Zionistische Organisation

»Wir fühlen uns in letzter Zeit sehr unsicher«

Teilnehmer bei der Diskussion vor der Hessenwahl Foto: Rafael Herlich

Eigentlich sollte es an diesem Abend nicht ausschließlich um Antisemitismus gehen. Die Zionistische Organisation Rhein-Main e.V. hatte am Mittwoch zu einer Podiumsdiskussion zur bevorstehenden Landtagswahl in Hessen eingeladen. Es kamen hochrangige Vertreter der Landtagsfraktionen von CDU, SPD, Grünen, FDP und Die Linke. Das Publikumsinteresse blieb begrenzt. Nur etwa 20 Besucher fanden sich im Saalbau im Frankfurter Gallusviertel ein.

»Es ist wichtig, sich damit zu beschäftigen, wer uns in Wiesbaden vertritt«, sagte Daniel Hofmann, Vorsitzender der Zionistischen Organisation Rhein-Main, zur Begrüßung. Der Moderator, Politikwissenschaftler und Historiker Deni Kranz bat die Podiumsteilnehmer zunächst um ein Statement zur Förderung jüdischen Lebens in Hessen.

Das Judentum sei ein fester Bestandteil der deutschen Gesellschaft, sagte Martina Feldmayer, stellvertretende Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Um Antisemitismus müsse man sich auch außerhalb von Gedenktagen kümmern, fügte sie hinzu. Mehr als nur Lippenbekenntnisse zum jüdischen Leben forderte Jürgen Lenders, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion. »Das Existenzrecht Israels darf von niemandem infrage gestellt werden«, betonte Lenders.

Polizeischutz Ralf-Norbert Bartelt, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der CDU, bedauerte, dass Westend-Synagoge und Lichtigfeld-Schule rund um die Uhr Polizeischutz benötigen. »Wir werden das in absehbarer Zeit nicht ändern können«, sagte Bartelt.

Gernot Grumbach, wissenschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, erinnerte an die zentrale Rolle jüdischer Bürger Frankfurts bei der Gründung der Goethe-Universität im Jahr 1914. Die Forderung der AfD, das Schächten zu verbieten, bezeichnete Grumbach als »Versuch, ein kulturelles Moment als Waffe zu nehmen, um Menschen auszugrenzen«.

Zur Unterstützung jüdischen Lebens in Hessen habe er nicht viele Antworten, bekannte schließlich Hermann Schaus, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion Die Linke. Die Religionsausübung müsse frei und unbeeinträchtigt möglich sein, sagte Schaus.

Anfeindungen Die anschließende Diskussion kam über Monologe kaum hinaus. Beherrschendes Thema war der Anstieg antisemitischer Einstellungen, Äußerungen und Straftaten in Deutschland. »Wir fühlen uns in letzter Zeit sehr unsicher«, beklagte Deni Kranz. Er berichtete von Anfeindungen jüdischer Jugendlicher durch muslimische Mitschüler, sprach auch von No-Go-Areas für Juden in Frankfurt.

Ralf-Norbert Bartelt entgegnete, man solle Menschen muslimischen Glaubens zwar nicht unter Generalverdacht stellen. Man müsse Muslimen und Geflüchteten aber klar und deutlich sagen, dass das Existenzrecht Israels dazugehört. Er regte an, dieses Thema in den Integrationsunterricht für Flüchtlinge aufzunehmen. Es gebe viele Formen von Antisemitismus, sagte Jürgen Lenders. »Mit den Migranten kommt ein neuer Antisemitismus dazu«, stellte der FDP-Politiker fest.

Kommunikation Felix Semmelroths Arbeit als neuer Antisemitismusbeauftrager der Hessischen Landesregierung wurde kontrovers diskutiert. Aus dem Publikum wurden Vorwürfe laut, er sei in dieser Rolle bisher kaum hervorgetreten. Auch Daniel Hofmann beklagte fehlende Kommunikation.

Ralf-Norbert Bartelt und Martina Feldmayer mahnten, Semmelroth mehr Zeit zu geben. »Seine Aufgabe sehe ich darin, Strategien gegen Antisemitismus zu entwickeln«, erläuterte Feldmayer. Dass Schulen eine wichtige Rolle im Kampf gegen Judenfeindschaft spielen, war an diesem Abend ebenso Konsens wie die Bedeutung des deutsch-israelischen Jugendaustauschs.

Die abschließenden Statements widmeten sich dem israelisch-palästinensischen Konflikt. Jürgen Lenders lobte die Fähigkeit jüdischer und muslimischer Unternehmer in Israel, durch die geschäftliche Zusammenarbeit Grenzen zu überwinden. Gernot Grumbach zeigte sich weniger optimistisch. »Ich bin heute ratlos«, bekannte der Sozialdemokrat.

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025

Frankfurt am Main

Rabbinerin: Zentralrat hat Öffnung des Judentums begleitet

Elisa Klapheck spricht in Zusammenhang mit der jüdischen Dachorganisation von einer »Stimme, die auf höchster politischer Ebene ernst genommen wird«

 11.07.2025

Maccabiah

Zusammen sportlich

Trotz der Verschiebung der Spiele auf 2026 überwog auf dem Pre-Camp in Berlin Optimismus

von Frank Toebs  10.07.2025

Street Food Festival

Sich einmal um die Welt essen

Tausende besuchten das Fest im Hof der Synagoge Oranienburger Straße in Berlin

von Helmut Kuhn  10.07.2025

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Engagement

Verantwortung übernehmen

Erstmals wurde der Fritz-Neuland-Gedächtnispreis verliehen. Die Auszeichnung erhielten der Jurist Andreas Franck und die AG PRIOX der bayerischen Polizei

von Luis Gruhler  09.07.2025

Deutsch-Israelischer Freiwilligendienst

»Wir müssen gewachsene Strukturen erhalten«

ZWST-Projektleiter Erik Erenbourg über ein besonderes Jubiläum, fehlende Freiwillige aus Deutschland und einen neuen Jahrgang

von Christine Schmitt  09.07.2025

Essen

Vier Tage durch die Stadt

Der Verein Kibbuz Zentrum für Kunst, Kultur und Bildung führte 20 Jugendliche einer Gesamtschule an jüdische Orte. Die Reaktionen überraschten den Projektleiter

von Stefan Laurin  09.07.2025

Berlin

Millionenförderung für jüdisches Leben

Die sogenannten Staatsleistungen machten dabei fast 8,9 Millionen Euro in dieser Summe aus. Als Zuwendung für personelle Sicherheitsleistungen flossen den Angaben zufolge 6,1 Millionen Euro

 09.07.2025