Berlinale

Das Jahr der Trostpreise

Jessica Jacoby

Die Berlinale ist vorbei, die Preise sind vergeben. Im Wettbewerb hat keiner der beiden »jüdischen« Filme – Isabel Coixets Elegy und Amos Kolleks Restless – einen Bären gewonnen (lediglich die Gilde deutscher Filmkunsttheater fand Restless preiswürdig). Das kam nicht unbedingt überraschend: Beide Filme beschreiten thematisch eher ausgetretene Pfade. Eine tragische Liebesgeschichte zwischen einem älteren, zufällig jüdischen Mann und einer schönen jungen Frau, die an Brustkrebs erkrankt, ist nun mal genauso wenig neu wie die zigste Auflage eines Vater-Sohn-Konfliktes diesmal zwischen New York und Tel Aviv.
Das heißt nicht, dass die Filme misslungen wären: Einen Roman des Machos Philip Roth von einer feministischen Regisseurin inszenieren zu lassen, hatte schon etwas – nämlich intelligente Dialoge und diskrete Kameraführung. Auch das Schauspielergespann Ben Kingsley/Penelope Cruz war durchaus sehenswert.
Amos Kolleks Film hatte vielleicht das Pech, im Nachhinein mit einem thematisch ähnlichen Streifen konkurrieren zu müssen: Vor vier Jahren war eine jüdische Vater-Sohn-Versöhnung noch Berlinalepreiswürdig gewesen. Daniel Burmans El Abrazo Partido gewann 2004 einen Silbernen Bären. Kolleks Film ist insofern interessant, als er seine Figuren gewissermaßen umgekehrt zu seiner eigenen Biografie inszeniert. Sein Vater Teddy Kollek war langjähriger lang Bürgermeister von Jerusalem, für den es nichts Wichtigeres gab als seine Stadt und sein Land. Sohn Amos lebte lieber jahrzehntelang in New York und ist erst vor Kurzem in sein Geburtsland zurückgekehrt. Im Film ist es der verantwortungsscheue, von der israelischen Realität enttäuschte Vater Mosche, der nach New York geht, und sein Sohn Zach, der als Scharfschütze in der Armee seinem Land dient.
Eine Auszeichnung verdient hätte Cathy Randalls australisches Pubertätsdrama Hey hey it’s Esther Blueburger im Jugendprogramm Generation Plus. Sinn für Qualität bewies das Panorama-Publi-kum: Es wählte Erans Riklis Lemon Tree auf den ersten, und die südafrikanische Dokumentation Darling! The Pieter-Dirk Uys Story auf den zweiten Platz. Dafür ging leider der schönste Dokumentarfilm des Festivals leer aus: Steal a pencil for me im Berlinale-Special, eine niederländische Produktion, die trotz ihres Schoa-Themas die Zuschauer mit einem guten Gefühl aus dem Kino entließ, weil der Film Zeugnis ablegt von der Kraft der Liebe und der Hoffnung, die hier ausnahmsweise einmal das letzte Wort haben durfte.

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025

Amsterdam

Chanukka-Konzert im Concertgebouw kann doch stattfinden

Der israelische Kantor Shai Abramson kann doch am 14. Dezember im Amsterdamer Konzerthaus auftreten - allerdings nur bei zusätzlich anberaumten Konzerten für geladene Gäste

 13.11.2025

Meinung

BBC: Diese Plattform für anti-israelische Vorurteile und Extremismus ist nicht mehr zu retten

Der öffentlich-rechtliche Sender Großbritanniens hat sich anti-israelischen Vorurteilen und Extremismus geöffnet. Er braucht dringend Erneuerung

von Ben Elcan  13.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025

Geiseldeal

Itay Chen ist wieder in Israel

Die Leiche des 19-jährigen, israelisch-amerikanischen Soldaten wurde am Dienstagabend von Terroristen der Hamas übergeben

 05.11.2025

Jerusalem

Nach Eklat in Jerusalem: Westfälische Präses setzt auf Dialog

Projekte, Gedenkorte und viele Gespräche: Die Theologin Ruck-Schröder war mit einer Delegation des NRW-Landtags fünf Tage in Israel und im Westjordanland. Angesichts der Spannungen setzt sie auf dem Weg zur Verständigung auf Begegnungen und Dialog

von Ingo Lehnick  06.11.2025 Aktualisiert

Terror

Hamas übergibt erneut Leichen an Rotes Kreuz

Die Hamas hat dem Roten Kreuz erneut Leichen übergeben. Ob es sich bei den sterblichen Überresten in drei Särgen wirklich um Geiseln handelt, soll nun ein forensisches Institut klären

 02.11.2025

Augsburg

Josef Schuster und Markus Söder bei Jubiläumsfeier von jüdischem Museum

Eines der ältesten jüdischen Museen in Deutschland feiert in diesem Jahr 40-jähriges Bestehen. Das Jüdische Museum Augsburg Schwaben erinnert mit einer Ausstellung an frühere Projekte und künftige Vorhaben

 29.10.2025

Interview

»Wir sind für alle Soldaten da«

Shlomo Afanasev ist Brandenburgs erster orthodoxer Militärrabbiner. Am Dienstag wurde er offiziell ordiniert

von Helmut Kuhn  29.10.2025