Lesetipp

Rundgänge in Pankow

Die Prenzlauer Allee und die Schönhauser Allee trennen an der entferntesten Stelle gute 800 Meter. Auf Höhe der Metzer Straße, die die beiden Alleen miteinander verbindet, beträgt der Abstand nur 400 Meter. Diese kurze Strecke hat ein breites Kopfsteinpflaster und – als vielleicht besonderes Erkennungsmerkmal – einen Grünstreifen in der Mitte der Fahrbahn, auf dem man spazieren gehen kann.

Doch nicht nur das unterscheidet sie von fast allen anderen Querstraßen zwischen den beiden Alleen. Die Metzer Straße hat eine lange jüdische Geschichte. Diese und die vieler anderer Orte im Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow hat die Bibliothekswissenschaftlerin Lara Dämmig in Zusammenarbeit mit dem Museum Pankow in ihrem neuen Buch Jüdisches in Pankow aufgeschrieben.

Kompendium Dämmig, die selbst seit mehr als 25 Jahren hier wohnt und deren Großeltern schon im Bezirk gelebt hatten, war es ein Anliegen, endlich einmal einen Stadtführer über die Ortsteile zu schreiben. »Ich hatte mich schon in den 90er-Jahren im Rahmen einer Ausstellung mit jüdischer Geschichte befasst«, sagt Dämmig. Entstanden ist ein praktisches Kompendium fast aller jüdischen Orte im Nordosten Berlins.

In drei jeweils zwei Stunden dauernden Rundgängen durch »Prenzlauer Berg«, »Pankow und Niederschönhausen« und »Weißensee« erfahren Leser nicht nur Nützliches über die vielen Gebäude, sondern auch über die Menschen, die in den Häusern arbeiteten und lebten.

Wie zum Beispiel über Bertha und Hermann Falkenberg, die in der Lottumstraße 22 wohnten. Das Ehepaar engagierte sich in der jüdischen Gemeinde und wurde im »Jüdischen Adressbuch für Gross-Berlin« zu den »Hervorragenden jüdischen Persönlichkeiten Berlins« gezählt, wie Dämmig schreibt. Während sich Frau Falkenberg für die Emanzipation einsetzte, gründete ihr Mann 1923 die Liberale Synagoge Norden.

Tischler Etwas handwerklicher ging es in der Mühlenstraße 24 zu. Denn dort befand sich das Lehrlingsheim Pankow. Angehende Tischler oder Schuster wurden dort untergebracht. Zu DDR-Zeiten war das Lehrlingsheim eine Bibliothek, heute ist es eine Jugendeinrichtung.

Einer der Orte, die in fast keinem Reiseführer fehlen, ist der Friedhof Weißensee. Hier liegen bekannte Persönlichkeiten wie der Schriftsteller Theodor Wolff oder die Kunstsammlerin Felicie Bernstein. Allerdings möchte Dämmig neben den schon bekannten Orten auch solche vorstellen, die vielleicht nicht überall vorkommen, wie die Israelitische Taubstummenanstalt in der Parkstraße 22.

Auch die unterschiedlichen Entwicklungen der drei Stadtteile werden in Dämmigs Buch deutlich. »Pankow und Weißensee waren, anders als Prenzlauer Berg, damals Vororte«, sagt die Autorin. Deswegen seien die dortigen Einrichtungen auch anders als jene im heutigen Szeneviertel, wo in den 20er-Jahren rund 20.000 Jüdinnen und Juden lebten. Jüdisches in Pankow ist ein spannendes Buch für kurzweilige Ausflüge in die eigene oder unbekannte Nachbarschaft.

Lara Dämmig, Museum Pankow (Hg.): »Jüdisches in Pankow. Rundgänge durch Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee«, Hentrich & Hentrich, Berlin 2013, 152 S., 14,90 €

Chemnitz

Marx und Mikwe

Die Jüdische Gemeinde präsentiert sich im Kulturhauptstadtjahr zwischen Baustelle, Geschichte und Begegnung. Ein Ortsbesuch

von Anett Böttger  02.07.2025

Meinung

Nicht ohne meine Klimaanlage!

Warum sich Deutschland im Sommer an Israel ein Beispiel nehmen sollte

von David Harnasch  02.07.2025 Aktualisiert

Interview

Das hilft wirklich gegen zu viel Hitze und Sonne

Yael Adler über die Frage, wie wir uns am besten schützen können und was wir im Sommer von den Israelis lernen können

von Philipp Peyman Engel  02.07.2025 Aktualisiert

Bayern

Als Rassist und Antisemit im Polizeidienst? Möglich ist es …

Der Verwaltungsgerichtshof München hat geurteilt, dass Beamte sich im privaten Rahmen verfassungsfeindlich äußern dürfen, ohne deswegen mit Konsequenzen rechnen zu müssen

von Michael Thaidigsmann  01.07.2025

München

Gedenken in schwerer Zeit

Die Stadt erinnerte an jüdische Opfer des NS-Regimes. Die Angehörigen aus Israel konnten wegen des Krieges nicht anreisen

von Luis Gruhler  01.07.2025

Lesen

Über eine Liebe nach dem Holocaust

Die österreichische Schriftstellerin Melissa Müller stellte im Münchener Literaturhaus ihr neues Buch vor

von Helen Richter  01.07.2025

Auszeichnung

Strack-Zimmermann erhält Janusz-Korczak-Preis für Menschlichkeit

Die FDP-Politikerin wird für ihre klaren Worte und ihr entschlossenes Handeln angesichts globaler Krisen geehrt

 29.06.2025

Erfurt

Ende eines Krimis

Seine Entdeckung gilt als archäologisches Wunder: Mehr als 25 Jahre nach dem Fund des Erfurter Schatzes sind vier weitere Stücke aufgetaucht

von Esther Goldberg  29.06.2025

Porträt der Woche

Heilsame Klänge

Nelly Golzmann hilft als Musiktherapeutin an Demenz erkrankten Menschen

von Alicia Rust  29.06.2025