Nachruf

Sprache war ihre Heimat

Zum Tod der Schriftstellerin und Übersetzerin Miriam Magall

von Philipp Peyman Engel  23.08.2017 10:07 Uhr

Miriam Magall Foto: Christian Rudnik

Zum Tod der Schriftstellerin und Übersetzerin Miriam Magall

von Philipp Peyman Engel  23.08.2017 10:07 Uhr

Miriam Magall war eine vielseitige Frau. Ob Romane, Sachbücher, Übersetzungen oder Essays – die Berlinerin fühlte sich in fast allen Genres gleichermaßen zu Hause. Mehr als 250 Bücher übersetzte sie im Laufe ihrer langen Karriere, rund zwei Dutzend Bücher schrieb sie allein in den vergangenen zehn Jahren.

Die Themen ihrer Werke reichten von jüdischer Religion über jüdische Küche bis hin zur Kunst und Geschichte des Judentums. Noch Anfang dieses Monats erschienen von ihr ein Stadtführer durch das jüdische Berlin und ein Essayband über die Frage, wie deutsche Schriftsteller und Politiker Israel sehen.

kindheit Dabei war ihr diese Karriere – anders als bei so manchen ihrer Schriftstellerkollegen – keineswegs in die Wiege gelegt. Die Erinnerung an ihre Kindheit rief bei Magall zeitlebens ambivalente Gefühle hervor, wie sie 2012 im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen berichtete.

1942 geboren, wuchs sie bei Goslar als »verstecktes Kind« auf, die ersten Lebensjahre verbrachte sie in einem Keller. Ihre Mutter starb kurz nach Magalls Geburt; der Vater, ein Arzt, wurde von den Nazis ermordet, als sie drei Jahre alt war. Auch diese Erfahrung hat sie in einem Buch festgehalten: Das Brot der Armut: Die Geschichte eines jüdischen versteckten Kindes, so der Titel ihrer Autobiografie.

Aufgewachsen war die Schriftstellerin bei dem früheren Dienstmädchen ihrer Eltern, das sie zu sich nahm. »Zu ihr hatte ich ein zerrüttetes Verhältnis«, schrieb sie. »Erst als ich 18 Jahre alt war, erzählte sie mir von meinen richtigen Eltern.« Für Magall Schock und Erleichterung zugleich. »Ich verstand endlich, warum mir meine ›Mutter‹ immer fremd war.«

Judentum
Es folgte eine lange Zeit der Sprachlosigkeit. Dazu gehörte auch die Beschäftigung mit dem Judentum, das sie nach und nach für sich entdeckte – auch, um ihren Eltern nahe zu sein. »Das Judentum bedeutet für mich Halt und Sinn.«

Schon früh war Magall klar, dass sie mit Sprache arbeiten wollte. Sie studierte Dolmetschen in Saarbrücken und in Tel Aviv. Es folgte eine Karriere als Konferenzdolmetscherin in Israel und bei der EU. Als sich vor einigen Jahren ihr Gehör stetig verschlechterte, gab sie das Dolmetschen notgedrungen auf.

Doch aus der Erkrankung hat sie das Bestmögliche gemacht: Die plötzlich vorhandene freie Zeit nutzte sie, um selbst Autorin zu werden. »Seitdem lebe ich fürs Schreiben.« Nun ist Miriam Magall im Alter von 74 Jahren in Berlin gestorben.

Hamburg

»Our Turn«: Zentralrat und ZWST veranstalten Jugendkongress 2025

Den Teilnehmern sollen »Methoden, Chancen und Vorbilder« gezeigt werden, mit denen sie sich selbst verwirklichen können sollen

von Imanuel Marcus  11.12.2024

Magdeburg

Sachsen-Anhalt setzt Förderung jüdischer Einrichtungen fort

Die Projektauswahl wird vom Beirat für jüdisches Leben begleitet

 11.12.2024

Interview

»Damit ihr Schicksal nicht vergessen wird«

Die Schauspielerin Uschi Glas setzt sich für die Befreiung der israelischen Geiseln ein. Ein Gespräch über Menschlichkeit, Solidarität und Gegenwind

von Louis Lewitan  11.12.2024

Stuttgart

Opfer eines Schauprozesses

Nach fast drei Jahrzehnten Stillstand wurde nun ein Platz eingeweiht, der Joseph Süß Oppenheimer gewidmet ist

von Brigitte Jähnigen  10.12.2024

Esslingen

Antike Graffiti

Der Künstler Tuvia ben Avraham beschreibt das Judentum anhand uralter Buchstaben – und jeder darf mitmachen

von Valentin Schmid  09.12.2024

Berlin

Campus mit Kita und Café

Noch bis zum 10. Dezember können Architekten ihre Entwürfe für den Neubau an der Synagoge Fraenkelufer einreichen

von Christine Schmitt  09.12.2024

München

Mit Erfahrung zum Erfolg

Die Spieler des Schachklubs der IKG gehören zu den stärksten in Bayern – allen voran Leonid Volshanik

von Vivian Rosen  09.12.2024

Bundestag

Zentralrat der Juden schlägt Maßnahmen für Schutz jüdischen Lebens vor

Was der jüdische Dachverband von den Parteien mit Blick auf die Neuwahlen erwartet

 09.12.2024

Frankfurt

»Voll akzeptiert in der Gemeinde«

Rabbinerin Elisa Klapheck über das Jubiläum des Egalitären Minjans und das Konzept »Alle unter einem Dach«

von Ralf Balke  07.12.2024