München

Strukturen der Ausgrenzung

Buchvorstellung mit Reiner Schübel, Lilly Maier, Ellen Presser, Sibylle von Tiedemann (v.l.) Foto: Marina Maisel

Die »Woche der Brüderlichkeit« ist ein fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens in München – und das seit genau 70 Jahren. 1951 wurde die interreligiöse Initiative in der bayerischen Landeshauptstadt zum ersten Mal gestartet, erst im Jahr darauf war es ein bundesweites Ereignis. In diesem Jahr lautete das durchgängige Motto der Veranstaltungsreihe »… zu Eurem Gedächtnis: Visual History«.

Die Eröffnungsfeier fand im historischen Saal des Alten Rathauses coronabedingt ohne Gäste statt, konnte aber im Livestream mitverfolgt werden. Staatsminister Florian Herrmann und Münchens Bürgermeisterin Verena Dietl wiesen in ihren Grußworten auf die verbindende Wirkung hin, die von der Woche der Brüderlichkeit ausgehe, aber auch auf deren Notwendigkeit in schwieriger werdenden gesellschaftlichen Verhältnissen.

radikalisierung Mit Blick zurück auf die schleichende Radikalisierung einer zuvor toleranten Gesellschaft als Nährboden des Nationalsozialismus kam Mirjam Zadoff, die Direktorin des NS-Dokumentationszentrums, in ihrem Festvortrag um eine Feststellung nicht herum. »Was ist falsch gelaufen«, fragte sie, »wenn gewaltsame antisemitische und rassistische Übergriffe zunehmen, wenn rechtsextreme Ideologien in Polizei und Militär kolportiert werden, ohne dass eine Gesellschaft sich geschlossen und solidarisch zur Wehr setzt?«

Angesichts der aktuell so massiv auftretenden Pandemieleugner, Verschwörungstheoretiker und Rechtsradikalen könne zwar nicht davon gesprochen werden, dass sich Geschichte wiederhole, sagte die Historikerin. Andererseits seien Ähnlichkeiten unübersehbar, wenn man über Strukturen der Ausgrenzung, faschistische und populistische Ideologien oder Rassismus und Antisemitismus nachdenke.

parameter An diesen Parametern kam die Historikerin Lilly Maier in ihrem soeben erschienenen Buch Auf Wiedersehen, Kinder! Ernst Papanek. Revolutionär, Reformpädagoge und Retter zwangsläufig nicht vorbei. Die Publizistin, die an der Ludwigs-Maximilians-Universität München (LMU) Geschichte studiert hat, stellte das Werk im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit im Kulturzentrum der IKG vor. Die Veranstaltung, die von Sibylle von Tiedemann moderiert wurde, ist unter www.ikg-live abrufbar.

Das Buch widmet sich dem Wiener Sozialdemokraten und Pädagogen Ernst Papanek. Er floh 1934 ins französische Exil und baute dort ein pädagogisches System auf, das auch jüdischen Flüchtlingskindern aus Deutschland und Österreich half. Gegen alle Widrigkeiten konnte Papanek die Kinder in den USA in Sicherheit bringen. Dort war er als Sozialarbeiter tätig, leitete eine Schule für straffällige Jugendliche und war von 1959 bis 1971 Professor für Pädagogik.

Porträt der Woche

Keine Kompromisse

Rainer R. Mueller lebt für die Lyrik – erst spät erfuhr er von seiner jüdischen Herkunft

von Matthias Messmer  12.01.2025

Familien-Schabbat

Für den Zusammenhalt

In den Synagogen der Stadt können Kinder und Eltern gemeinsam feiern. Unterstützung bekommen sie nun von Madrichim aus dem Jugendzentrum »Olam«

von Christine Schmitt  12.01.2025

Köln

Jüdischer Karnevalsverein freut sich über großen Zulauf

In der vergangenen Session traten 50 Neumitglieder dem 2017 gegründeten Karnevalsverein bei

 11.01.2025

Vorsätze

Alles neu macht der Januar

Vier Wochen Verzicht auf Fleisch, Alkohol und Süßes? Oder alles wie immer? Wir haben Jüdinnen und Juden gefragt, wie sie ihr Jahr begonnen haben und ob sie auf etwas verzichten

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Katrin Richter  09.01.2025

Würdigung

»Vom Engagement erzählen«

Am 10. Januar laden Bundespräsident Steinmeier und seine Frau zum Neujahrsempfang. Auch die JSUD-Inklusionsbeauftragte Jana Kelerman ist dabei

von Katrin Richter  09.01.2025

Gedenktag

Uraufführung mit den »Violins of Hope«

Ein besonderes Konzert anlässlich des 80. Jahrestags der Befreiung von Auschwitz hat sich das Rundfunk-Sinfonieorchester vorgenommen. Es interpretiert ein Werk für die Geigen, die die Schoa überstanden haben

von Christine Schmitt  08.01.2025

Universität

Preise der »World Union of Jewish Students« in Berlin vergeben

Die weltweite Vertretung jüdischer Studierender hat ihr 100-jähriges Bestehen gefeiert und besonders verdienstvolle Personen und Verbände ausgezeichnet

 07.01.2025

München

»Das ganz Andere fremder Welten«

Die Volkshochschule und das IKG-Kulturzentrum gedachten des 130. Geburtstags der Dichterin Gertrud Kolmar

von Helen Richter  05.01.2025

Feier

Dem Herzen folgen

Die IKG München und Oberbayern bedankt sich bei den ehrenamtlichen Mitarbeitern für ihr Engagement

von Luis Gruhler  05.01.2025