Theater im Delphi

Widmung an den Onkel

Produziert alles allein: Roger Peltzman Foto: privat

Theater im Delphi

Widmung an den Onkel

Roger Peltzman erzählt in dem Stück »Dedication« die Geschichte seiner Familie, die von den Nazis vertrieben wurde

von Katrin Richter  22.02.2024 12:03 Uhr

Wenn Roger Peltzman sich an seinen Flügel setzt, dann denkt er ziemlich oft an seinen Onkel. »Besonders wenn ich Chopin spiele«, sagt Peltzman, »ich auf die Klangqualität achte oder versuche, die Note rechtzeitig zu erreichen, dann frage ich mich im Inneren: ›Was denkt er?‹«

Er, das ist Norbert Stern, ein Klaviergenie seit frühester Kindheit. Ein Kritiker lobte sein Spiel einst als »brillant und beeindruckend«. Eine Aufnahme gibt es nicht, Norbert wurde mit 21 Jahren im Vernichtungslager Auschwitz ermordet. Norberts Geschichte und die seiner Familie erzählt Roger Peltzman in seinem Ein-Mann-Stück Dedication.

Dieser Abend beginnt allerdings erst einmal mit einer Narbe am Knie und einem Foto seiner Mutter, verkleidet als Nonne. Wie das zusammengeht, das wird Peltzman in den kommenden Tagen auch dem Berliner Publikum zeigen. Mit Dedication gastiert der New Yorker Musiker mit der warmen Erzählstimme am Theater im Delphi im Prenzlauer Berg. »Ich bin wirklich aufgeregt«, beschreibt Peltzman seine Gefühle vor der Show, »denn ich produziere alles allein.« Vieles geht ihm in den Tagen vor der Berliner Premiere im Kopf herum: Funktioniert das Equipment, wie ist die Bühne, klappt der Ton – und kommt das Klavier rechtzeitig an?

Das Klavier ist sein Instrument. »Es gibt nichts Schöneres, als Klavier zu spielen. Es ist das Ausdrucksvollste und Befriedigendste, was ich auf der Welt tun kann.«

»Es gibt nichts Schöneres, als Klavier zu spielen.«

Roger Peltzman

Dass er mit diesem Instrument und vor Publikum einmal die Geschichte seiner Familie erzählen würde, das war ihm lange Zeit nicht klar. »Natürlich wollte ich die Erinnerung an meine Familie wachhalten, ich wollte auch von meinen Erfahrungen erzählen, wie ich mit diesem Wissen in einem Vorort von New York aufgewachsen bin.« Bis er begann, darüber zu schreiben, sei ihm nicht bewusst gewesen, wie sich das Trauma seiner Familie auch in ihm wiederfand. »Mir wurde plötzlich klar: Oh, mein Gott, ich bin davon betroffen. Mein ganzes Leben ist davon geprägt.«

Für den Künstler war es ein kathartischer Moment. Wo vorher ein Loch in seiner Seele war, war nun die Geschichte seiner Familie, die er durch die Arbeit an Dedication noch viel besser kennenlernte. Wenn er auf der Bühne ist, dann ist er bei seiner Familie. »Ich kann dann eine Stunde Zeit mit meiner Mutter verbringen, die schon gestorben ist, und mit der Familie, die ich nicht kannte.«

Das Berliner Publikum kann nun dabei Gast sein, unter den markanten Bögen des Theaters im Delphi, in dem auch die Serie Babylon Berlin gedreht wurde, deren großer Fan Peltz­man ist. Er ist ein aufmerksamer Beobachter seiner Zeit. Auch er bemerkt den steigenden Antisemitismus in den USA, er liest darüber – New York sei, sagt Peltzman, vielleicht der einzige Ort auf der Welt, an dem sich Juden außerhalb Israels nicht so als Minderheit fühlen müssten. »Ich bin wahrscheinlich höchstens ein Agnostiker«, sagt er und nennt als seine Ins­pirationsquelle »die jüdische Kultur, wie die Marx Brothers und George Gershwin, Bob Dylan und Leonard Cohen«. Was wohl sein Onkel Norbert dazu gesagt hätte?

»Dedication« ist am 23., 24. und 25. Februar jeweils um 19.30 Uhr im Theater im Delphi, Gustav-Adolf-Straße 2, zu sehen. Tickets kosten 23 Euro. Weitere Infos unter www.theater-im-delphi.de und www.rogerpeltzman.com

Thüringen

Jüdisches Kulturfest will Haifa stärker einbeziehen

Beide Städte pflegen seit dem Jahr 2005 eine offizielle Städtepartnerschaft

 17.07.2025

75 Jahre Zentralrat

Zentralratspräsident: Zusammenlegung von jüdischen Gemeinden »schmerzlich«, aber denkbar

Zu wenig engagierter Nachwuchs und mögliche Zusammenschlüsse von jüdischen Gemeinden - so sieht die Lage laut Zentralrat der Juden derzeit aus. Präsident Schuster äußert sich auch zur Rabbinerausbildung in Potsdam

von Leticia Witte  17.07.2025

Stuttgart

Geige, Cello, Kickboxen

Die Musikerinnen Taisia und Elina über den Karl-Adler-Wettbewerb, Spaß und eigene Stücke

von Christine Schmitt  16.07.2025

Jiddisch

Der unerfüllte Traum

Im Rahmen der Scholem-Alejchem-Vortragsreihe sprach der Judaist Gennady Estraikh über die Geschichte von Birobidschan

von Nora Niemann  16.07.2025

München

»Unsere jüdische Bavaria«

80 Jahre Israelitische Kultusgemeinde München und 40 Jahre Präsidentschaft von Charlotte Knobloch: Am Dienstagabend wurde das Doppeljubiläum mit einem Festakt gefeiert. Für einen scharfzüngigen Höhepunkt sorgte der Publizist Michel Friedman

von Christiane Ried  16.07.2025

München

»Ich habe größten Respekt vor dieser Leistung«

Zum 40-jährigen Dienstjubiläum von Charlotte Knobloch wird sie von Zentralratspräsident Josef Schuster geehrt

 16.07.2025

Porträt der Woche

»Musik war meine Therapie«

Hagar Sharvit konnte durch Singen ihre Schüchternheit überwinden

von Alicia Rust  15.07.2025

Berlin

Gericht vertagt Verhandlung über Lahav Shapiras Klage gegen Freie Universität

Warum die Anwältin des jüdischen Studenten die Entscheidung der Richter trotzdem als großen Erfolg wertet. Die Hintergründe

 15.07.2025 Aktualisiert

Andenken

Berliner SPD: Straße oder Platz nach Margot Friedländer benennen

Margot Friedländer gehörte zu den bekanntesten Zeitzeugen der Verbrechen der Nationalsozialisten. Für ihr unermüdliches Wirken will die Berliner SPD die im Mai gestorbene Holocaust-Überlebende nun sichtbar ehren

 15.07.2025