Schwenningen

Tor zur Rettung

Retterin: Lotte Kurz mit ihren Kindern Foto: Michael J. H. ZImmermann

Schwenningen

Tor zur Rettung

Die Stadt gedenkt der Bürger, die verfolgten Juden halfen

von Michael Zimmermann  12.06.2012 06:47 Uhr

Schwenningen gedenkt in der Woche vom 18. bis 24. Juni seiner »stillen Helden«. Evangelische und weltliche Gemeinden erinnern mit Tafeln und Räumen an die, die den Ort am Neckarursprung im »Dritten Reich« für untergetauchte Juden zur Station der Errettung machten oder zur Schleuse in die Schweiz.

Der bekannte Sitz der Uhrenindustrie hatte sich als Grenzstadt lange dem Naziterror widersetzt. Bis 1938 fehlten antisemitische Tafeln im Stadtbild. DDP, SPD und KPD hatten »Judenfeinde« bereits in der Zeit der Weimarer Republik ausgeschlossen. Der evangelische Arbeiterverein hatte seit der Kaiserzeit mehrfach Kundgebungen »gegen die gottlose Lehre der Antisemiten« veranstaltet. Und die protestantische Jugend wurde auch nach 1933 von Diakonen und Vikaren zur »Achtung vor Juden« erzogen.

Mutige Menschen folgten ihrem Gewissen und schmuggelten Juden über die Grenze. Pfarrer der kirchlich-theologischen Sozietät um Gotthilf Weber oder der württembergischen Bekenntnisgemeinschaft, zu der die Pfarrfamilien Kurz und Schäfer zählten, verkündeten ihre Solidarität mit Juden sogar von der Kanzel: »Wenn dem Christen im Rahmen der nationalsozialistischen Weltanschauung ein Antisemitismus aufgedrängt wird, der zum Judenhass verpflichtet, so steht für ihn dagegen das christliche Gebot der Nächstenliebe.«

Versteck Gotthilf Weber, Pfarrer an der Stadtkirche, half untergetauchten Juden. In der Johannesgemeinde nahmen Pfarrfrau Lotte Kurz und Vikarin Margarete Hoffer, Verbindungsfrau der württembergischen »Pfarrhauskette«, Juden auf. Im Paulusgemeindehaus beherbergten Pfarrer Richard und seine Frau Anne Schäfer »Rasse- und Glaubensjuden« wie Hermann und Herta Pineas. Aus Angst, entdeckt zu werden, nahmen sich Juden beim Luftangriff am 22. Februar 1945 das Leben. Mithilfe Max Kaisers von der zuständigen Behörde beerdigte ein Pfarrer sie unter Decknamen.

Auch der spätere Oberbürgermeister Hans Kohler beschaffte falsche Papiere für Juden. Ihre Beispiele zeigten, dass durchaus Handlungsspielräume bestanden. Selbst Polizeipräsident August Keller nutzte diese und verhalf Schwenninger Juden zur Auswanderung. Einen jüdischen KZ-Flüchtling deklarierte er kurzerhand zum »Westarbeiter«, so konnte dieser überleben. Selbstlos öffnete die Familie des SPD-nahen Kurt Nickstadt ihr Haus den Flüchtenden.

Helmut Maria Soik, der Schalom Ben-Chorin in München das Leben retten sollte, stammt aus Schwenningen. An sie und viele andere wird in der kommenden Woche erinnert.

Bonn

Hunderte Menschen besuchen Laubhüttenfest

Der Vorsitzende der Synagogen-Gemeinde in Bonn, Jakov Barasch, forderte mehr Solidarität. Seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 hätten sich hierzulande immer mehr Jüdinnen und Juden aus Angst vor Übergriffen ins Private zurückgezogen

 13.10.2025

Hamburg

Stark und sichtbar

Der Siegerentwurf für den Wiederaufbau der Bornplatzsynagoge steht fest

von Heike Linde-Lembke  09.10.2025

München

Mut in schwieriger Zeit

Der Schriftsteller und Historiker Rafael Seligmann stellte im Gespräch mit Christian Ude sein neues Buch im Jüdischen Gemeindezentrum vor

von Nora Niemann  09.10.2025

Halle

Erinnerung an Synagogen-Anschlag vor sechs Jahren

Am 9. Oktober 2019 hatte ein Rechtsterrorist versucht, in die Synagoge einzudringen, scheiterte aber an der Tür. Bei seiner anschließenden Flucht tötete er zwei Menschen

 09.10.2025

Daniel Donskoy

»Ich liebe das Feuer«

Der Schauspieler hat mit »Brennen« einen Roman über die Suche nach Freiheit und Freundschaft geschrieben. Ein Interview

von Katrin Richter  09.10.2025

Nachruf

Lev tov, ein gutes Herz

Der ehemalige Berliner Gemeinderabbiner Chaim Rozwaski ist verstorben

 09.10.2025

WIZO

Party und Patenschaften

Die diesjährige Gala der Frauen-Organisation in Frankfurt übertraf alle Erwartungen

von Laura Vollmers  06.10.2025

7. Oktober

Jüdische Gemeinde fordert aus Zeichen der Solidarität Israel-Flagge vor Rathaus

Am Dienstag jährt sich das von Terroristen der Hamas und anderer Terrororganisationen verübte Massaker in Israel zum zweiten Mal

 05.10.2025

Porträt der Woche

Auf der Bühne des Lebens

Elena Prokhorova war Lehrerin und findet ihr Glück im Theaterspielen

von Christine Schmitt  05.10.2025