zeitgeschichte

Das Private ist politisch

zeitgeschichte
Das Private ist politisch

Eine Münchner Tagung ehrt Michael Wolffsohn zum 60. Geburtstag

Die Tagung an der Bundeswehrhochschule in München war klein, fein und ein Geburtstagsgeschenk. Der so geehrte heißt Michael Wolffsohn und konnte vor Kurzem seinen Sechzigsten feiern. »Identität und Erinnerung« lautete der Titel der Konferenz, die am vergangenen Freitag stattfand. Organisiert hatte sie Wolffsohns langjähriger Kollege Thomas Brechenmacher. Aber es war nicht nur ein wissenschaftliches Fachgespräch, sondern auch ein Wiedersehen von alten Freunden. Julius Schoeps aus Potsdam, Andreas Nachama aus Berlin, Horst Möller aus München – sie und viele andere erwiesen Wolffsohn ihre Reverenz. Und schlugen mit ihren Vorträgen eine Brücke zwischen Persönlichem und dem zeitgeschichtlichen Umfeld.
So berichtete Nachama über die gemeinsam verbrachte Jugend in Berlin. Rabbiner Tuvia Ben Chorin, Dozent am Abraham-Geiger-Kolleg, erinnerte daran, dass er den jungen Wolffsohn seinerzeit erfolgreich davon abgehalten hatte, Rabbiner zu werden. Und Horst Möller verriet einige lustige Anekdoten aus der Berliner Studienzeit von Wolffsohn.
Doch Möller hielt sich nicht beim Privaten auf, er ging auch auf die zum Teil heftigen politischen Auseinandersetzungen in den sechziger Jahren ein. So erwähnte Möller den jüdischen Politologen Ernst Fraenkel, der als Professor am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin gelehrt hatte. Fraenkel avancierte nach den Worten von Möller zum Lieblingsfeind der linken Studentenschaft. Ein Grund: Fraenkel trat nicht in die Reihen derer ein, die ihre Kritik am Vietnamkrieg mit Antiamerikanismus ideologisch verbanden.
Feindbild konservativer Professor. Auch Michael Wolffsohn hatte in der Vergangenheit nicht immer einen leichten Stand in der Öffentlichkeit. Mehrfach ist er gegen den Antizionismus der Linken zu Felde gezogen, gab sich patriotisch in Zeiten, als man dafür noch Buh-Rufe bekam. Vor drei Jahren standen seine Reputation als Wissenschaftler und seine Zukunft als Hochschullehrer in Frage. Manch ein Politiker forderte sogar seine Entlassung. Anlass war Wolffsohns Frage, ob in Fällen unmittelbarer terroristischer Bedrohung es nicht denkbar wäre, Folter zur Gefahrenabwehr zuzulassen. Die Folge: Der Historiker erhielt Morddrohungen und Hassbriefe.
Wolffsohns Blick auf die deutsche Gesellschaft, wen wundert’s, wurde immer kritischer. Er sieht sich im Gegensatz zu früher nicht mehr als »deutsch-jüdischer Patriot«. Den Unterschied zwischen Deutschen und Juden hat Wolffsohn einmal so beschrieben: »Für Deutsche gilt, ‚Nie wieder Täter!‘. Für Juden ‚Nie wieder Opfer!‘« Heute wirft er den Deutschen vor, aufgrund dieser Lehre aus der Geschichte allzusehr auf »Appeasement-Politik« zu setzen, sei es im Umgang mit »Schurkenstaaten« oder mit Islamisten im eigenen Land.
In einem Grußwort betonte die Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, dass Wolffsohn dennoch für eine positive Bilanz im deutsch-jüdischen Verhältnis stehe. »Sie werfen aber auch die Frage auf, ob die Bilanz so bleiben kann. Ich wünsche Ihnen, aber auch uns allen, dass Sie diese Frage weiterhin positiv beantworten können.« Doris Kalveram

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025

Bayern

Charlotte Knobloch kritisiert Preisverleihung an Imam

Die Thomas-Dehler-Stiftung will den Imam Benjamin Idriz auszeichnen. Dagegen regt sich nicht nur Widerstand aus der FDP. Auch die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde Münchens schaltet sich nun ein

von Michael Thaidigsmann  29.10.2025

Jerusalem

Karin Prien in Yad Vashem: »Jedes Mal für mich erschütternd«

Bei ihrer Israel-Reise erinnert die Bildungsministerin an die Millionen Opfer des Holocaust. Der Moment berührt die CDU-Politikerin auch aus einem persönlichen Grund

von Julia Kilian  28.10.2025

Bildungsministerin

Karin Prien reist nach Israel

Die CDU-Ministerin mit jüdischen Wurzeln will an diesem Sonntag nach Israel aufbrechen. Geplant sind Treffen mit dem israelischen Bildungs- und Außenminister

 26.10.2025

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025