Falaschmura

Abschied von Afrika

von Tobias Kühn

Es sind Tausende. Sie leben in windschiefen Wellblechhütten in Straßen voller Abfall. Ihre abgelegenen Dörfer haben sie verlassen und sich auf den Weg nach Gondar und in die Hauptstadt Addis Abeba gemacht, um ihrem Sehnsuchtsziel ein Stück näherzukommen, der Ausreise nach Israel. In Äthiopien werden sie Falaschen genannt, Fremdlinge. Sie betrachten sich als Nachkommen König Salomos und der Königin von Saba. 1975 erkannte die israelische Regierung sie offiziell als Juden an. Nach einer Entscheidung von Israels sefardischem Oberrabbiner Ovadia Yosef gelten sie als Nachfahren eines
verlorenen Stammes.
Bereits in den frühen 80er-Jahren hatte die Regierung in Jerusalem
beschlossen, diejenigen von ihnen aufzunehmen, die ihre jüdische Identität beibehalten haben. Die Falaschmura aber, die sich bereits Generationen zuvor vom Judentum gelöst hatten, sollten nicht einwandern dürfen. Unter dem Druck jüdischer Organisationen in den USA änderte sich in den 90er-Jahren jedoch Israels Politik ihnen gegenüber.
Die jüdischen Vorfahren der Falaschmura konvertierten einst zum Christentum, die Nachkommen kehren nun zum Judentum zurück. Ihr Schicksal liegt in den Händen von Beamten der Jewish Agency und des israelischen Einwanderungsministeriums.
Es ist schwierig, die jüdische Herkunft dieser Äthiopier nachzuweisen. Wer bereits Angehörige in Israel hat, darf im Rahmen der Familienzusammenführung einwandern. Doch wie lässt sich nachweisen, wer mit wem verwandt ist, wenn es keine Geburtsurkunden oder andere schriftliche Dokumente gibt?
Über 120.000 äthiopische Juden sind in den vergangenen 20 Jahren nach Israel gebracht worden, und je länger es dauert, diese Alija abzuschließen, desto mehr Interessenten gibt es. Israelische Beamte befürchten, dass viele mit zweifelhaftem jüdischen Hintergrund das System ausnutzen, um der Armut in Äthiopien zu entfliehen. Das erhöht den Druck der israelischen Behörden.
Im vergangenen Jahr beschloss die Regierung in Jerusalem, bis Juni 2008 die Auswanderung der Falaschmura zu beenden und ihre Büros in Addis Abeba und Gondar zu schließen. Äthiopische Organisationen in Israel kritisierten diesen Plan und riefen den Obersten Gerichtshof an. Dieser forderte Ende Januar die Regierung auf, nachzuprüfen, ob nicht weitere Tausende Falaschmura die Eignungskriterien für eine Auswanderung nach Israel erfüllen.
Derzeit werden jeden Monat 300 von ihnen nach Israel ausgeflogen.
In Addis Abeba und Gondar warten Tausende darauf, als Juden anerkannt zu werden und auszuwandern. Etliche haben ihre Felder verlassen, ihr Vieh verkauft und sich abhängig gemacht von israelischen Hilfen und amerikanisch-jüdischen Nahrungsmittelprogrammen.

Nachruf

Trauer um Hollywood-Legende Arthur Cohn

Arthur Cohn war immer auf der Suche nach künstlerischer Perfektion. Der Schweizer Filmproduzent gehörte zu den erfolgreichsten der Welt, wie seine Oscar-Ausbeute zeigt

 12.12.2025

Sydney

Jewish organizations decry the »scourge« of antisemitism

This time the focus is on Australia. It is hosting a conference of the international Jewish initiative »J7.« The group is presenting figures on Jew-hatred on the continent – and speaks of historic highs.

von Leticia Witte  03.12.2025

Kino

Blick auf die Denkerin

50 Jahre nach Hannah Arendts Tod beleuchtet eine Doku das Leben der Philosophin

von Jens Balkenborg  02.12.2025

Thüringen

Verfassungsschutz-Chef schätzt AfD-Jugend als rechtsextrem ein

Die Mitglieder der »Generation Deutschland« würden in ihren ersten Auftritten »weder eine Mäßigung noch eine Distanzierung oder gar Wandlung« zeigen, so Kramer

 02.12.2025

Tel Aviv-Jaffa

Shimon-Peres-Preis wird erstmals in Israel verliehen

60 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und Israel sind der Anlass: Zum ersten Mal wird der Shimon-Peres-Preis für gemeinsame demokratische Vorhaben in Israel feierlich übergeben

von Alexander Riedel  01.12.2025

TV-Kritik

Viel Krawall und wenig Erkenntnis: Jan Fleischhauer moderiert im ZDF den Kurzzeitknast der Meinungen

Mit »Keine Talkshow - Eingesperrt mit Jan Fleischhauer« setzt das ZDF auf Clash-TV: ein klaustrophobisches Studio, schnelle Schnitte, Big-Brother-Momente und kontroverse Gäste - viel Krawall, wenig Erkenntnis

von Steffen Grimberg  24.11.2025

Teilnehmer des Mitzvah Day 2016 in Berlin

Tikkun Olam

»Ein Licht für die Welt«

Der Mitzvah Day 2025 brachte bundesweit Gemeinden, Gruppen und Freiwillige zu mehr als 150 Projekten zusammen

 23.11.2025

Hebraica

»Was für ein Buchschatz!«

Stefan Wimmer über die Münchner Handschrift des Babylonischen Talmuds als UNESCO-Weltkulturerbe

von Ayala Goldmann  23.11.2025

TV-Tipp

Oliver Masucci brilliert in dem Mehrteiler »Herrhausen - Der Herr des Geldes«

Biografischer Mehrteiler über Bankier Alfred Herrhausen

von Jan Lehr  17.11.2025