Rede

»Sie brachen ihr Berufsethos«

»9. März 1933: Heinrich Himmler wird Polizeipräsident von München. Bei der Münchner Polizei in der Ettstraße ist die Machtübernahme vollzogen. Weniger als zehn Jahre vorher hatten bayerische Polizisten noch Hitlers vollmundig angekündigten ›Marsch auf Berlin‹ gestoppt. Am 9. November 1923 verloren dabei an der Feldherrnhalle vier Polizisten ihr Leben. 13 Nationalsozialisten und ein Passant starben.

Doch kaum war im März 1933 auch Bayern kein freier Staat mehr, waren Münchner Polizisten nur noch Statisten zur Wahrung des legalen Scheins für die Gewaltorgien von SA und SS – und nicht wenige von ihnen ergriffen schon bald aktive Maßnahmen im Sinne der nationalsozialistischen Willkürherrschaft.

Kehrtwende Nicht lange, da hatte die Münchner Polizeiführung die neue Marschrichtung endgültig zu ihrer eigenen Linie gemacht: Überzeugte Nationalsozialisten reüssierten in der Behördenhierarchie.

›Dachau‹ wurde ein Schreckensbegriff. Und dieses Dachau wurde auch mit der Münchner Polizei in Verbindung gebracht. Zu Recht. Das Konzentrationslager Dachau war von Polizeipräsident Himmler schon am 22. März 1933 eingerichtet worden und avancierte mit dessen Aufstieg zum Vorbild für andere Konzentrationslager im Reich. Noch 1933 gab es die ersten Toten im Konzentrationslager Dachau und die Münchner Kriminalpolizei leitete Todesermittlungen ein, die erst dadurch beendet werden konnten, dass der Polizeipräsident seinen Beamten die Ermittlungsakten wegnahm. Später halfen Kriminal- und Schutzpolizei der Gestapo tatkräftig, Gegner des Regimes in diese Hölle zu schicken.

Rechtsbruch War von 1933 an noch versucht worden, den Schein von Rechtsförmigkeit beim Vollzug der menschenverachtenden Politik des NS-Staates zu wahren, offenbarte sich am 9. November 1938 die ganze Verachtung der Nazis für Recht und Gesetz, für Gesellschaft und Mensch.

Erstmals stach allen, die es sehen wollten, in die Augen: Die Münchner Polizei hatte in furchtbarer Weise mit ihrem Berufsethos gebrochen! Sie hatte Münchner jüdischen Glaubens und mit jüdischen Vorfahren aus ihrem Schutz ausgeschlossen! Ab 1933 war die damalige Polizeidirektion München zunächst noch Werkzeug im nationalsozialistischen Normenstaat. Spätestens aber 1938 wurde die Rolle des Polizeipräsidiums München als Instrument der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft im rechtsfeindlichen Maßnahmenstaat Hitlers, Himmlers, Heydrichs überdeutlich.

Einbindung In der Nacht vom 9. auf den 10. November traf die Direktive des Chefs der Sicherheitspolizei Heydrich bei den Münchner Polizeidienststellen ein: Schutzpolizei und Kriminalpolizei wurden in den Ablauf der Gewaltexzesse eingebunden. Unmissverständlich stellte Heydrich fest: ›Geschäfte und Wohnungen von Juden dürfen zerstört werden‹. Die Münchner Polizei hatte Order, hinzusehen und doch nichts zu sehen: Und sie tat es!

Die vornehmste Aufgabe der Polizei wurde opportunistisch zur Disposition gestellt: Die Verteidigung von Leben und Gesundheit der Menschen, von Freiheit und Eigentum – sie galt für einen Teil der Münchner nicht mehr. Umso größer muss unsere Wachsamkeit sein. Leben und Gesundheit, Freiheit und Eigentum, diese Grundwerte der Menschen zu wahren, ist Aufgabe der Polizei.

Es ist daher wichtig, nicht zu vergessen, sich zu erinnern und zu gedenken und mit vollem Engagement einzustehen für die persönliche Sicherheit und den Schutz der Grundrechte eines jeden, der in dieser Stadt lebt. Damit von diesem Ort, der 1938 ein Ort des Terrors wurde, ein unbedingtes ›NIE WIEDER!‹ ausgeht!«

Auszüge aus der Rede zum Gedenken an die Pogromnacht am 9. November

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  28.12.2025

Geburtstag

»Der Tod war etwas Gegebenes«

Der Holocaust-Überlebende Leon Weintraub wird am 1. Januar 100 Jahre alt

von Gabriele Ingenthron  28.12.2025

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025