Film

Das macht Propaganda

Filmszene aus »Führer und Verführer« Foto: stephan pick

Als Adolf Hitler nach dem sogenannten »Anschluss« Österreichs im Jahr 1938 nach Berlin zurückkehrt, wird ihm ein triumphaler Empfang bereitet. Die Menschen jubeln ihm zu, ein Mädchen streckt ihm eine Rose entgegen. Alles ein Werk des Propagandaministers und seiner Mitarbeiter.

Joseph Goebbels fährt in »Führer und Verführer« durch die Straßen, um die Vorbereitungen zu überprüfen. »Wir schaffen die Bilder, die bleiben werden«, sagt der Minister zu seinen Abteilungsleitern, die alles tun, damit in der gleichgeschalteten Presse steht: »Triumphaler Einzug des Führers in die Hauptstadt des Großdeutschen Reiches«. Und wir sehen gewissermaßen das fertige Bild aus der Wochenschau: wie der »Führer« die Ovationen der jubelnden Menge entgegennimmt. Diese Methode wendet der Film auch bei der berüchtigten Rede zum »totalen Krieg« im Berliner Sportpalast 1943 an.

Das sind sicherlich die stärksten Momente des neuen Films von Joachim A. Lang (»Mackie Messer - Brechts Dreigroschenfilm«): hinter die Kulissen der Inszenierungen des »Dritten Reiches« zu schauen, zu zeigen, wie Propaganda funktioniert und wie perfekt sie das NS-Regime beherrschte. Schon damals hatten Fake News und Schlagwörter großen Einfluss.

Innensicht der Macht in Nazideutschland zwischen 1938 und 1945

Für Historiker mag das nichts Neues sein, aber: Dieser Blickwinkel scheint gerade heute, da rechte Demagogen gezielt mit Desinformationen arbeiten, von großer Wichtigkeit. Deshalb steht auch im Film von Lang der Propagandaminister im Mittelpunkt; aus seiner Sicht zeigt der Film die Nazi-Clique. »Führer und Verführer« liefert eine Innensicht der Macht in Nazideutschland zwischen 1938 und 1945.

Lang zeigt die Gruppendynamik der NS-Führung an den ritualhaften Mittagessen, die Hitler auf dem Berghof für seine Getreuen, unter anderem Himmler, Göring und Speer, veranstaltet: Die Günstlinge des Tages dürfen an seiner Seite sitzen.

Lang ist nicht der Erste, der eine solche Innensicht versucht, zu nennen wären etwa Georg Wilhelm Pabsts »Der letzte Akt« (1955) oder Heinrich Breloers »Speer und er« (2005). Aus »Führer und Verführer« aber ist kein menschelnder Goebbels geworden, so wie der fragwürdige »Untergang« (2005) einen Hitler privat präsentierte. Auch mit der Nachahmung treibt es der Film nicht allzu weit: Robert Stadlober deutet den rheinischen Dialekt von Goebbels nur an und verzichtet auf ein zur Schau gestelltes Humpeln. Fritz Karl als Hitler führt dessen Hybris eher im Plauderton vor. Und seine Stimme mit österreichischem Einschlag ähnelt tatsächlich der Stimme Hitlers, die der Film in der einzig erhaltenen Privataufnahme des Diktators aus dem Jahr 1942 erklingen lässt - ohne das inszenierte Gekreische und Pathos seiner öffentlichen Auftritte.

Lesen Sie auch

Dass Goebbels und Hitler glühende Antisemiten waren, dass der von ihnen angezettelte Weltkrieg von Anfang an die physische Vernichtung des Gegners zum Ziel hatte, das stellt der Film deutlich heraus.

Und er konterkariert die Politik von oben mit ihren Konsequenzen: Holocaust-Überlebende wie Elly Gotz oder Charlotte Knobloch kommen in kürzeren Statements zu Wort, die das Spielfilmgeschehen unterbrechen.

Und das letzte Wort in diesem Film hat Margot Friedländer: »Menschen haben Menschen zu respektieren.«

München

Paul Lendvai: »Freiheit ist ein Luxusgut«

Mit 96 Jahren blickt der Holocaust-Überlebende auf ein Jahrhundert zwischen Gewalt und Hoffnung zurück. Besorgt zeigt er sich über die Bequemlichkeit der Gegenwart - denn der Kampf »gegen das Böse und Dumme« höre niemals auf

 21.10.2025

Abkommen

»Trump meinte, die Israelis geraten etwas außer Kontrolle«

Die Vermittler Steve Witkoff und Jared Kushner geben im Interview mit »60 Minutes« spannende Einblicke hinter die Kulissen der Diplomatie

von Sabine Brandes  20.10.2025

Washington

Trump droht Hamas mit dem Tod

Die palästinensische Terrororganisation will ihre Herrschaft über Gaza fortsetzen. Nun redet der US-Präsident Klartext

von Anna Ringle  16.10.2025

Terror

Hamas gibt die Leichen von Tamir Nimrodi, Uriel Baruch und Eitan Levy zurück

Die vierte Leiche ist ein Palästinenser

 15.10.2025 Aktualisiert

München

Friedman fordert Social-Media-Regulierung als Kinderschutz

Hass sei keine Meinung, sondern pure Gewalt, sagt der Publizist. Er plädiert für strengere Regeln

 10.10.2025

Waffenruhe

»Wir werden neu anfangen, egal, wie schwer es ist«

Im Gazastreifen feiern die Menschen die Aussicht auf ein Ende des Krieges

 09.10.2025

Perspektive

Wir lassen uns nicht brechen – Am Israel Chai! 

Ein Zwischenruf zum 7. Oktober

von Daniel Neumann  06.10.2025

Berlin

Preis für Zivilcourage für Brandenburger Bürgermeisterin

Christine Herntier wird für ihr Engagement gegen Rechtsextremismus vom »Denkmal für die ermordeten Juden Europas« und der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ausgezeichnet

 01.10.2025

Terror

»Das Einfühlungsvermögen für Juden ist aufgebraucht«

Die Berliner Psychologin Marina Chernivsky zieht eine bittere Bilanz nach dem 7. Oktober

von Franziska Hein  30.09.2025