Der 70. Jahrestag der Gründung des Staates Israel und das Gedenken an die Opfer der NS-Novemberpogrome vor 80 Jahren stehen im Mittelpunkt der 26. Thüringer Tage der jüdisch-israelischen Kultur. Das Festival lädt vom 3. bis 8. November zu etwa 100 Veranstaltungen in 20 Städten des Freistaates ein, kündigte der Vorsitzende des Fördervereins des Festivals, Ricklef Münnich, am Freitag in Erfurt an.
Fast die Hälfte der Lesungen, Konzerte, Vorträge und sonstigen Veranstaltungen lägen dabei in der Verantwortung lokaler Partner. Zur offiziellen Eröffnung der Kulturtage werde am 4. November in der Synagoge im südthüringischen Berkach auch Ministerpräsident und Schirmherr Bodo Ramelow (Linke) erwartet.
Entwicklung Gemeinsam mit den anderen beiden jüdischen Festivals in Thüringen, dem Yiddish Summer in Weimar und den erst kürzlich in der Landeshauptstadt zu Ende gegangenen Achava-Festspielen, könnten die Kulturtage dazu beitragen, breite Teile der Gesellschaft gegen den wieder aufkommenden Antisemitismus zu immunisieren, sagte der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde, Reinhard Schramm.
»In ganz Thüringen wird mit den vielen Veranstaltungen ein wirksamer Beitrag gegen die Geschichtsvergessenheit geleistet«, betonte Schramm. Ziel sei, den Beitrag der Juden für die Entwicklung von Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur in Deutschland und ganz Europa wieder in Erinnerung zu rufen.
Dabei sei für ihn entscheidend, wie sich die Menschen gegenüber dem Staat Israel verhielten, betonte Schramm: »Es ist einfach zu sagen, ich bin kein Antisemit.« Diese Bezeichnung treffe jedoch auf alle zu, die das Existenzrecht Israels infrage stellen.
Kriegsende »Hätte es diesen Staat zehn Jahre früher, also 1938, schon gegeben, hätte ich meine Großmutter, meinen Onkel noch kennenlernen dürfen«, sagte der frühere Professor, der ein Jahr vor Kriegsende geboren wurde. Schramm hat alle Verwandten mütterlicherseits in den Vernichtungslagern der Nazis verloren.
Neben der Eröffnung in Berkach hob der neue Festivalchef Michael Dissmeier als besondere Höhepunkte die szenischen Lesungen aus dem Roman eines Schicksallosen von Imre Kertész (1929–2016) hervor. Der ungarische Schriftsteller wurde im Jahr 2002 mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnet.
Das Werk des Überlebenden der Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald wird auch an Orten aufgeführt, die mit dem Holocaust und dem Schrecken der NS-Zeit in Verbindung stehen. Dazu zählt der Erfurter Erinnerungsort »Topf & Söhne. Die Ofenbauer von Auschwitz« ebenso wie das Dokumentationszentrum Jonastal in Arnstadt.
Achava Am Sonntag vergangener Woche waren in Erfurt die jüdischen Achava-Festspiele zu Ende gegangen. Mit insgesamt 16.000 Besuchern sei das Festival im Freistaat »wirklich angekommen«, erklärten die Veranstalter in Erfurt zum Abschluss. Im nächsten Jahr sollen die Schwerpunkte des Achava-Festivals nach Eisenach und Weimar verlegt werden, kündigten die Veranstalter weiter an.
Seit 2016 wird der Trägerverein der Achava-Festspiele von der Thüringer Staatskanzlei gefördert. Das hebräische Wort »Achava« bedeutet in deutscher Übersetzung Brüderlichkeit und soll auf die jüdische Kultur und Tradition des Festivals hinweisen. epd/ja