gasakrieg

»Aufgestachelt«

Die Operation »Gegossenes Blei« lässt Israel nicht zur Ruhe kommen. Nationale und internationale Menschenrechtsorganisationen sowie Juristen und ausländische Politiker stellen immer wieder kritische Fragen zum Verhalten der Soldaten während des Krieges im Gasa im vergangenen Januar. Sie erheben schwere Vorwürfe gegen die Armeeführung, sogar von Kriegsverbrechen ist die Rede. In Israel allerdings wird die Kritik, wenn sie aus dem Ausland kommt, gerne ignoriert.
Als zum Beispiel Anfang Juli Amnesty International einen 117-seitigen Bericht über den Gasakrieg veröffentlichte, warf Jerusalem den Autoren des Reports vor, die Hamas reinzuwaschen, deren Strategie es war, Zivilobjekte zu Bastionen des Terrors zu machen. Die israelische Armee sei stets darum bemüht gewesen, unschuldige Bürger nicht in Mitleidenschaft zu ziehen, wehrte sich das Verteidigungsministerium. Das sei aber dort nicht möglich gewesen, wo sich die Terroristen der Hamas in Wohngegenden verschanzt hätten.

widerspruch Solchen Stellungnahmen wird jetzt aus den eigenen Reihen widersprochen. In dieser Woche meldeten sich diejenigen zu Wort, die es eigentlich wissen müssten: Soldaten der israelischen Armee, die in Gasa gekämpft haben. Und sie beurteilen die israelischen Streikräfte nicht weniger kritisch als Amnesty International oder die Vereinten Nationen.
Die Berichte der israelischen Soldaten hat die Gruppe »Shovrim Shtika« gesammelt, die sich auf Englisch »Breaking the Silence« nennt – »Das Schweigen brechen«. Die befragten Soldaten geben darin zu Protokoll, dass beispielsweise beim Feuerbefehl gegen den Feind nicht zwischen Zivilisten und Kämpfern unterschieden worden sei. Sie beschreiben das Ausmaß der Zerstörungen durch die Angriffe als »unverhältnismäßig« und meinen, wie zahlreiche ausländische Kritiker auch, die Verwüstungen ließen sich allein mit militärischen Absichten nicht rechtfertigen.
Der Bericht der Armeekritiker, der den Titel »Operation Cast Lead« trägt, beleuchtet vor allem die Rolle der Armeerabbiner während des Gasakrieges. »Sie haben uns Soldaten mit religiösen Sprüchen zum Kampf angestachelt, kurz vor dem Einmarsch in den Gasastreifen«, gibt ein Israeli zu Protokoll. Armeerabbiner hätten die Truppen auch während des Einsatzes in Gasa begleitet und dem Krieg einen religiösen Anstrich gegeben, indem sie eine halbe Stunde lang predigten und währenddessen behauptet, dies sei ein »heiliger Krieg«. Ein Rabbiner habe die Soldaten zu Grausamkeiten ermuntert mit dem Versprechen, Gott beschütze die Soldaten und heiße alles gut, was sie täten. Höchstens als Einzelfälle relativieren dagegen Zahal-Offiziere die Vorwürfe der Soldaten.
Shovrim Shtika sagt aber, es seien nur Aussagen berücksichtigt worden, die mehrmals und unabhängig voneinander gemacht worden seien. Aufgrund der Berichte entstehe der Verdacht, dass sich Religion und Politik während des Gasakriegs vermischt hätten. Erstmals hätte das Armeerabbinat in der Politik mitgemacht, und zwar mitten im Krieg – so zumindest werden säkulare Soldaten zitiert. Die politisch gefärbten Pamphlete hätten zum Beispiel den offiziellen Stempel des Armeerabbinats getragen. Das Volk Israel sei heilig, habe da gestanden, und die Soldaten sollten wissen, dass sie für ihre Sünden in Gasa keine Rechenschaft ablegen müssten.

verteufeln Gepaart mit der Angst vor Terroristen habe ein solcher Freispruch ex ante manchen Soldaten zu hemmungslosem Verhalten ermuntert, vermutet ein Soldat, der in Gasa eingesetzt war. Das Rabbinat habe sich auch nicht gescheut, den Feind zu verteufeln: »Es machte aus den Palästinensern ›Söhne der Dunkelheit‹, während wir als ›Söhne des Lichts‹ dargestellt wurden«, heißt es in dem Bericht.
Die Interviews mit 54 Soldaten sollen helfen, gegen das Schweigen zu kämpfen, das israelische Militäraktionen in Israel umhüllt, heißt es in einer Erklärung von Shovrim Shtika. Die Gruppe will die israelische Gesellschaft über das Geschehen in den palästinensischen Gebieten informieren – sei es in Hebron, an den Straßensperren oder in Gasa.
Yehuda Schaul, Mitbegründer der Soldatengruppe, hat über ein Jahr seines Militärdienstes in Hebron verbracht, und zwar während der heißesten Phase der palästinensischen Intifada (2001 bis 2004). Während die meisten jungen Israelis nach ihrem Armeeeinsatz eine Auszeit bei Reisen durch den Dschungel Lateinamerikas oder die Reisfelder Asiens suchen, wollte Schaul seine Erlebnisse in Hebron nicht einfach vergessen. Als er im Juni 2004 entlassen wurde, gründete er gemeinsam mit anderen Shovrim Shtika. Gasa, meint Yehuda Schaul lakonisch, werde wohl nicht sein letzter Bericht sein.

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