Festival of Lights

Zusammen strahlen

Weithin sichtbar: Israels Vielfalt leuchtet noch bis 20. September am Bebelplatz. Foto: Leo Kämpfe

Wer derzeit nach Einbruch der Dunkelheit vom Berliner Boulevard Unter den Linden Richtung Bebelplatz geht, bekommt das Gefühl, unvermittelt in einer psychedelischen Mischung aus Woodstock und Märchenwald gelandet zu sein.

Die Fassaden der Gebäude rund um den Platz werden zum 16. Festival of Lights von knallbunten Bildern angestrahlt, an der Wand der Staatsoper findet sich der Beitrag Israels zum Lichtspektakel: ein Kaleidoskop unterschiedlichster Motive, das von Impressionen israelischer Kunst und Kultur aus Tanz, Musik, Bildenden Künsten und Literatur über architektonische Highlights und Sehenswürdigkeiten bis hin zu Symbolbildern von Orangen, Granatäpfeln und Palmen reicht.

Doch nicht nur die Collage ist symbolträchtig, sondern auch der diesjährige Ort des israelischen Beitrags: Hier auf dem Bebelplatz ließen die Nationalsozialisten am 10. Mai 1933 rund 20.000 Bücher in Flammen aufgehen, die »Versunkene Bibliothek« des israelischen Künstlers Micha Ullman erinnert daran.

MOSAIK So befindet sich unter einer dicken Glasplatte im Boden des Platzes das Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung, das aus langen und leeren Regalreihen besteht, die im Dunkel der Nacht weiß zu leuchten scheinen. Gerade diese kalt anmutende Leere lässt die farbenfrohe Lebendigkeit der Illumination im Kontrast noch stärker wirken.

Inmitten grüner Palmen, leuchtender Orangen und türkis strahlender Meeresaufnahmen prangt eine bunte 55: symbolisch für die Jahre deutsch-israelischer diplomatischer Beziehungen.

»Wir sind stolz darauf, das vielseitige Mosaik der israelischen Kultur insbesondere auf dem Bebelplatz zu zeigen, der Kulisse für die Verbrennung von mehr als 20.000 Büchern war, als die Nazis an die Macht kamen«, erklärt Israels Botschafter Jeremy Issacharoff dieser Zeitung.

Neben dem Bebelplatz erstrahlen seit vergangenem Freitag im Rahmen des Festivals mehr als 90 Lichtkunstwerke an 85 Orten in ganz Berlin, darunter am Brandenburger Tor, der US-Botschaft, dem Berliner Dom oder am Museum für Naturkunde. Angesichts der Corona-Pandemie haben die Veranstalter in diesem Jahr auch dezentrale Orte in verschiedenen Kiezen ins Programm aufgenommen, um die Besucherströme zu entzerren.

SPEKTAKEL Zudem kann das Festival in einer eigenen App mit zahlreichen Angeboten digital besucht werden, hinzu kommt ein Festival-Truck, der an mehreren Abenden fährt.

Die Maßnahmen sollen sicherstellen, dass es nicht zu riskanten Menschenansammlungen kommt – nichtsdestotrotz weisen die Organisatoren auf der Website darauf hin, dass die Lichter bei entsprechender Aufforderung der Polizei ausgeschaltet werden, sollten sich zu viele Menschen auf einem Platz versammeln und die Abstandsregeln nicht eingehalten werden.

Ein Festival-Truck fährt an mehreren Abenden durch verschiedene Stadtteile.

Am Eröffnungsabend scheint dies auf dem Bebelplatz nicht nötig: Die Besucher flanieren in sicherem Abstand zueinander an den bunt beleuchteten Fassaden entlang. Hobbyfotografen haben große Kameras auf Stative geschraubt, um das Spektakel festzuhalten, während Kinder versuchen, mit ihren Händen Schattenbilder an die Wand zu werfen.

»Es ist besonders inspirierend zu sehen, wie das Festival of Lights die Menschen in einem Jahr zusammenbringt, das von sozialer Distanz geprägt ist«, so Israels Botschafter Issacharoff zur Eröffnung. Tatsächlich passt auch das Motto in diesem Jahr zu jenem Gedanken: »Together we shine« – zusammen strahlen wir.

PARTNERSCHAFT Gerade für die Botschaft Israels hat der Titel aber noch eine zweite Bedeutung. Denn eine langjährige Partnerschaft verbindet sie mit dem Festival of Lights, 2015 hatte sich Israel erstmals daran beteiligt. Den Auftakt bildeten damals eine Collage zum Thema »50 Jahre deutsch-israelische Beziehungen« auf der Fassade des Palais am Festungsgraben sowie die Lichtskulptur »House auf Cards« am Potsdamer Platz.

In diesem Jahr wird nun das 55. Jubiläum der deutsch-israelischen diplomatischen Beziehungen gefeiert, und auch das findet sich im Lichtkunstwerk an der Staatsoper wieder: Inmitten grüner Palmen, leuchtender Orangen und türkis strahlender Meeresaufnahmen prangt eine bunte 55 – weithin sichtbar im Dunkel der Nacht.

www.festival-of-lights.de

Interview

»Physisch geht es mir gut, psychisch ist ewas anderes«

Sacha Stawski über den Angriff auf ihn und seine Kritik an Frankfurts Oberbürgermeister

von Helmut Kuhn  28.08.2025

München

»In unserer Verantwortung«

Als Rachel Salamander den Verfall der Synagoge Reichenbachstraße sah, musste sie etwas unternehmen. Sie gründete einen Verein, das Haus wurde saniert, am 15. September ist nun die Eröffnung. Ein Gespräch über einen Lebenstraum, Farbenspiele und Denkmalschutz

von Katrin Richter  28.08.2025

Zentralrat

Schuster sieht Strukturwandel bei jüdischen Gemeinden

Aktuell sei der Zentralrat auch gefordert, über religiöse Fragen hinaus den jüdischen Gemeinden bei der Organisation ihrer Sicherheit zu helfen

 27.08.2025

Gedenken

30 neue Stolpersteine für Magdeburg

Insgesamt gebe es in der Stadt bislang mehr als 830 Stolpersteine

 26.08.2025

München

Schalom, Chawerim!

Der Religionslehrer Asaf Grünwald legt Woche für Woche in Kurzvideos den aktuellen Tora-Text für die Gemeindemitglieder aus

von Luis Gruhler  26.08.2025

Frankfurt am Main

Jüdische Gemeinde ehrt Salomon Korn und Leo Latasch

Beide haben über Jahrzehnte hinweg das jüdische Leben in der Stadt geprägt

 26.08.2025

Neuanfang

Berliner Fußballverein entdeckt seine jüdischen Wurzeln neu

Im Berliner Stadtteil Wedding spielt ein unterklassiger Amateurverein, dessen Geschichte mit einigen der bedeutendsten jüdischen Vereine der Stadt verbunden ist. Der junge Vorstand des Vereins will die eigene Geschichte jetzt aufarbeiten

von Jonas Grimm  25.08.2025

Geburtstag

Renate Aris wird 90

Die Chemnitzer Zeitzeugin prägt seit Jahrzehnten das jüdische Leben der Stadt. Sie hat noch viel vor – eine Tour auf dem »Purple Path« zum Beispiel

von Anett Böttger  25.08.2025

Interview

Unikate und Exlibris

Seit fünf Jahren arbeitet Susanne Riexinger in der Münchner Gemeindebibliothek. Ein Gespräch über Katalogisierung, Provenienz und Geschichte in Büchern

von Luis Gruhler  24.08.2025