Antisemitismus

Sächsische Meldestelle verzeichnet 192 Vorfälle

Marina Chernivsky Foto: picture alliance/dpa

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (Rias) in Sachsen hat im vergangenen Jahr 192 antisemitische Vorfälle dokumentiert.

Darunter seien elf Angriffe und drei Bedrohungen sowie elf Sachbeschädigungen an Gedenkorten oder jüdischem Eigentum, sagte die Rias-Projektreferentin Charlotte Brandes am Montag bei der Online-Vorstellung des ersten Jahresberichtes. Zudem seien 2023 zahlreiche Beschimpfungen registriert worden.

Die meisten Vorfälle hätten sich auf der Straße ereignet, hieß es.

Tatorte seien jedoch auch Bildungseinrichtungen, der öffentliche Nahverkehr und jüdische Gedenkorte. Rias dokumentiert nach eigenen Angaben antisemitische Vorfälle, unabhängig von strafrechtlicher Relevanz. In Sachsen ist die Meldestelle in Trägerschaft der Beratungsvereins Ofek.

Bei Jüdinnen und Juden herrsche ein Klima der Sorge und der Angst, aber auch ein Gefühl der Schutzlosigkeit

Im Gründungs- und nicht vollständigen Berichtsjahr 2022 hatte Rias Sachsen mehr als 100 Vorfälle erfasst. Fest stehe, dass der Antisemitismus seit dem 7. Oktober »weiterhin dynamisch und auf einem hohen Niveau bleibt«, hieß es. Die Massaker der Hamas an der israelischen Zivilbevölkerung am 7. Oktober 2023 seien eine Zäsur. In Sachsen hätten sich drei Viertel der von Rias insgesamt 110 gezählten Fälle von israelbezogenem Antisemitismus danach ereignet, sagte Brandes.

Die Geschäftsführerin des Trägervereins von Rias Sachsen, Marina Chernivsky, sagte, bei Jüdinnen und Juden herrsche ein Klima der Sorge und der Angst, aber auch ein Gefühl der Schutzlosigkeit. Es gebe eine hohe Frequenz an Vorfällen, pro Woche würden drei bis vier Fälle erfasst und dokumentiert. Das sei aber nur die Spitze des Eisbergs.

Die Vorsitzende des Landesverbands Sachsen der Jüdischen Gemeinden, Nora Goldenbogen, betonte, die Arbeit der Meldestelle sei notwendig, damit Vorfälle öffentlich bekannt würden. Sie beklagte ein aktuell »noch stärkeres Bedrohungs- und Angstgefühl von Juden und Jüdinnen«. Sehr stark betroffen seien auch Kinder und Jugendliche in Bildungseinrichtungen. Gerade in diesem Bereich müsse an einer Unterstützung für Betroffene gearbeitet werden.

Beauftragter für das Jüdische Leben betonte, es sei wichtig, Antisemitismus überhaupt zu erkennen

Insgesamt gebe es immer mehr sogenannte Alltagsvermeidungsstrategien, sagte Goldenbogen. Das bedeute, dass jüdische Symbole nicht mehr öffentlich getragen oder Veranstaltungen nicht mehr besucht würden. Die jüdische Landesvorsitzende befürchtet, dass die steigende Tendenz an antisemitischen Vorfällen seit dem 7. Oktober sich fortsetzen wird.

Sachsens Beauftragter für das Jüdische Leben, Thomas Feist, betonte, es sei wichtig, Antisemitismus überhaupt zu erkennen. Für Schulen seien daher Handreichungen erarbeitet worden, sagte Feist. Nach den Sommerferien soll es demnach eine interaktive Plattform geben, die Daten und Handlungsempfehlungen bereithält.

Laut der Geschäftsführerin Chernivsky mangelt es vor allem aber auch an der Bereitschaft, sich dem Thema zuzuwenden. »Antisemitismus wird nach wie vor sehr abstrakt wahrgenommen«, sagte sie.

Für Berlin hatte Rias eine knapp doppelt so viele Vorfälle wie im Vorjahr registriert. Die Zahl stieg demnach 2023 auf insgesamt 1.270 Fälle. Die bundesweiten Ergebnisse will die Meldestelle RIAS am Dienstag in Berlin vorstellen. epd

Berlin

Zentralrat der Juden begeht sein 75. Jubiläum

Die Dachorganisation der jüdischen Gemeinden lud zahlreiche Gäste aus Politik und Zivilgesellschaft nach Berlin. Der Bundeskanzler hielt die Festrede

von Imanuel Marcus  17.09.2025

Meinung

Die Tränen des Kanzlers

Bei seiner Rede in München gab Friedrich Merz ein hochemotionales Bekenntnis zur Sicherheit jüdischen Lebens ab. Doch zum »Nie wieder dürfen Juden Opfer werden!« gehört auch, den jüdischen Staat nicht im Stich zu lassen

von Philipp Peyman Engel  17.09.2025

München

Knobloch lobt Merz-Rede in Synagoge

Am Montagabend wurde in München die Synagoge Reichenbachstraße wiedereröffnet. Vor Ort war auch der Bundeskanzler, der sich bei seiner Rede berührt zeigte. Von jüdischer Seite kommt nun Lob für ihn - und ein Appell

von Christopher Beschnitt  16.09.2025

Auszeichnung

Düsseldorfer Antisemitismusbeauftragter erhält Neuberger-Medaille

Seit vielen Jahren setze sich Wolfgang Rolshoven mit großer Entschlossenheit gegen Antisemitismus und für die Stärkung jüdischen Lebens in Düsseldorf ein, hieß es

 16.09.2025

Erinnerung

Eisenach verlegt weitere Stolpersteine

Der Initiator des Kunst- und Gedenkprojekts, Gunter Demnig aus Köln, die Stolpersteine selbst verlegen

 16.09.2025

Porträt der Woche

Passion für Pelze

Anita Schwarz ist Kürschnerin und verdrängte lange das Schicksal ihrer Mutter

von Alicia Rust  16.09.2025

Bayern

Merz kämpft in Synagoge mit Tränen

In München ist die Synagoge an der Reichenbachstraße feierlich wiedereröffnet worden, die einst von den Nationalsozialisten zerstört wurde. Der Bundeskanzler zeigte sich gerührt

von Cordula Dieckmann  17.09.2025 Aktualisiert

Sachsen-Anhalt

Erstes Konzert in Magdeburger Synagoge

Die Synagoge war im Dezember 2023 eröffnet worden

 15.09.2025

Thüringen

Jüdisches Bildungsprojekt »Tacheles mit Simson« geht erneut auf Tour

Ziel des Projektes sei es, dem Aufkommen von Antisemitismus durch Bildung vorzubeugen, sagte Projektleiter Johannes Gräser

 15.09.2025