Gemeindebibliotheken

Seitenweise Heimat

Literarisches, Erbauliches, Spannendes: So wünschen sich die Gemeindemitglieder ihre Bücherei. Foto: dpa

Viele jüdische Gemeinden weisen auf ihren Webseiten hauseigene Bibliotheken aus. Nun sind Bücher aber nicht gerade preiswert. Wie schafft man es also, den lesehungrigen Mitgliedern mit begrenzten finanziellen Mitteln ein attraktives Sortiment anzubieten? Und sind in Zeiten von Internet, Kabelfernsehen und E-Book gebundene Bücher überhaupt noch attraktiv?

»Unsere Bibliothek ist für die Mitglieder und deren nichtjüdische Angehörige sehr wichtig«, weiß Michail Tkach, stellvertretender Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Potsdam. Entsprechend viel wird geboten: »Wir veranstalten zum Beispiel thematische Lesungen und stellen Bücher vor – einige unserer Leute schreiben nämlich sogar selbst.«

Zeitungen Das Angebot ist reichhaltig. »Die Bücher kommen aus ganz verschiedenen Richtungen, viele bringen ihre eigenen Bücher mit, die sie bei Besuchen in der ehemaligen Sowjetunion gekauft und dann ausgelesen haben. Aber wir kaufen natürlich auch selber Werke, zum Beispiel religiöse Bücher auf Russisch. Außerdem können die Leute in der täglich geöffneten Bibliothek Zeitungen lesen, unter anderem auch die Jüdische Allgemeine.

Im Moment stellt man außerdem die Bilderserie eines Moskauer Malers vor, die den Schriftsteller Puschkin zum Thema hat. »Die Gemälde sind Eigentum eines unserer Mitglieder, der sie uns zur Verfügung gestellt hat.« Insgesamt, so freut sich Tkach, »sind die Leute wirklich sehr aktiv dabei, die Bibliothek mit aufzubauen – die meisten haben in ihrer alten Heimat schon gern gelesen, und das will man dann in Deutschland gern beibehalten.«

In der Gemeinde Rottweil-Villingen-Schwenningen ist der Sozialarbeiter Leonid Chernyak für die Bibliothek zuständig. »Sehr wichtig«, sagt er, sei die Möglichkeit, kostenlos Bücher auszuleihen, »vor allem für die älteren Menschen.« 20, 30 Stammleser kämen jede Woche vorbei, um sich neuen Lesestoff zu besorgen, »ein Viertel unserer Mitglieder besucht die Bücherei regelmäßig.«

Mehr als 1.000 russische und 500 deutsche Bücher stehen zur Verfügung, von religiöser Literatur über Wörter- und Lehrbücher bis hin zu Krimis, Science-Fiction und Liebesromanen sei praktisch jedes Genre vertreten, berichtet Chernyak stolz.

spenden Zehn Prozent des Bestandes wurden der Bibliothek geschenkt. »Den Rest kaufen wir, im Quartal stehen dafür 130 Euro zur Verfügung.« Die russischsprachige Literatur werde übrigens in Tschechien bestellt, erklärt er, und über Neuerscheinungen informiere er sich im Internet. »Und außerdem spreche ich ja viel mit den Menschen und weiß daher ganz gut, was gern gelesen wird.«

Schade sei nur, dass »wir leider nicht so viel Platz haben und wir deswegen in der Bibliothek keine Veranstaltungen machen können.« Aber das soll sich ändern: In der neuen Synagoge, die bald gebaut werden soll, werde die Gemeinde einen größeren Raum zur Verfügung haben.

Einzelexemplare Streng genommen gehört die Bibliothek der Jüdischen Gemeinde Nürnberg zum Seniorenheim, »aber da diese Einrichtung im Gemeindezentrum integriert ist, kann sich natürlich jedes Mitglied Bücher ausleihen«, erklärt Mitarbeiterin Astrid Schuricht. »Wir bekommen relativ viele Bücher gespendet«, erzählt sie, »zum Beispiel wenn jemand ins Heim umzieht oder verstorben ist, deswegen ist der Bestand recht groß und besteht meist aus Einzelexemplaren, im Gegensatz zu kommunalen Bibliotheken, wo Vieles doppelt und dreifach vorhanden ist.«

Für diejenigen, die nicht mehr so gut lesen können, aber keine speziellen Geräte benutzen, die die Buchstaben vergrößern, sind Großdruck-Werke im Angebot, »Hörbücher bieten wir dagegen bis jetzt noch nicht an – einige Senioren nutzen jedoch Hörbuch-Abos, die so ähnlich wie die Lesezirkel-Zeitschriften darin bestehen, dass man regelmäßig neuen Lesestoff erhält.«

Bücherschrank In Bayreuth ist man auf eine besondere Methode gekommen, den Literaturbedarf der Gemeindemitglieder zu stillen: »Wir haben einen offenen Bücherschrank«, erläutert der Vorsitzende Felix Gothart, »das heißt, die Leute bringen Bücher vorbei, die sie ausgelesen haben, und im Gegenzug nehmen sie sich dafür ein anderes mit. Wir sind halt eine kreative Gemeinde.« Auch Videokassetten oder DVDs machen auf diese Weise die Runde.

»Der Austausch ist ausgesprochen rege«, freut sich Gothart. Aber natürlich werden auch Bücher gekauft: »Im Besitz der Gemeinde befindet sich religiöse Literatur, über die jeder verfügen kann.« Das meiste sei zweisprachig Deutsch und Russisch. »Wir schaffen regelmäßig neue Werke an – wobei wir auch englisch- und französischsprachige Bücher im Angebot haben, denn ab und zu haben wir Studenten, die aus Großbritannien kommen.«

500 Mitglieder hat die Jüdische Gemeinde Bayreuth, deren 1760 erbaute Synagoge erhalten blieb, weil die Nazis befürchteten, bei einer Brandstiftung könne das benachbarte Opernhaus in Mitleidenschaft gezogen werden. Nun soll ein Jüdisches Zentrum entstehen – in dem ganz bestimmt Platz für noch viel mehr Bücher ist.

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025

Frankfurt am Main

Rabbinerin: Zentralrat hat Öffnung des Judentums begleitet

Elisa Klapheck spricht in Zusammenhang mit der jüdischen Dachorganisation von einer »Stimme, die auf höchster politischer Ebene ernst genommen wird«

 11.07.2025

Maccabiah

Zusammen sportlich

Trotz der Verschiebung der Spiele auf 2026 überwog auf dem Pre-Camp in Berlin Optimismus

von Frank Toebs  10.07.2025

Street Food Festival

Sich einmal um die Welt essen

Tausende besuchten das Fest im Hof der Synagoge Oranienburger Straße in Berlin

von Helmut Kuhn  10.07.2025

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Engagement

Verantwortung übernehmen

Erstmals wurde der Fritz-Neuland-Gedächtnispreis verliehen. Die Auszeichnung erhielten der Jurist Andreas Franck und die AG PRIOX der bayerischen Polizei

von Luis Gruhler  09.07.2025

Deutsch-Israelischer Freiwilligendienst

»Wir müssen gewachsene Strukturen erhalten«

ZWST-Projektleiter Erik Erenbourg über ein besonderes Jubiläum, fehlende Freiwillige aus Deutschland und einen neuen Jahrgang

von Christine Schmitt  09.07.2025

Essen

Vier Tage durch die Stadt

Der Verein Kibbuz Zentrum für Kunst, Kultur und Bildung führte 20 Jugendliche einer Gesamtschule an jüdische Orte. Die Reaktionen überraschten den Projektleiter

von Stefan Laurin  09.07.2025

Berlin

Millionenförderung für jüdisches Leben

Die sogenannten Staatsleistungen machten dabei fast 8,9 Millionen Euro in dieser Summe aus. Als Zuwendung für personelle Sicherheitsleistungen flossen den Angaben zufolge 6,1 Millionen Euro

 09.07.2025