Makkabi

Russische Eröffnung

Jugendliche Meister am Brett: Logisches Denken kann man lernen. Foto: Gregor Zielke

Schach matt. Woche für Woche endet für tausende Schachspieler eine Partie damit, den gegnerischen König so geschickt eingekreist zu haben, dass er bewegungsunfähig ist. Auch in den Makkabi-Ortsvereinen beschäftigt man sich mit der passenden Eröffnung, Gambits und Rochaden sowie dem Ärgern oder Freuen über einen mattgestellten König. 26 der 38 Makkabi-Clubs werben im Internet mit dem kleinen Schach-Symbol, deutlich mehr als beispielsweise mit einem stilisierten Turner oder Tischtennisspieler.

späte anerkennung Dabei ist Schach bei Makkabi Deutschland keine alteingeführte Disziplin. Was damit zusammenhängt, dass die Sportart erst vor rund elf Jahren vom Nationalen Olympischen Komitee anerkannt wurde, zuvor gab es entsprechend keine Unterstützung – die jüdischen Sportvereine brauchen sie jedoch, um etwa an den Makkabiaden teilnehmen zu können. So trat Makkabi Deutschland erst 2001 erstmals bei der Maccabiah in Israel mit Schachspielern an.

Gespielt wurde in den Ortsvereinen aber natürlich schon vorher, »Schach ist schließlich eine traditionell jüdische Sportart«, sagt Isaak Lat, Betreuer der Schachabteilung bei Makkabi Deutschland. »Fast die Hälfte der deutschen Meister oder gar Weltmeister ist jüdischer Abstammung.«

Warum Schach als jüdisch gilt, ist nicht ganz klar, einige Experten vermuten, dass das im alten Persien erfundene Spiel von Juden nach Europa gebracht wurde, die sozusagen einen Trainingsvorsprung hatten. Lat hat eine eigene Theorie: »Früher waren den Juden viele Tätigkeiten verboten, sie durften aber mit dem Kopf arbeiten. Da war Schach eine der wenigen Möglichkeiten, Fähigkeiten wie logisches Denken auszubilden.« Außerdem, so Lat, »ist Schach eben keine Mannschaftssportart, in Zeiten der Verfolgung, wenn man also ausgeschlossen war, konnte man es auch in ganz kleinen Gruppen betreiben.«

Lat ist hörbar stolz auf die Erfolge, die die Makkabi-Schachspieler in den vergangenen zehn Jahren erreicht haben. In drei Wochen beginnt in Wien die europäische Maccabiah, Makkabi Deutschland wird mit einer Schachgruppe anreisen, die doppelt so viele Sportler umfasst wie noch vor vier Jahren in Rom. Die Erwartungen sind hoch, denn 2007 »konnten wir eine Gold-, Silber- und Bronzemedaille erspielen«.

zurück zu den Wurzeln Den Boom an Schachspielern verdankt Makkabi »zu 99 Prozent den Zuwanderer aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion«, sagt Lat. Und weil viele von denen, die vor elf Jahren als Jugendliche begannen, heute weiter in den Ortsvereinen arbeiten, könne man nun schon auf große Erfahrungen zurückgreifen. Und, ganz wichtig: »Makkabi ist auch in einem anderen Punkt sehr erfolgreich, denn viele Mitglieder kehren durch den Sport überhaupt erst zu ihren jüdischen Wurzeln zurück und haben bei unseren Veranstaltungen und Lehrgängen ihren ersten Kabbalat Schabbat erlebt.«

Aber wie trainiert man Schach? Die Antwort kennt der Großmeister Vladimir Gurevich. Der gebürtige Ukrainer wirkt sowohl bei Makkabi Frankfurt als auch bei Makkabi Deutschland als Trainer. Gerade ist er mit zwölf jungen Spielern aus Berlin, Frankfurt und Wiesbaden im bayrischen Oberhof bei der DJEM 2011, den Deutschen Jugendeinzelmeisterschaften im Schach, die noch bis zum 19. Juni dauern.

»Das Schachtraining besteht aus sehr vielen unterschiedlichen Richtungen, zum Beispiel Kombinationstraining inklusive Variantenberechnung, Erlernen von Eröffnungstheorien, Studieren von typischen Mittelspielstellungen, Endspieltraining, Studieren von Partien der Schachklassiker und Analyse von eigenen Partien.« Anders als beispielsweise in Mannschaftssportarten wie Fußball kann der Coach während des laufenden Spiels allerdings nicht eingreifen und seinem Schützling Tipps geben.

FIDE »Während aller Schachturniere herrschen FIDE-Regeln, die sind in dem Sinne sehr streng und verbieten jede Art der Einmischung«, erklärt Gurevich. Die Arbeit des Trainers beginnt erst »nach dem Partieende, dann werden diese normalerweise analysiert, um beim nächsten Mal die gemachte Fehler zu vermeiden.«

Woran aber liegt es, dass Schach in den russischsprachigen Ländern so populär ist? Traditionell sei Schach dort eine sehr angesehene Sportart, erklärt Gurevich. »Die Tradition wird in der unabhängigen Ukraine weitergeführt. Zu sowjetischen Zeiten existierten dort mehrere Schachschulen, wo viele Kinder mehrmals in der Woche nach der Schule Schach lernen und trainieren konnten.« Die Trainingsmethoden sowie die Trainerausbildung hätten eine entsprechend lange Entwicklungsgeschichte und hohes Niveau gehabt – und haben es noch heute, denn »die Schulen existieren immer noch und Interesse am Schach bleibt.«

Auch bei Makkabi soll das Interesse am Schach weiter gefördert werden, denn, so Gurevich: »Als Jude finde ich sehr wichtig, den einzigen jüdischen Sportverein in Deutschland persönlich zu unterstützen, um besonders unseren Kindern die Möglichkeiten zu bieten, diese Sportart für ihre Entwicklung zu nutzen.«

Die Jugendeinzelmeisterschaften im Internet unter http://djem2011.liveschach.net/

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