Berlin

Vom Kiez in die Welt

»Von Kreuzberg in die Welt«: Unter diesem Motto feierte die Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus (KIgA) am Donnerstag vergangener Woche ihr 15-jähriges Jubiläum. Zu der Feier waren rund 250 Gäste in die Veranstaltungsräume in der Kreuzberger Oranienstraße gekommen, darunter der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau (Linke), Berlins Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) und der Leiter der Referatsgruppe Demokratie und Vielfalt im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Thomas Heppener.

In seinem Grußwort lobte Zentralratspräsident Schuster das Engagement der Initiative. »Die vorbildliche Arbeit der KIgA zeigt, dass die Bekämpfung von Antisemitismus nötig und möglich ist«, sagte Schuster. Mit ihrem Fokus auf der präventionsorientierten Bildungsarbeit mit Kindern und Jugendlichen aus migrantischen und muslimischen Milieus erfülle die Ini­tiative eine essenzielle gesellschaftliche Aufgabe. »Die KIgA hat den Antisemitismus unter Migranten zum öffentlichen Thema gemacht«, sagte Schuster.

Es gebe in allen Teilen der Gesellschaft Menschen mit rassistischen und antisemitischen Denkmustern, sagte Josef Schuster.

Es gebe in allen Teilen der Gesellschaft Menschen mit rassistischen und antisemitischen Denkmustern. »Die Mehrheitsgesellschaft darf diese extremistische Minderheit nicht tolerieren«, forderte der Zentralratspräsident. Ausdrücklich lobte Schuster die gute Zusammenarbeit zwischen dem Zentralrat und der KIgA. »Von der in den vielen Jahren ihrer Arbeit gesammelten Expertise der KIgA können wir etwas lernen«, sagte Schuster.

COURAGE »Ich hoffe, dass sich die Initiative noch viele weitere Jahre so couragiert gegen Antisemitismus zur Wehr setzt«, sagte Bundestagsvizepräsidentin Pau. Der Hass auf Jüdinnen und Juden sei ein gesellschaftliches Problem, das sich ausgesprochen hartnäckig halte. »Wer Ressentiments gegenüber Jüdinnen und Juden schürt, gleich aus welcher ideologischen oder religiösen Motivation heraus, verhält sich menschenfeindlich und verfassungswidrig«, sagte die Linken-Politikerin. Es sei Aufgabe aller Menschen in Deutschland, sich tagtäglich gegen Antisemitismus zu engagieren.

Auch Berlins Justizsenator Dirk Behrendt gratulierte der Initiative. »Die KIgA leistet in Berlin eine herausragende Arbeit im Kampf gegen Juden- und Israelhass«, sagte Behrendt. Die Initiative setze mit ihren Projekten da an, wo es am sinnvollsten ist, »nämlich bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen«. Der Berliner Senat sei stolz darauf, ein so engagiertes Team in der Präventionsarbeit gegen Antisemitismus an seiner Seite zu wissen.

Dann überreichte Behrendt 30 jungen Menschen sogenannte Teamer-Zertifikate, die sie für die Teilnahme an den Peer-to-Peer-Projekten befähigen, bei denen junge Muslime an Schulen ihre Altersgenossen über antisemitische Stereotype aufklären und für Toleranz werben.

Die KIgA-Expertise ist in der Zivilgesellschaft wie in der Politik gefragt.

KIgA-Gründer Aycan Demirel bedankte sich für die vielen Glückwünsche. »Wir sind keine Helden«, sagte Demirel. »Dass wir mit unserer Arbeit da stehen, wo wir jetzt sind, ist ein Erfolg gemeinsamer Anstrengungen im Kampf gegen Judenhass.«

Interdisziplinär Demirel hatte die KIgA Ende 2003 unter dem Eindruck mehrerer antisemitischer Vorfälle in der Türkei und in Deutschland ins Leben gerufen. Seither widmet sich die Initiative der pädagogischen Arbeit vor allem mit muslimisch sozialisierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Das Team arbeitet dabei interdisziplinär und setzt sich aus Menschen unterschiedlichster Herkunft zusammen. Die pädagogischen Konzepte wie das Peer-to-Peer-Projekt oder ein spezielles Fortbildungsprogramm für Lehrer und Streetworker werden bundesweit angeboten.

Für die Politik habe sich die KIgA zu einem wichtigen Ansprechpartner entwickelt, sagte Thomas Heppener vom Bundesfamilienministerium und kündigte an, dass sein Ministerium die Arbeit der KIgA auch in Zukunft finanziell fördern werde. »Ihre Expertise im Kampf gegen Antisemitismus und im jüdisch-muslimischen Dialog ist in dieser Form einzigartig«, sagte Heppener.

Aycan Demirel hatte die KIgA Ende 2003 unter dem Eindruck mehrerer antisemitischer Vorfälle in der Türkei und in Deutschland ins Leben gerufen.

Dervis Hizarci, einer der Vorsitzenden der KIgA, sagte, dass man das Vertrauen der Politik und der jüdischen Gemeinschaft in seine Initiative als Ansporn für die kommenden Jahre verstehe. »Seit der Gründung war es immer unser Ziel, gemeinsam mit politischen Akteuren Antisemitismus zu bekämpfen und uns mit der jüdischen Community solidarisch zu zeigen«, sagte Hizarci.

Nur wenn Juden und Muslime gemeinsam mit der Mehrheitsgesellschaft gegen Hass und Hetze vorgehen, könne man erfolgreich sein. »Wir werden weiterhin konsequent alle Formen des Antisemitismus bekämpfen, da diese Denkmuster unserem friedlichen Zusammenleben in der Demokratie entgegenstehen.«

Auszeichnung

Strack-Zimmermann erhält Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit

Die FDP-Politikerin wird für ihre klaren Worte und ihr entschlossenes Handeln angesichts globaler Krisen geehrt

 29.06.2025

Erfurt

Ende eines Krimis

Seine Entdeckung gilt als archäologisches Wunder: Mehr als 25 Jahre nach dem Fund des Erfurter Schatzes sind vier weitere Stücke aufgetaucht

von Esther Goldberg  29.06.2025

Porträt der Woche

Heilsame Klänge

Nelly Golzmann hilft als Musiktherapeutin an Demenz erkrankten Menschen

von Alicia Rust  29.06.2025

Interview

»Wir erleben einen doppelten Ausschluss«

Sie gelten nach dem Religionsgesetz nicht als jüdisch und erfahren dennoch Antisemitismus. Wie gehen Vaterjuden in Deutschland damit um? Ein Gespräch über Zugehörigkeit, Konversion und »jüdische Gene«

von Joshua Schultheis, Mascha Malburg  29.06.2025

Solidarität

»Sie haben uns ihr Heim und ihre Herzen geöffnet«

Noch immer gibt es keinen regulären Flugbetrieb nach Israel. Wir haben mit Israelis gesprochen, die in Deutschland gestrandet sind. Wie helfen ihnen die jüdischen Gemeinden vor Ort?

von Helmut Kuhn  26.06.2025

Meinung

Mannheim: Es werden bessere Tage kommen

Wegen Sicherheitsbedenken musste die jüdische Gemeinde ihre Teilnahme an der »Meile der Religionen« absagen. Die Juden der Stadt müssen die Hoffnung aber nicht aufgeben

von Amnon Seelig  25.06.2025

Frankfurt

Lust auf jüdisches Wissen

Die traditionsreiche Jeschurun-Religionsschule ist bereit für die Zukunft

von Eugen El  23.06.2025

Interview

»Jeder hilft jedem«

Eliya Kraus über schnelle Hilfe von »Zusammen Frankfurt« und mentale Unterstützung

von Katrin Richter  23.06.2025

Leipzig

Tausende Gäste bei Jüdischer Woche

Veranstalter waren die Stadt Leipzig in Kooperation mit dem Ariowitsch-Haus

 23.06.2025