Meinung

Ich bin stolz auf die EZB

Rabbinerin Elisa Klapheck Foto: Marina Maisel

In den Anfängen der jüdischen Tradition hat man geglaubt, die Seele sei im Blut. Aber nicht das Blut selbst, jener schnell trocknende Körpersaft, galt als heilig. Nie ging es um einen Götzendienst des Blutes. Es ging um die Zirkulation! Das Blut im Fluss. Auch andere Flüssigkeiten, vor allem das majim chajim (»lebendiges Wasser« für das rituelle Tauchbad), sind nur dann heilig, wenn sie Teil des Kreislaufes sind.

Dass die Heiligkeit des Kreislaufes auch auf das Geld bezogen werden kann, war den Rabbinen im Talmud bewusst. Der Tempel hatte schon in der Tora die Funktion einer Bank: Am »heiligen Schekel« wurden alle anderen Werte gemessen. Aufgrund des Silbermangels herrschte jedoch Geldknappheit. Bedrohlich wurde es für die Wirtschaft, wenn Waren zwar vorhanden waren, aber wegen Mangel an Münzen nicht gekauft werden konnten. Das wurde auch im Talmud diskutiert. Mit der Erfindung des Papiergelds war dieses Problem behoben.

zukunft Inzwischen gehört es zur Konjunkturpolitik einer Europäischen Zentralbank (EZB), die Gelddruckmaschine anzuwerfen und Geld in die Märkte zu pumpen. Solche Geldvermehrung muss natürlich von der Wirtschaftsleistung in spe gedeckt sein. Aber mit dem messianischen Denken des Judentums kam auch das Wissen um die machbare bessere Zukunft in die Welt – und damit die Investition in die Zukunft.

Offenbar befähigt die jüdische Tradition mit solchen religiösen Motiven zu einem wohlfahrtsfördernden Wirtschaftsdenken. Als Frankfurter Jüdin erfüllt mich der Anblick des neuen EZB-Gebäudes mit einem gewissen Stolz – nicht zuletzt, weil die EZB Lehren beherzigt, die auch in der jüdischen Auseinandersetzung mit den Gesetzen der Märkte verstanden wurden.

weltbild Dem gegenüber stand unlängst ein mobartiger »Schwarzer Block«, der durch die Straßen Frankfurts zog und um das neue EZB-Gebäude herum eine pogromähnliche Stimmung verbreitete. Dass sich die anderen Globalisierungsgegner nur halbherzig von solcher Gewalt, nicht aber inhaltlich distanzierten, beweist ein moralisch nebulöses Weltbild. Ihre Demonstrationen gegen das neue EZB-Gebäude richteten sich symbolisch gegen das »Herz« des Euro-Systems.

Damit bewiesen sie, dass sie nicht verstehen, wogegen sie demonstrieren. Ohne es zu ahnen, reden sie einem Rückfall in eine nationalistische Geldpolitik das Wort, der zu einer Reduzierung der Märkte und der sozialen Wohlfahrt führen würde. Genau dagegen richteten sich bereits die Rabbinen im Talmud.

Die Autorin ist Rabbinerin des Egalitären Minjans in Frankfurt/Main.

Den Haag

Erste Entscheidung in Klage gegen Deutschland am Dienstag

Im Verfahren Nicaragua gegen Deutschland will der Internationale Gerichtshof am Dienstag seinen Beschluss zu einstweiligen Maßnahmen verkünden

 26.04.2024

Meinung

Steinmeier auf Kuschelkurs mit einem Terrorfreund

Der Bundespräsident untergräbt mit seiner Schmeichelei gegenüber Recep Tayyip Erdogan einmal mehr Deutschlands Staatsräson

von Nils Kottmann  26.04.2024

Berlin

»Menschen haben nach dem 7. Oktober ihr wahres Gesicht gezeigt«

Ahmad Mansour wundert sich nicht über die Schließung zweier Jugendzentren in Berlin

von Sophie Albers Ben Chamo  26.04.2024

Diplomatie

USA, Großbritannien und Kanada verhängen Sanktionen gegen Iran

Es handelt sich um eine Reaktion auf den iranischen Angriff auf Israel

 26.04.2024

USA

Antiisraelische Proteste an Unis: Abschlussfeier abgesagt

An der Ostküste werden mehr als hundert Festnahmen gemeldet

 26.04.2024

Berlin

Polizei verbietet antiisraelisches »Palästina-Protestcamp«

Die Teilnehmer hätten Straftaten begangen, darunter auch Volksverhetzung, sagt die Polizei

 26.04.2024

Köln

Wallraff-Preis für israelische und palästinensische Initiativen

Mit gemeinsamen Aktionen setzen sich »Women of the Sun« und »Women Wage Peace« für Frieden ein

 26.04.2024

Berlin/Gaza

Brief an Hersh Goldberg-Polin

Lieber Hersh, wir kennen uns nicht – und doch sind unsere Lebenswege verbunden ...

von Ruben Gerczikow  26.04.2024

Berlin

Zentralrat der Juden kritisiert deutsche UNRWA-Politik

Josef Schuster: »Die Bundesregierung tut sich mit dieser Entscheidung keinen Gefallen«

 26.04.2024