Berlin-Mitte

Containerweise Protest

von Elke Wittich

Falls Betreiber und Angestellte des Bekleidungsgeschäfts Tönsberg in der Rosa-Luxemburg-Straße nach zahlreichen Demos und Anwohnerprotesten immer noch nicht mitbekommen haben sollten, was man in Berlin-Mitte von ihrem Laden hält, müssen sie nun nur noch aus dem Fenster gucken: In der Parkbucht genau vor ihrer Niederlassung steht seit Samstag ein mit zahlreichen Plakaten wie »Keine Nazis in unserer Mitte« versehener großer Stahlcontainer. Zwei weitere Container, einer vor der benachbarten Volksbühne und einer an der Ecke zum Alexanderplatz, informieren über die jüdische Geschichte des Scheunenviertels und den neuen Rechtsextremismus.
Initiiert wurde die Protest- und Kunstaktion von der Anwohnerinitiative »Mitte gegen Rechts«, die seit Februar gegen das Tönsberg kämpft (vgl. JA vom 28. Februar). Im Laden werden ausschließlich Textilien der bei Rechtsextremen als Erkennungs- merkmal dienenden Marke »Thor Steinar« verkauft, deren Aufschriften und Logos bewusst verfremdet an eindeutige Symbole oder Begriffe aus der Nazizeit erinnern.
Gegen die »raumgreifende Normalität«, die die Betreiber des Tönsberg mit ihrer Filiale im In-Bezirk Mitte demonstrieren wollten, kämpfen die Anwohner prak- tisch seit der Eröffnung des Ladens an. Denn das Tönsberg zieht einschlägige Kundschaft nicht nur aus Berlin an, Anwohner mit ausländischen Nachnamen überklebten bereits ihre Klingelschilder, Gewerbetreiber nehmen lieber Ärger mit dem Gewerbeaufsichtsamt in Kauf als, wie amtlich vorgeschrieben, ihren Namen und ihre Wohnadresse gut sichtbar an der Ladentür anzubringen, erzählen Anna-Delia und André von der Anwohnerinitiative. »Aus den ersten Protesten einzelner Ladenbesitzer gegen das Tönsberg wurde bald eine Initiative, bei der alle mitmachen – natürlich auch der Sexshop-Betreiber hier in der Nachbarschaft. Alle haben sehr positiv auf uns reagiert, Politik, Kultur, Polizei, alle haben uns sehr unterstützt.«
Bis Dezember sollen die Protestcontainer stehen bleiben, für den vor dem Tönsberg gibt es einen Wettbewerb, bei dem jeder seinen Plakatentwurf einreichen kann. Zusätzlich sind weitere Aktionen geplant: Die Ernst G. Hachmann GmbH bestellte für alle ihre Objekte in der Straße »Stolpersteine«, die an die von den Nazis ermordeten ehemaligen Bewohner der Häuser erinnern sollen. Am 13. Juli werden die kleinen Mahnmale feierlich eingeweiht.
»Natürlich sind wir privilegiert«, geben Anna-Delia und André zu, »einmal, weil hier viele Menschen mit kreativen Berufen wohnen, von deren Ideen die Initiative profitiert, und natürlich auch, weil das gesellschaftliche Klima hier eindeutig gegen rechts ist. Andererseits fänden wir so einen Laden in Pankow genauso unerträglich wie in Mitte.«
Und natürlich seien sie auch »nicht so naiv zu glauben, dass die Nazis generell einfach verschwinden, wenn das Tönsberg irgendwann zumacht«. Davon ist auch nicht auszugehen: Im nur ein paar hundert Meter entfernten neuen Shoppingcenter Alexa werden Textilien der Marke »Erik&Sons« verkauft. Wie »Thor Steinar« in Königs-Wusterhausen beheimatet und vom ehemaligen Anmelder des Webauftritts des Labels betrieben, tragen die auch in rechten Versandshops gehandelten und sich ebenfalls skandinavisch gebenden Produkte Runen und Aufdrucke wie »Wutreiter«, »Memel-Expedition« und »Baserker« (sic).

dresden

Extremismusverdacht bei sächsischen Polizisten

Vorstellung des sechsten Lageberichts der Koordinierungsstelle für Extremismusprävention und -bekämpfung (KostEx)

 26.09.2023

Rechtsextremismus

Mutmaßliche Hitlergrüße bei Oktoberfest in Sachsen 

Kriminalpolizei und Staatsschutz ermitteln

 25.09.2023

Berlin

Merz: Zusammenarbeit mit AfD »unvorstellbar«

»Das sind Leute, die sich nicht klar vom Nationalsozialismus distanzieren«, so der CDU-Chef

 25.09.2023

Archiv

Kol Nidre für Ungläubige

Warum ich als Säkularer an den Hohen Feiertagen in die Synagoge gehe

von Michael Wuliger  24.09.2023

religion

Bischof Gohl: Antisemitismus ist Sünde

Judenhass untergrabe auch das Fundament, auf dem die Kirche gebaut sei, erklärte der evangelische Theologe

 23.09.2023

Nordhausen

AfD-Kandidat kann Oberbürgermeister werden

In Thüringen wurde die Partei als »gesichert rechtsextremistisch« eingestuft

 23.09.2023

Düsseldorf

Angeklagter distanziert sich vom Antisemitismus

Der Deutsch-Iraner hatte versucht, einen Anschlag auf eine Synagoge zu verüben

 22.09.2023

Erfurt

Welterbezentrum soll Reste einer Synagoge miteinbeziehen

Auch Thüringens Jüdinnen und Juden möchten sich in das künftige Welterbezentrum einbringen

 22.09.2023

Rechtsextremismus

KZ-Gedenkstätten beobachten zunehmende Bedrohung

Zu Vandalismus, Schmierereien und anderen Vorfällen kommt es immer öfter

 22.09.2023