Sport

Wie eine Familie

»Einige Tage normales Leben«, so beschrieben die Amateurfußballer von den Foxes of Kfar Aza (Schualei Kfar Aza) ihren Besuch in Leverkusen und Köln. Am vergangenen Wochenende waren die Sportler zu Gast im Rheinland. Die Anregung, sie nach Deutschland einzuladen, kam von den Mitarbeitern eines deutschen Konzerns in Israel und wurde gern aufgegriffen: Warum nicht einmal den Fußballern ein paar Tage Ablenkung anbieten?

Auf Einladung des Jüdischen Weltkongresses konnten 24 Sportler zwischen 18 und 39 Jahren für ein paar Tage ihren anstrengenden, belastenden Alltag in Israel hinter sich lassen, den sie seit dem 7. Oktober 2023 jeden Tag bewältigen müssen. An diesem Tag drangen Hamas-Terroristen in den Kibbuz ein, zündeten Häuser an, ermordeten und verschleppten Menschen.

Was den Sportlern ein wenig geholfen hat, waren der Fußball und ihr Team. »Wir hatten schon vor einiger Zeit Sportsachen eingepackt und ihnen geschickt, damit sie wieder trainieren können«, sagt Daniel Lörcher vom Jüdischen Weltkongress. Die Häuser der Sportler sind zum größten Teil abgebrannt – und alle haben Freunde und Familienangehörige durch den Terroranschlag der Hamas verloren.

Jeder weiß, was der andere durchgemacht hat

Heute sei die Mannschaft eine Familie, denn jeder wisse, was der andere durchgemacht habe. Alle seien gemeinsam durch die Hölle gegangen – und stecken immer noch in ihr, so Löcher. »Wir wollten ihnen nun ein paar schöne Tage ermöglichen. Etlichen schien es auch ein Anliegen zu sein, ihre Geschichten zu erzählen.«

Beispielsweise Yanay Katzir. Der Vater des 35-jährigen Trainers wurde am 7. Oktober ermordet, als er auf einer Jeep-Tour den Hamas-Terroristen begegnete. Irgendwann habe er sich nicht mehr gemeldet. Seine Mutter hatte Glück, denn sie konnte in ein Versteck flüchten.

Tomar, der Torwart, war am 7. Oktober im Ausland, als ihn die Nachrichten des Überfalls erreichten. Seine Eltern hätten ihm noch eine kurze Abschiedsnachricht geschickt. Und: »Sie kommen jetzt rein.«

Eine der bekanntesten sei die Geschichte von Alon Shamriz, der sich aus der Geiselhaft der Hamas befreien konnte und versehentlich von israelischen Soldaten erschossen wurde. Alons Bruder war einer der Athleten, die nun mit in Nordrhein-Westfalen waren. Drei Sportler der Schualei Kfar Aza leben nicht mehr, zwei sind noch Geiseln der Hamas. Der Bruder einer Geisel reiste ebenfalls mit nach Köln. Die Verstorbenen und die Geiseln seien omnipräsent, sagt Daniel Lörcher. Unter den Sportlern ist auch Ziv, der starke Verbrennungen vom Terrorangriff des 7. Oktober davongetragen hat.

Zum Schabbatessen in der Synagogen-Gemeinde Köln

»Es ist auch wichtig, dass sie mal zusammen sein können, denn in Israel leben sie nun alle verstreut und sehen sich kaum«, meint Lörcher. Zum Schabbatessen wurden sie von der Synagogen-Gemeinde Köln eingeladen. Abraham Lehrer vom Vorstand sagte der Jüdischen Allgemeinen: »Auch diese jungen Menschen haben am 7. Oktober Fürchterliches erleben müssen.« Daher sei es »sehr lobenswert, die Fußballmannschaft zu einem Spiel von Bayer Leverkusen in der heimischen BayArena einzuladen.« Eine Abwechslung zu den erfahrenen Traumata anzubieten, sei eine wunderbare Idee. »Ich bin froh, dass die Synagogen-Gemeinde Köln mit der Einladung zu Kabbalat Schabbat sich diesem Unterfangen nahtlos anschließen konnte. Allen Organisatoren sei an dieser Stelle gedankt.«

Es folgten Termine im Leistungszentrum von Bayer 04 Leverkusen, sie schrieben sich ins Gästebuch ein, besichtigten Köln. Am Sonntagabend saßen sie in der BayArena und sahen die Partie von Bayer 04 Leverkusen gegen den VfL Wolfsburg. Am Montag ging es zurück nach Israel. »Sie hatten das Bedürfnis, mit uns ihre Geschichten zu teilen. Und wir hörten ihnen zu! Besonders hat mich der Zusammenhalt der Foxes of Kfar Aza beeindruckt – sie sind zu einer liebevollen starken Familie geworden«, sagt Bella Zchwiraschwili vom Jüdischen Weltkongress.

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