Eine neue Ausstellung der Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum beleuchtet die Rolle des Judentums in der Bundeshauptstadt. Sie steht unter der Überschrift »Jüdisches Berlin erzählen. Mein, Euer, Unser?«. Anlässlich von 1.700 Jahren jüdischen Lebens in Deutschland präsentiert die Schau Erzählungen heutiger Berliner, religiöse Objekte und solche des Alltags, die jüdisches Leben in Berlin dokumentieren. Die Schau ist von Dienstag an bis zum 12. Juni 2022 zu sehen.
Ziel des Projekts sei es, »Einblicke in die jüdische Vergangenheit durch das Prisma von heute« zu erhalten, betonte Co-Kuratorin Eva Lezzi. Heutige Berlinerinnen und Berliner legten ihre persönlichen Beziehungsgeschichten dar. Dadurch entstehe ein »Beziehungskaleidoskop«.
KONTINUITÄT Die Ausstellung präsentiert ausgehend von einem der heutigen jüdischen Berliner Salons die Geschichte dieser Kultureinrichtungen seit 1800. Kontinuität jüdischen Lebens wird am Beispiel des jüdischen Krankenhauses aufgezeigt. Es sei von den Nationalsozialisten missbraucht worden, habe aber als einzige jüdische Institution überlebt, sagt Lezzi. Das Krankenhaus mache deutlich, dass jüdische Institutionen in Berlin nicht nur für Juden eine Bedeutung haben, sagte sie unter Anspielung etwa auf Beschneidungen von muslimischen Jungen.
Die Ausstellung fächert den Kuratorinnen zufolge individuelle Perspektiven und persönliche Beziehungen auf. Dazu wandte sich die Stiftung Neue Synagoge Berlin - Centrum Judaicum im Frühjahr mit dem Aufruf »Und was ist Ihr jüdisches Berlin?« an alle Berlinerinnen und Berliner. Die Ausstellung zeigt eine Auswahl der Rückmeldungen in den historischen Ausstellungsräumen der Neuen Synagoge Berlin.
Alltagsgegenstände, Fotos, Gemälde von Max Liebermann, Erinnerungen und familiäre Biografien sowie die Videoinstallation »Berliner jüdische Welten seit 1800« geben Einblicke in die jüdische Vergangenheit und Gegenwart Berlins. In Videos erzählen unter anderem Barrie Kosky, der Intendant der Komischen Oper Berlin, sowie ein Nichtjude und ehemaliger Pfleger des jüdischen Krankenhauses aus ihrer je eigenen Perspektive. Dabei werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei Perspektiven, Deutungen und Erinnerungen deutlich.
KALEIDOSKOP Beigetragen hätten nicht nur Menschen, die das jüdische Berlin als ihre eigene Familienbiografie verstehen, sondern auch nicht-jüdische Berlinerinnen und Berliner mit unterschiedlichsten Hintergründen und Geburtsorten. Dadurch sei ein »Geschichten-Kaleidoskop« entstanden, sagte Co-Kuratorin Eva Lezzi. Diese zeigten mitunter »hybride Familienidentitäten«.
Die Leiterin der Stiftung Neue Synagoge Berlin, Anja Siegemund, begrüßte die Vielfalt der Rückmeldungen nach dem Aufruf an die Bürger. Sie betonte überdies das partizipative Element, der Ausstellung, das Erzählungen von Berlinern historisch einordnet. So erzählt ein ehemaliger Pfleger des seit 1861 bestehenden jüdischen Krankenhauses, wie sehr die Einrichtung »sein« Krankenhaus war. Ein Arzt, der Beschneidungen durchführte, betont in einem der Videos, es sei egal welcher Religionsgemeinschaft die Jungen angehörten. epd
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