Potsdam

»Was lange währt, wird endlich gut«

Die jüdischen Gemeinden in Potsdam bekommen mehr als 80 Jahre nach der Schoa wieder eine Synagoge. Der Grundstein für das rund 13,7 Millionen Euro teure Bauwerk in der Nähe des Landtags wurde am Montag gelegt. Das moderne Synagogen- und Gemeindezentrum soll bis 2024 fertiggestellt werden. Die Finanzierung übernimmt das Land Brandenburg.

Nach dem unermesslichen Leid, das der jüdischen Gemeinschaft mit der Schoa zugefügt wurde, sei die Grundsteinlegung ein nächster Schritt, damit Juden in Deutschland und Brandenburg wieder eine wirkliche Heimstatt, finden, sagte Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) bei dem Festakt. »In der Mitte der Stadt und in Sichtweite des Landtags wird die Synagoge ein klares Bekenntnis zum Judentum in Brandenburg sein.« Dieses Bekenntnis sei in Zeiten zunehmender antisemitischer Angriffe mehr als notwendig. »Möge das Bauwerk symbolisch, aber auch tatsächlich die Heimstatt der Potsdamer Juden werden.«

novemberpogrom Kulturministerin Manja Schüle (SPD) betonte, die Grundsteinlegung fast auf den Tag genau 83 Jahre nach der Zerstörung und Entweihung der Potsdamer Synagoge während der Novemberpogrome sei »ein starkes Signal: Jüdinnen und Juden bekommen eine würdige und sichere Heimstatt in der Landeshauptstadt.« Schüle hob hervor: Auch wenn der Staat das Gebäude finanziere, sei es »kein Bau für das Land Brandenburg, sondern für die hier lebenden Juden«. Besonders begrüßte die Ministerin die Kinder aus der Gemeinde, denn sie seien die Zukunft. Daher lud sie die Jüngsten auch ein, nach den Ansprachen mit hinunter in die Baugrube zu steigen, wo am Ende der Zeremonie der Grundstein gelegt wurde.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, nannte die Grundsteinlegung ein »deutliches und sichtbares Zeichen unseres Glaubens und an eine Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland«.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, nannte die Grundsteinlegung ein »deutliches und sichtbares Zeichen unseres Glaubens und an eine Zukunft jüdischen Lebens in Deutschland«. Synagogen seien der Mittelpunkt jüdischer Gemeinden.

Abraham Lehrer, der Präsident der Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, betonte, »die ZWST als sozialer Dachverband der jüdischen Gemeinden in Deutschland will einen Ort für alle Juden und Jüdinnen in Potsdam und Brandenburg etablieren, in dem vielseitige soziale, kulturelle und religiöse Angebote geschaffen und unter einem Dach gebündelt werden können«.

zentralrat Die Synagoge wird nach der im August eröffneten kleinen Universitätssynagoge am Neuen Palais das zweite neue jüdische Gotteshaus in Brandenburgs Landeshauptstadt. Bei der Errichtung der Synagoge arbeitet das Land mit dem Zentralrat der Juden und der ZWST zusammen. Träger wird die ZWST sein. Nach den ersten drei Jahren der Nutzung soll die Trägerschaft an den Landesverband der jüdischen Gemeinden in Brandenburg übergehen. Grundlage für den Bau ist der Entwurf des Berliner Architekten Jost Haberland.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Das Bauvorhaben wurde bereits 2005 im Staatsvertrag des Landes Brandenburg mit dem jüdischen Landesverband festgehalten. Der Baubeginn scheiterte bisher vor allem an einer Kontroverse innerhalb der inzwischen fünf jüdischen Gemeinden Potsdams. »Ich muss hier niemandem erzählen, dass der Weg zum heutigen Tag nicht leicht war«, sagte Zentralratspräsident Schuster – und betonte: »Was lange währt, wird endlich gut.« Er lade »alle jüdischen Akteure in Potsdam ein, sich einzubringen in dieses Gebäude und die Planungen, die damit verbunden sind.« Denn: »Die Stärke der jüdischen Gemeinschaft ist ihre Vielfalt.«

Die historische Synagoge im Stadtzentrum überstand zwar die NS-Pogrome von 1938, wurde jedoch danach von der Post genutzt und im April 1945 bei einem Luftangriff zerstört. epd/kna/ja

Lesen Sie mehr in der kommenden Printausgabe am Donnerstag.

Justiz

Anklage wegen Hausverbots für Juden in Flensburg erhoben

Ein Ladeninhaber in Flensburg soll mit einem Aushang zum Hass gegen jüdische Menschen aufgestachelt haben. Ein Schild in seinem Schaufenster enthielt den Satz »Juden haben hier Hausverbot«

 12.11.2025

Interview

»Niemand hat Jason Stanley von der Bühne gejagt«

Benjamin Graumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Frankfurt, weist die Vorwürfe des amerikanischen Philosophen zurück und beschuldigt ihn, Unwahrheiten über den Abend in der Synagoge zu verbreiten

von Michael Thaidigsmann  12.11.2025

Hessen

Margot Friedländer erhält posthum die Wilhelm-Leuschner-Medaille

Die Zeitzeugin Margot Friedländer erhält posthum die höchste Auszeichnung des Landes Hessen. Sie war eine der wichtigsten Stimme in der deutschen Erinnerungskultur

 12.11.2025

Berlin

Touro University vergibt erstmals »Seid Menschen«-Stipendium

Die Touro University Berlin erinnert mit einem neu geschaffenen Stipendium an die Schoa-Überlebende Margot Friedländer

 12.11.2025

Jubiläum

»Eine Zierde der Stadt«: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in Berlin eröffnet

Es ist einer der wichtigsten Orte jüdischen Lebens in Deutschland: Vor 30 Jahren wurde das Centrum Judaicum in der Neuen Synagoge in der Oranienburger Straße in Berlin eingeweiht. Am Dienstag würdigt dies ein Festakt

von Gregor Krumpholz, Nina Schmedding  11.11.2025

Vertrag

Jüdische Gemeinde Frankfurt erhält mehr Gelder

Die Zuwendungen durch die Mainmetropole sollen bis 2031 auf 8,2 Millionen Euro steigen

von Ralf Balke  11.11.2025

Berlin

Ein streitbarer Intellektueller

Der Erziehungswissenschaftler, Philosoph und Publizist Micha Brumlik ist im Alter von 78 Jahren gestorben. Ein persönlicher Nachruf

von Julius H. Schoeps  11.11.2025

Hannover

Ministerium erinnert an 1938 zerstörte Synagoge

Die 1938 zerstörte Neue Synagoge war einst mit 1.100 Plätzen das Zentrum des jüdischen Lebens in Hannover. Heute befindet sich an dem Ort das niedersächsische Wissenschaftsministerium, das nun mit Stelen an die Geschichte des Ortes erinnert

 10.11.2025

Chidon Hatanach

»Wie schreibt man noch mal ›Kikayon‹?«

Keren Lisowski hat die deutsche Runde des Bibelquiz gewonnen. Jetzt träumt sie vom Finale in Israel

von Mascha Malburg  10.11.2025