München

Von Stadtrundgang bis Synagoge

Der Zentralrat der Juden in Deutschland trug mit Künstlern aus seinem Kulturprogramm maßgeblich dazu bei, dass der Begriff »Familie« – dieses Jahr das Leitmotiv des Europäischen Tags der jüdischen Kultur – einen musikalischen Touch bekam. Eine Familie bilden nämlich nicht nur Blutsverwandte, sondern auch Menschen gleichen Glaubens, gleicher Interessen, gleicher Wertvorstellungen.

Mit den Konzerten der »Swingenden« unter Leitung des Mannheimer Kantors Amnon Seelig, der den Einfluss jüdischer Komponisten auf die amerikanische Musikszene und die Entwicklung des Jazz darstellte, und dem »Kadya Trio« unter Leitung von Alan Bern, das jiddische Kinderreime mit Melodien aus Berns Feder meisterhaft kombinierte, lud die Kulturabteilung der Israeli­tischen Kultusgemeinde Musikliebhaber ins Jüdische Gemeindezentrum ein.

Die Vorfahren des Komponisten George Gershwin und seines Bruders Ira stammten aus Russland

Der Textdichter Oscar Hammerstein, die Komponisten Lorenz Hart und Jerome Kern stammten aus deutschstämmigen jüdischen Familien, die Vorfahren des Komponisten George Gershwin und seines Bruders Ira stammten aus Russland. Ira schrieb für mehr als 400 Stücke seines Bruders die Texte.

Drei Tage nach dem Jazz-Abend stand die Dichterin Kadya Molodowsky, die es aus einem Schtetl in Weißrussland nach Eretz Israel und schließlich auch nach Amerika verschlug, mit einem Konzert im Mittelpunkt. Es erwies sich wieder einmal, dass Musik eine weltumspannende Sprache für die Wahlfamilie ihrer Freunde ist.

Wer am Europäischen Tag der jüdischen Kultur an einer der beiden – wie bei solchen Anlässen stets – sehr gut besuchten Synagogenführungen teilnahm, erfuhr, dass das Judentum keine Religion für Einsiedler ist, sondern dass sich der Gemeinschaftsgedanke durch das ganze Leben zieht, angefangen vom Minjan, der Mindestanzahl von zehn Erwachsenen, ohne die ein gemeinsames Gebet nicht möglich ist, die Bedeutung gemeinsamer Mahlzeiten, die Freude über Familienzuwachs, den man am Schabbat der Gemeinde kundtut, bis zur siebentägigen Schiwa, einer Trauerzeit, in der man nicht alleingelassen, sondern von Angehörigen, Freunden und Nachbarn besucht und versorgt wird.

Manche verabredeten sich gleich für das nächste Konzert drei Tage später

Im Restaurant »Einstein« gemeinsam an einer Tafel zu landen, wo sich manche Besucher des Jüdischen Zentrums das erste Mal begegneten und über die Besonderheiten der jüdischen Küche sprachen, ergab eine besondere Variante von Wahlverwandtschaft. Manche schafften sogar den ganzen Marathon vom Stadtrundgang auf jüdischen Spuren über die Synagogenbesichtigung bis hin zum Konzert am Sonntagabend, um sich gleich für das nächste Konzert drei Tage später mit ihren neuen Bekannten zu verabreden.

Porträt der Woche

Zwischen den Welten

Ruth Peiser aus Berlin war Goldschmiedin, arbeitete bei einer Airline und jobbt nun in einer Boutique

von Gerhard Haase-Hindenberg  15.06.2025

Berlin

»Drastisch und unverhältnismäßig«

Die Jüdische Gemeinde erhöht die Gebühren ab September deutlich. Betroffene Eltern wehren sich mit einer Petition

von Christine Schmitt  12.06.2025

Hamburg

Kafka trifft auf die Realität in Tel Aviv

Ob Krimi, Drama oder Doku – die fünften Jüdischen Filmtage beleuchten hochaktuelle Themen

von Helmut Kuhn  12.06.2025

Weimar

Yiddish Summer blickt auf 25 Jahre Kulturvermittlung zurück

Zwischen dem 12. Juli und 17. August biete die internationale Sommerschule für jiddische Musik, Sprache und Kultur in Weimar diesmal insgesamt über 100 Programmbausteine an

von Matthias Thüsing  11.06.2025

Sachsen

Verdienstorden für Leipziger Küf Kaufmann

Seit vielen Jahren setze er sich für den interreligiösen Dialog und den interkulturellen Austausch von Menschen unterschiedlicher Herkunft ein

 11.06.2025

Oldenburg

Brandanschlag auf Synagoge: Beschuldigter bittet um Entschuldigung

Am 5. April 2024 war ein Brandsatz gegen die massive Tür des jüdischen Gebetshauses in der Leo-Trepp-Straße geworfen worden

 11.06.2025

Erinnerung

731 Schulen erinnern an Anne Frank

Der Aktionstag findet seit 2017 jährlich am 12. Juni, dem Geburtstag des Holocaust-Opfers Anne Frank (1929-1945), statt

 11.06.2025

Grand Schabbaton

Eine 260-köpfige Familie

In Potsdam brachte der»Bund traditioneller Juden« mehrere Generationen zusammen

von Mascha Malburg  11.06.2025

Meinung

Jewrovision: einfach jung und jüdisch sein

Junge Jüdinnen und Juden sind alltäglich Anfeindungen ausgesetzt. Für sie ist die Jewrovision ein Safe Space

von Katrin Richter  11.06.2025