Antisemitismus-Ranking

»2016 war ein verheerendes Jahr«

Rabbi Abraham Cooper Foto: Rolf Walter

Herr Rabbiner Cooper, in dieser Woche hat das Simon-Wiesenthal-Zentrum die jährliche Top-Ten-Liste antisemitischer Vorfälle veröffentlicht. War 2016 ein besonders antisemitisches Jahr?
2016 war in puncto Antisemitismus ein verheerendes Jahr. Wir hätten mit Leichtigkeit separate Top-Ten-Listen allein zu BDS, sozialen Medien, Europa und Hasskriminalität in den USA erstellen können. In der vorliegenden Liste haben wir aber versucht, unsren Fokus auf Durchschnittsvorfälle – in manchen Fällen seitens Regierungen – zu richten, nicht auf individuelle.

Auf dem ersten Platz sehen Sie die Entscheidung der US-Regierung, sich bei der jüngsten UN-Resolution, die Israels Siedlungsbau verurteilt, der Stimme zu enthalten. Halten Sie das nicht für übertrieben?
Keineswegs. Unsere Entscheidung hatte durchschnittliche Institutionen im Blick, die eine Politik betreiben, die Israel auf unfaire Weise heraushebt – daher war unsere Entscheidung angemessen.

Nach welchen Kriterien wählen Sie die Vorfälle aus?
Wir legen zwei Hauptkriterien an: klassischer Judenhass und extreme antiisraelische Handlungen. 2016 war ein Jahr, in dem die UN-Schlüsselorganisationen von arabischen Staaten genutzt wurden, um Israel zu dämonisieren, und, in einigen Fällen, jüdische – und christliche – Geschichte auszulöschen. Denken Sie nur an die UNESCO-Resolution vom Oktober, die den Tempelberg lediglich als heilige Stätte der Muslime erwähnt. Israel wurde 2016 insgesamt 20-mal zum Ziel bei der UN-Vollversammlung, andere Länder – wohlgemerkt zusammengenommen – nur viermal. Dabei war dies das Jahr von Aleppo, Nordkorea, Boko Haram und der IS-Barbarei. Eine groteske Doppelmoral!

Was genau könnte die US-Enthaltung Ihrer Ansicht nach bewirken?
Die Entscheidung des UN-Sicherheitsrates, die auf bisher noch nie dagewesene Art und Weise durch die Stimmenthaltung der USA überhaupt erst ermöglicht wurde, etikettiert Jerusalems Klagemauer und das alte historische jüdische Viertel der Jerusalemer Altstadt als »okkupiertes palästinensisches Gebiet«. Darüber hinaus ermutigt sie Länder, sich BDS anzuschließen bezüglich Produkten, die in Israel hergestellt wurden. Der Chef der Jewish Agency, Natan Sharansky, sowie der kanadische Justizminister Irwin Cotler sprechen in diesem Zusammenhang auch vom »3D-Zeichen«: als Hinweise, wenn legitime Israelkritik die Grenze zum Antisemitismus überschreitet – Delegitimierung, Dämonisierung, Doppelmoral.

Auf Platz vier der Liste rangiert der Kreisverband der deutschen Lehrergewerkschaft GEW in Oldenburg. Warum?
Die GEW Oldenburg haben wir als Beispiel einer Durchschnittsorganisation ausgewählt, die einem extrem antisemitischen und antiisraelischen BDSler den Rücken gestärkt hat. Ich habe auf meinen Reisen nach Deutschland oft betont, dass Deutsche Israel oder Juden nicht mögen müssen. Aber sie haben eine historische Verpflichtung, Juden kein Leid zuzufügen. Und BDS ist nun einmal eine extrem antiisraelische, antisemitische und letztlich eine Antifriedenskampagne.

Welche Reaktionen auf die Top-Ten-Liste haben Sie bisher bekommen?
Viele Medien berichten darüber. Und am wichtigsten ist: Wir haben Diskussionen und Debatten angestoßen.

Mit dem stellvertretenden Direktor des Simon-Wiesenthal-Zentrums in Los Angeles sprach Katharina Schmidt-Hirschfelder.

Berlin

»BILD«: Hinweis auf Ausspähung von deutschen Juden durch den Iran kam vom Mossad

Die Hintergründe

 01.07.2025

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

Frankfurt

Unibibliothek besitzt rund 7.500 mutmaßlich geraubte Bücher

Die Goethe-Universität hatte die Herkunft von insgesamt rund 79.000 Bänden geprüft, die zwischen 1942 und 1945 in den Bestand aufgenommen worden waren

 01.07.2025

Spionage-Skandal

Außenminister Wadephul bestellt iranischen Botschafter ein

Der CDU-Politiker rief außerdem zum Schutz von Juden in Deutschland auf

 01.07.2025 Aktualisiert

Berlin

Ausstellung »Die Nazis waren ja nicht einfach weg« startet

Die Aufarbeitung der NS-Zeit hat in den vergangenen Jahrzehnten viele Wendungen genommen. Eine neue Ausstellung in Berlin schaut mit dem Blick junger Menschen darauf zurück

von Lukas Philippi  01.07.2025

Kirchen

Theologe Staffa kritisiert Apartheidsbeschluss des Weltkirchenrates

Der Apartheidsvorwurf sei einfach falsch, sagte der christliche Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christen und Juden beim Deutschen Evangelischen Kirchentag

von Stephan Cezanne  01.07.2025

Berlin

Schuster: Vernichtungsfantasien des Mullah-Regimes gegen Israel und Juden nicht mehr kleinreden

In Dänemark wurde ein Spion festgenommen, der für den Iran jüdische und pro-israelische Ziele ausspioniert haben soll - darunter auch den Zentralrat der Juden

 01.07.2025

Festnahme

Spion soll für Iran jüdische Einrichtungen in Deutschland ausgespäht haben

Der Tatverdächtige wurde in Dänemark festgenommen

von Nils Kottmann  01.07.2025 Aktualisiert

USA

82-Jährige stirbt nach Angriff von Boulder

Die Frau erlag ihren schweren Verletzungen. Die Anklage gegen den Täter soll nun erweitert werden

 01.07.2025