Düsseldorf

Von Renesse erhält Josef-Neuberger-Medaille

Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf hat den Sozialrichter Jan-Robert von Renesse und den Verein »Heimatsucher« mit der diesjährigen Josef-Neuberger-Medaille ausgezeichnet. Von Renesse erhielt die Auszeichnung am Donnerstagabend für seinen Einsatz für Ghetto-Überlebende. Der Düsseldorfer Verein »Heimatsucher« wurde für ein Schulprojekt geehrt. Die Josef-Neuberger-Medaille wird seit 1991 jährlich an nichtjüdische Menschen verliehen, die sich um die jüdische Gemeinschaft besonders verdient gemacht haben.

Von Renesse habe sich durch sein Engagement für Ghetto-Überlebende hervorgetan, damit diese nach den Regelungen des Ghettorentengesetzes freiwillige Rentenzahlungen erhalten, hieß es bei der Preisverleihung. »Durch sein Wirken, für das der Sozialrichter viel Zuspruch aus der jüdischen Welt, aber auch erhebliche Kritik seitens der deutschen Politik und der Justiz erhalten hat, erhöhte sich die Bewilligungsquote um ein Vielfaches«, erklärte die Jüdische Gemeinde Düsseldorf.

renten Der Justizhistoriker Ingo Müller würdigte in seiner Laudatio von Renesses Tätigkeit als Mitglied des 12. Senats des NRW-Landessozialgerichts in Essen seit 2006, der als Berufungsgericht über Ghetto-Renten zu entscheiden hatte. Nach einem 2002 in Kraft getretenen Gesetz sollten Renten gezahlt werden, wenn der Antragsteller sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten hatte, dort eine Beschäftigung »aus eigenem Willensentschluss aufgenommen und gegen Entgelt ausgeübt hatte«. Bundesweit waren die Landesversicherungsanstalt Hamburg und die heutige Rentenversicherung Rheinland in Düsseldorf dafür zuständig.

Wie Müller ausführte, wurden in Hamburg lediglich zwölf Prozent und in Düsseldorf vier Prozent aller Anträge positiv beschieden. Das sei anders geworden, als von Renesse sich der Ghetto-Renten annahm, erklärte der Historiker. Der 1966 geborene Richter habe die Antragsteller in Israel aufgesucht, sie in ihrer eigenen Sprache angehört und das Gesetz »weniger engherzig« ausgelegt. Damit erhöhte sich die Anerkennungsquote auf mehr als 60 Prozent.

2009 sorgte das Bundessozialgericht dann dafür, alle früheren restriktiven Entscheidungen neu zu bearbeiten. Von Renesse forderte in einer Petition an den Bundestag, Ghetto-Renten auch rückwirkend zu zahlen. 2014 wurde das Gesetz entsprechend geändert, wodurch die Überlebenden zum Teil erhebliche Nachzahlungen erhielten. Laudator Müller wies auch darauf hin, dass von Renesse für sein Vorgehen jedoch nicht nur Zustimmung erfahren habe. Ihm wurde unter anderem 2010 die Zuständigkeit für die Ghetto-Renten entzogen.

lebensgeschichten Für den Verein »Heimatsucher – Schoa-Überlebende heute« nahm Katharina Spirawski vom Vorstand die Josef-Neuberger-Medaille entgegen. Die rund 100 ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins interviewen Holocaust-Überlebende und geben deren Lebensgeschichten an Kinder und Jugendliche ab der vierten Schulklasse weiter. Die Schüler dadurch würden ermutigt, die Geschichten weiterzutragen, sagte Oded Horowitz, der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde. Laudatorin und NRW-Landtagsvizepräsidentin Carina Gödecke (SPD) sprach von einem »faszinierenden und bewundernswerten« Verein.

Die Josef-Neuberger-Medaille ist nach dem ehemaligen nordrhein-westfälischen Justizminister Josef Neuberger (1902–1977) benannt, der aktives Mitglied der Düsseldorfer Gemeinde war. Zu den bisherigen Preisträgern zählen unter anderem Altbundespräsident Roman Herzog, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Düsseldorfer Rockband »Die Toten Hosen«. epd

Berlin

Zwischen allen Welten

Die private Fotosammlung der Chemnitzer Erzieherin Käte Frank von 1928 – 1942 ist Zeugnis einer abenteuerlichen Flucht

von Sabine Schereck  26.03.2025

Konzert

Erlös für das Jugenddorf Hadassim

Die WIZO München widmete David Stopnitzer sel. A. einen bewegenden Abend mit Kantor Chaim Stern

von Luis Gruhler  25.03.2025

Bildung

Förderung für zehn Projekte zu NS-Verbrechen

Die geförderten Projekte verteilen sich auf mehrere Bundesländer

 25.03.2025

Austausch

Der andere Blick

Petra Pau und Jenny Havemann sprachen im Gemeindezentrum über ihre Wahrnehmung der Länder Deutschland und Israel

von Nora Niemann  24.03.2025

Schwäbische Alb

Erinnerung sucht Nachfolger

Ehrenamtliche rekonstruieren in großer Fleißarbeit jüdische Geschichte. Doch wer kümmert sich darum, wenn sie es nicht mehr schaffen?

von Valentin Schmid  23.03.2025

Porträt der Woche

Der unbeirrbare Maler

Amnon David Ar folgt mit Disziplin und Leidenschaft seiner Kunst

von Alicia Rust  23.03.2025

Nachruf

»Du fehlst schon heute«

Peggy Parnass war Gerichtsreporterin, Journalistin und Künstlerin. Unsere Autorin Sharon Adler nimmt Abschied von ihrer langjährigen Freundin. Ein letzter Brief

von Sharon Adler  21.03.2025

Prenzlauer Berg

Veras Stein

Das neue Buch von »Welt am Sonntag«-Chefredakteur Jacques Schuster erzählt Geschichten von Menschen, die auf dem Jüdischen Friedhof in der Schönhauser Allee beerdigt sind. Ein exklusiver Vorabdruck

von Jacques Schuster  21.03.2025

Leserbriefe

»Es gibt uns, nichtjüdische Deutsche, die trauern und mitfühlen«

Nach der Sonderausgabe zum Schicksal der Familie Bibas haben uns zahlreiche Zuschriften von Lesern erreicht. Eine Auswahl

 20.03.2025