ausstellung

Alles so schön bunt hier

Eigentlich verdanken wir diese Ausstellung Peter Ustinov. Besser gesagt: seinem Großvater. Wäre der russische Baron Ustinov 1902 in Jerusalem nicht so unzufrieden gewesen mit den von Türken betriebenen Herbergen, in denen er seine Gäste nicht absteigen lassen wollte, wäre das American Colony Hotel wohl nie gegründet worden. Das noch heute existierende, ebenso prächtige wie teure Hotel, ungefähr zehn Gehminuten vom Damaskustor entfernt, ist das Einzige, was von der Amerikanischen Kolonie geblieben ist. Das und 1.500 Glasplattendias. Die hatten der niederländische Getreidehändler Arie Speelman und seine Frau Anne auf ihren Reisen 1926 und 1931 durch Palästina erworben. Von der Fotoabteilung der American Colony, die ein Geschäft mit visuellen Souvenirs nahe dem Jaffa-Tor in Jerusalem betrieb. Gegründet worden war die Kolonie 1881 vom Chicagoer Anwalt Horatio Gates Spafford, ihm schlossen sich rasch amerikanische und schwedische christliche Bauernfamilien an, die auf eines achteten: ihre Umgebung nicht bekehren zu wollen. In den Niederlanden hielt Speelman dann lange sogenannte Palästina-Abende ab, bei denen die Aufnahmen via Projektor gezeigt wurden.

biblisch Was zeigten sie? Das Heilige Land der christlichen Bibel. Schließlich waren sowohl die Fotografen wie auch die Speelmans Christen. Es war eine panoptische Zeitreise voller exotistischem Kitzel zurück in ein biblisches Säkulum: von den neumodischen Erfindungen vieler Jahrhunderte gänzlich unberührte Gassen und unkultivierte wilde Landschaften, Äonen entfernt vom modernen Europa, als seien durch sie eben noch Jesus mit seinen Apos-teln gezogen. Fischer, die mit einfachen Netzen ihre Beute an den Strand ziehen und mit simplen Gerätschaften auswiegen. Beduinen mit von bitterer Armut und hartem Lebenskampf tief gefurchten Antlitzen und blinde jüdische Bettler an der Klagemauer. Mittelalterlich anmutende Ort- schaften. Staub. Grasende Kamele mit dem schneebedeckten Hermon im Hintergrund. Wasser holende Frauen an einer Quelle in Galiläa. Belebte pittoreske Märkte mit simpler Tauschwirtschaft. Hirtenjungen, die auf selber gebastelten primitiven Flöten spielen. Und der Fluss Jordan so still und unberührt, als sei Johannes der Täufer gerade aus dem Bild getreten.

moderne Dass in dem seit 1917 von Großbritannien verwalteten Palästina dank der zionistischen Einwanderung die Moderne eingezogen war, sieht man auf den Fotos kaum. Das junge Tel Aviv taucht am Rande als ländliche Gartensiedlung auf. Auch dass es das Land querende Telefonleitungen gab und Eisenbahnverbindungen, eine moderne Verwaltung und durchaus europäisch-großstädtische Urbanität, blieb ausgespart auf den kunstvoll von Hand kolorierten Aufnahmen. Schließlich handelte es sich um kommerzielle Produkte, angefertigt für Touristen als romantische Erinnerung an ihre Heilige-Land-Pilgerfahrt.

nostalgie Selten war eine Ausstellung im Jüdischen Museum München so üppig bestückt. Kein Wunder, handelt es sich doch um eine Übernahme vom Joods Historisch Museum Amsterdam, das Anfang der 90er-Jahre die Kollektion von anderthalbtausend Glasplattendias übernahm, von denen in München jetzt, geografisch und thematisch unterteilt, insgesamt 70 Fotografien ausgestellt sind.
Aber wieso nun diese vom Christentum inspirierten und von Nostalgie imprägnierten Aufnahmen in einem jüdischen Museum zeigen? Darauf antwortet Joël Cahen, der Direktor des Amsterdamer Jüdischen Museums, prägnant: Weil die zweite, dritte und vierte Generation in Israel wissen will, wie die Vergangenheit aussah. Des Landes. Und seiner Bewohner. Das erklärt auch das große Interesse mehrerer israelischer Museen, die diese Schau übernehmen wollen. Und, ist zu ergänzen, weil die Aufnahmen neben dem Dokumentarischen einen großen Reiz als piktoriale Dokumente besitzen. Und weil, was Bernhard Purin, der Direktor des Münchner Museums, betont, der Blick der Fotografen ein demokratischer war. Gleichberechtigt treten hier die Völker und Religionen auf. Und friedlich zusammenlebend. Es war einmal.

Amsterdam

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