Düsseldorf

»Verbindungen bestehen seit etlichen Jahren«

Oded Horowitz Foto: JG Düsseldorf

Düsseldorf

»Verbindungen bestehen seit etlichen Jahren«

Oded Horowitz über Solidarität, Perspektiven und die neue Partnerstadt Czernowitz

von Annette Kanis  19.09.2022 21:59 Uhr

Herr Horowitz, Sie waren mit einer Delegation mit dem Düsseldorfer Oberbürgermeister in Czernowitz, um die Städtepartnerschaft zu unterzeichnen. Welche Eindrücke waren prägend?
Es war zwar eine sehr kurze, dafür intensive und für mich sehr emotionale Reise. Besonders bewegt haben mich die jüdischen Aspekte wie der Besuch des Jüdischen Museums und der Besuch auf dem jüdischen Friedhof, in dessen Nähe ein Schoa-Museum geplant ist.

Welche Erlebnisse waren darüber hinaus außergewöhnlich?
Die morgendliche Erinnerungsminute für die gefallenen Soldaten, wenn die Autos anhalten, die Menschen aussteigen und die Hymne gesungen wird. Oder die Stimmung um 23 Uhr, wenn die Stadt Ausgangssperre hat und sämtliche Lichter ausgeschaltet werden. Bewegend war auch die Zeremonie der Unterzeichnung selbst. Man hat gemerkt, wie angetan die Czernowitzer Delegation war, dass wir in Kriegszeiten bereit waren zu kommen, um Solidarität zu zeigen.

Was bedeutet Ihnen persönlich diese neue Städtepartnerschaft?
Es ist für mich eine sehr besondere Städtepartnerschaft, da meine Eltern bis zu ihrer Auswanderung nach Israel im Jahr 1950 in Czernowitz lebten. Wie sie über die Atmosphäre der Stadt berichteten, hat bei mir einen starken Erinnerungswert. Czernowitz hatte bis zum Zweiten Weltkrieg einen sehr hohen jüdischen Bevölkerungsanteil und galt als »Klein-Wien«. Dazu kommt, dass bei uns in der Gemeinde viele Mitglieder aus Czernowitz und der Bukowina, dem rumänischen Umland, stammen.

Welche Vorgeschichte hatte diese Städtepartnerschaft?
Verbindungen bestehen seit etlichen Jahren. Daraus entstand das Projekt »Erinnerung lernen«, ein transnationales zivilgesellschaftliches Projekt der jüdischen Erinnerung in der Ukraine und in Nordrhein-Westfalen, das auch von der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf unterstützt wird. Außerdem gibt es eine Kooperation zwischen unserem Albert-Einstein-Gymnasium und dem dortigen »Gymnasium Nr. 1«. Bereits unter dem vorherigen Oberbürgermeister Thomas Geisel war eine Städtepartnerschaft angedacht. Ein erster Besuch hatte stattgefunden, dann landete das Thema wieder auf einem Nebengleis, bis jetzt die Kriegssituation die Umsetzung forcierte und sein Nachfolger Stephan Keller überlegt hat, wie man ein Zeichen setzen kann, das Solidarität ausdrückt.

Was stand noch auf dem Programm?
Der Besuch eines Flüchtlingsheimes, der Universität und bei der Deutschen Caritas. Auch bei den gemeinsamen Mahlzeiten gab es viel Austausch, man lernte immer wieder neue Menschen kennen. Es war für mich die beste Delegationsreise, die ich je erlebt habe, von der Stimmung, den Menschen, alles war sehr besonders.

Düsseldorf hat die Städtepartnerschaft mit Moskau eingefroren, was erwarten Sie von der neuen Partnerschaft mit Czernowitz?
Es ist derzeit die wichtigste Städtepartnerschaft, weil sie natürlich auch einen Symbolcharakter hat. Neben konkreter Hilfe für die jüdischen Flüchtlinge dort ist es für uns entscheidend, dass das Jüdische Museum unterstützt wird und, falls es kriegerische Auseinandersetzungen in Czernowitz gibt, Exponate gerettet werden können. Die ukrainische Generalkonsulin in Düsseldorf ist sehr aktiv, ich gehe davon aus, dass es verschiedene gemeinschaftliche Veranstaltungen geben wird – in der derzeitigen Situation und auch, wenn dann hoffentlich bald Frieden ist. Natürlich gibt es verschiedene wirtschaftliche Aspekte, auf die die Czernowitzer sehr hoffen. Auch dort wird die Stadt Düsseldorf Interesse haben, eine Zusammenarbeit aufzubauen. Aber das sind Dinge, die eher auf lange Sicht laufen.

Mit dem Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf sprach Annette Kanis.

Sicherheit

»Keine jüdische Veranstaltung soll je abgesagt werden müssen«

Nach dem Massaker von Sydney wendet sich Zentralratspräsident Josef Schuster in einer persönlichen Botschaft an alle Juden in Deutschland: Lasst euch die Freude an Chanukka nicht nehmen!

von Josef Schuster  17.12.2025

Deutschland

»Das Licht wird nicht erlöschen«

Trotz des Terroranschlags in Sydney lassen es sich viele Juden in Deutschland nicht nehmen, öffentlich Chanukka zu feiern. Ein Stimmungsbild

von Christine Schmitt, Helmut Kuhn, Nicole Dreyfus, Ulrike Gräfin Hoensbroech  17.12.2025

Interview

Holocaust-Überlebender Weintraub wird 100: »Ich habe etwas bewirkt«

Am 1. Januar wird Leon Weintraub 100 Jahre alt. Er ist einer der letzten Überlebenden des Holocaust. Nun warnt er vor Rechtsextremismus und der AfD sowie den Folgen KI-generierter Fotos aus Konzentrationslagern

von Norbert Demuth  16.12.2025

Magdeburg

Neuer Staatsvertrag für jüdische Gemeinden in Sachsen-Anhalt

Das jüdische Leben in Sachsen-Anhalt soll bewahrt und gefördert werden. Dazu haben das Land und die jüdischen Gemeinden den Staatsvertrag von 2006 neu gefasst

 16.12.2025

Bundestag

Ramelow: Anschlag in Sydney war Mord »an uns allen«

Erstmals gab es in diesem Jahr eine Chanukka-Feier im Bundestag. Sie stand unter dem Eindruck des Anschlags auf eine Feier zum gleichen Anlass am Sonntag in Sydney

 16.12.2025

Attentat in Sydney

»Was würden die Opfer nun von uns erwarten?«

Rabbiner Yehuda Teichtal hat bei dem Attentat in Sydney einen Freund verloren und wenige Stunden später in Berlin die Chanukkia entzündet. Ein Gespräch über tiefen Schmerz und den Sieg des Lichts über die Dunkelheit

von Mascha Malburg  16.12.2025

Berlin

Chanukka-Licht am Brandenburger Tor entzündet

Überschattet vom Terroranschlag in Sydney wurde in Berlin das erste Licht am Chanukka-Leuchter vor dem Brandenburger Tor entzündet. Der Bundespräsident war dabei

 15.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  15.12.2025

Berlin

Straße nach erster Rabbinerin der Welt benannt

Kreuzberg ehrt Regina Jonas

 12.12.2025