Corona

Regeln für den Alltag

Das Thema Masken beschäftigt Lehrer und Schüler derzeit am meisten. Foto: Getty Images

Corona

Regeln für den Alltag

Die jüdischen Schulen wollen wieder regulär unterrichten, doch das wird schwierig

von Elke Wittich  13.08.2020 09:27 Uhr

Während in Bayern und Baden-Württemberg noch Sommerferien sind, hat andernorts zum ersten Mal seit dem Lockdown wieder der geregelte Schulbetrieb begonnen. Allerdings unter Einschränkungen.

Die Vorbereitungen auf den Unterricht und die ersten Schultage fielen allesamt umfangreicher aus als in den Jahren zuvor. In Hamburg begann der Unterricht schon am vergangenen Donnerstag.

Video Wie überall in der Stadt ist auch am Joseph-Carlebach-Bildungshaus nicht alles wie sonst: »Diesmal waren zur Einschulung nur die Eltern eingeladen, und auch die übliche Begrüßung der neuen Schüler mit Liedern und Gesang gab es nur in einer anderen Form, nämlich per Video«, schildert Leiterin Franziska von Maltzahn. »Alles war schlichter, aber sehr feierlich.«

190 Kinder besuchen die Carlebach-Schule.

»In unserem kleinen Kontext bekommen wir den Unterricht unter Corona-Bedingungen recht gut hin«, freut sich Franziska von Maltzahn. Und betont: »Wir sind vor allem dankbar, dass es nun wieder relativ normal losgeht.«

Es gebe zwar nicht mehr klassenübergreifenden Unterricht oder entsprechende Kurse, aber der Stundenplan werde umgesetzt. Und für den Sportunterricht gelten besondere Vorgaben, erklärt von Maltzahn. Da sei man noch in der Findungsphase, denn die Auflagen im Sport seien fast unmöglich umzusetzen. »Es dürfen beispielsweise keine Ballspiele stattfinden.«

Schutzvorschriften Zudem herrscht Maskenpflicht, »überall drinnen und draußen muss Mund-Nasen-Schutz getragen werden, nur innerhalb der Unterrichtssituation nicht«. Natürlich nerve das ein wenig, aber der Schutz Schwächerer sei eben sehr wichtig. Und außerdem, fügt die Schulleiterin hinzu, »haben sich die Kinder an die Corona-Vorschriften gewöhnt, gründliches Händewaschen, Maskentragen, das ist für sie bereits Alltag geworden«.

Insgesamt sei deutlich zu spüren, dass sich alle auf den Schulstart freuen. »Die Eltern sind sehr kooperativ, und die Kinder sind sehr froh, dass sie wieder zum Unterricht kommen können, sie haben schließlich lange auf unmittelbare soziale Kontakte verzichten müssen.«

Sorgen über Beeinträchtigungen der Abi­turvorbereitungen macht man sich an der Carlebach-Schule nicht: »Das letzte Abi fand ja während des Lockdowns statt, aber wir waren gut vorbereitet – und am Ende hatten wir den besten Schnitt aller Stadtteilschulen.«

Nun treibe man wie viele andere Bildungseinrichtungen die Digitalisierung weiter voran. »Bei uns geht es aber eher in die Richtung, dass wir für unsere Schule selbst etwas entwickeln werden.«

Einschulung In Nordrhein-Westfalen hat der Unterricht am Mittwoch begonnen, wie üblich waren die Einschulungen einen Tag zuvor. Am Düsseldorfer Albert-Einstein-Gymnasium fand die Feier für die neuen Schüler in diesem Jahr auf dem Schulhof statt, mit großem Abstand und nur wenigen eingeladenen Gästen. »Pro Kind durften nur die Eltern und Geschwister dabei sein. Aber wir haben alles dafür getan, dass die Kinder den ersten Schultag am Gymnasium in guter Erinnerung behalten«, berichtet Schulleiter Michael Anger.

Auch hier kann der Unterricht nur unter strengen Auflagen stattfinden. »An weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen gilt beispielsweise eine strengere Maskenpflicht im Unterricht«, sagt Anger. Die Schüler müssen die Mund- und Nasenbedeckung nun auch während des Unterrichts tragen, Lehrer dürfen sie dagegen absetzen, solange der Abstand gewahrt ist – erklären oder zeigen sie einem Kind beispielsweise etwas, ist das Tragen der Maske allerdings auch für sie unumgänglich.

Die Kinder freuen sich auf den Unterricht, weil sie lange auf soziale Kontakte verzichten mussten.

Und so bewegt das Thema Masken »alle auch am meisten, das kann man schon sagen«, weiß der Schulleiter. Für vergessliche Schüler wurde deshalb vorgesorgt: Sie erhalten Einmalmasken. Und für die Lehrer wurde am Einstein-Gymnasium ein Set Masken »in kindgerechtem Design angeschafft, sie sind bunt, das war uns wichtig, denn die schwarzen Masken, die man im Alltag oft sieht, wirken doch sehr unpersönlich und streng«. Die derzeitige Hitzewelle könnte natürlich zu Problemen führen, sagt Anger, »darauf werden wir reagieren und zum Beispiel Atempausen einlegen«.

Ferien Koschere Küche und Mensa sind jetzt nach den großen Ferien wieder in Betrieb. »Wir werden aber wohl mehr Räume brauchen, um den Abstand sicherzustellen.« Die größte Einschränkung betreffe allerdings den Musik- und den Sportunterricht.

»Singen ist nicht möglich, das betrifft auch den Schulschabbat in der Synagoge, der aufgrund der Abstandsregeln nicht so einfach umzusetzen sein wird.« Sportunterricht ist nur im Freien erlaubt. Da zur Schule jedoch kein Außensportgelände gehört, müsse man erst schauen, wie das zu lösen ist.

Eine große Bitte an die Politik habe er, und sie betreffe alle Schulen, wie Anger sagt: »Wenn wir klare Vorgaben haben, dann hilft das enorm, und außerdem brauchen wir einen gewissen Vorlauf, um diese Vorgaben auch gut umsetzen zu können.« Eine Woche sei ein guter Zeitrahmen, um sich vorzubereiten, Schnellschüsse, die bereits zwei Tage später in Kraft träten, »wirken eher störend«.

Verschwörungstheorien Außerdem wünscht sich Anger vorgegebene Szenarien, wie beispielsweise mit einem Corona-Fall an der Schule umzugehen sei. »Eine Corona-Infektion wäre gerade an einer jüdischen Schule nicht gut«, sagt er. »Natürlich gehören Infektionen mit Covid-19 sozusagen zur neuen Normalität, und vermutlich wird irgendwann jede Schule davon betroffen sein.«

Als Leiter einer jüdischen Schule habe er allerdings noch einmal einen anderen Fokus. »Was ich an antisemitischen Verschwörungstheorien über das Virus lese, das ist schon extrem. Da kann man sich vorstellen, wie auf einen Infektionsfall bei uns reagiert würde.«

Und deswegen werde das Thema Corona und Verschwörungstheorien im neuen Schuljahr auch »aktiv angegangen. Wir werden mit den Kindern darüber und auch über mögliche Reaktionen auf solche Verschwörungsmythen sprechen«.

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  25.12.2025

Dating

Auf Partnersuche

Matchmaking mit Olami Germany – ein Ortsbesuch

von Jan Feldmann  23.12.2025

München

Ein kraftvolles Statement

Beim Gemeindewochenende nahmen zahlreiche Mitglieder an Diskussionen, Workshops und Chanukka-Feierlichkeiten teil

von Esther Martel  23.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

WerteInitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 24.12.2025 Aktualisiert

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025