

Steinmeier gratuliert Ex-Botschafter Primor zum 90. Geburtstag

Er wurde vielfach ausgezeichnet und für seine Verdienste geehrt. Zu seinem 90. Geburtstag würdigt Bundespräsident Steinmeier Israels früheren Botschafter Avi Primor - und nennt ihn einen Vorreiter

von Birgit Wilke  07.04.2025