Rendsburg

Prügeln mit Parolen

Bei Antisemiten waren judenfeindliche Aufkleber während der NS-Zeit populär. Doch jüdische Organisationen wehrten sich bald gegen die Hetze. Foto: DHM

Sie wüten mit Wörtern. Prügeln mit Parolen. Vergiften den Alltag und zetteln mit Lügen Krieg an – kleine, aber massenhaft und wild auftretende Aufkleber, Sticker, Spuckis, klein, aber dauerpräsent. Und irgendwann wird ihrem Gift geglaubt. Mit der Wander-Ausstellung Angezettelt – Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis heute zeigt das Jüdische Museum Rendsburg, wie Massenpropaganda mit diesen Kleinstplakaten durch stete Präsenz die öffentliche Meinung beeinflusst.

Sie kleben in Klassenräumen und auf Toilettentüren, in Kneipen und auf Schulhöfen, an Türen, auf Bus- und Bahnsitzen, Autos, Fahrrädern, sie kleben überall dort, wo möglichst viele Menschen sie sehen. Die Texte auf ihnen sind aggressiv, plakativ, kreativ und oft ätzend, je nachdem, für was oder wen sie welche Parole verbreiten.

Die Texte sind aggressiv, plakativ, kreativ und oft ätzend, je nachdem, für was oder wen sie welche Parole verbreiten.

feindbilder Die Zettel-Sammlungen der Ausstellung erzählen die Geschichte des Antisemitismus und Rassismus von 1880 bis heute. Die kleinen Dinger entfachen eine große Wirkung, denn durch ihre wiederkehrende Präsenz im öffentlichen Raum transportieren sie penetrant Feindbilder, schüren Vorurteile und rufen zu Verfolgung und Gewalt auf. Varianten dieser suggestiven Aufkleber gab es sogar, um Liebesbriefe zu verschließen. Quasi als Siegel.

Doch es werden auch die Zettel gezeigt, die diesen stupiden Gewaltaufrufen mit Ironie und Intelligenz begegnen. Beispiel Kurt Tucholsky: »Deutsche! Kauft Deutsche Bananen!«

Konzipiert wurde die Wanderausstellung vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin, dem Zentrum für jüdische Studien Berlin-Brandenburg und dem NS-Dokumentationszentrum München. Sie soll anregen, sich mit tradierten und neuen Erscheinungsformen von Antisemitismus und anderen menschenfeindlichen Ressentiments auseinanderzusetzen.

aktualität Seit 2014 tourt sie durch Deutschland und hat gerade jetzt beim wieder erstarkten Antisemitismus, beim grassierenden Hass auf Flüchtlinge, bei Überfällen auf jüdische Restaurants und Geschäfte in ganz Europa eine hohe Aktualität und Notwendigkeit. Allerdings sollte sie auch mit den Propaganda-Aufklebern der letzten fünf  Jahre, in denen der Antisemitismus erschreckend zugenommen hat, ergänzt werden.

Schon um 1900 kursierten Aufkleber mit dem perfiden Spruch »Was ist Antisemitismus? Die einzige Brücke zu wahrer, dauerhafter Völkerversöhnung« in Deutschland.

Schon um 1900 kursierten Aufkleber mit dem perfiden Spruch »Was ist Antisemitismus? Die einzige Brücke zu wahrer, dauerhafter Völkerversöhnung« in Deutschland. Mit Beginn der 1930er-Jahre wiesen Hotels und Pensionen mit Aufschriften wie »judenfrei« jüdische Gäste schon vor der Tür ab. Auch Handzettel, beispielsweise mit dem Satz »Freifahrscheine nach Jerusalem, gültig von jeder deutschen Station, und ohne Rückfahrt« wurden massenhaft verteilt, sogar auf Schulhöfen.

israelkritik Doch der gestrige Antisemitismus ist nicht der heutige. Tenor und Technik sind indes dieselben. Der heutige Antisemitismus wird kaschiert durch Kritik an Israel. Die gegen Israel gerichtete Boykottkampagne BDS sorgt heute für Gift in der Gesellschaft.

»Der Staat Israel, der jüdische Staat, soll wirtschaftlich, kulturell und politisch isoliert werden. Eine perfide Botschaft, die den einzigen jüdischen Staat auf der Welt delegitimieren will«, fasste Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Karin Prien (CDU) bei der Ausstellungseröffnung zusammen.

»Angezettelt. Antisemitische und rassistische Aufkleber von 1880 bis heute«, Jüdisches Museum Rendsburg, Prinzessinstraße 7. Zu sehen ist die Ausstellung bis 28. April, dienstags bis sonntags 12 bis 17 Uhr. 

Mehr unter www.landesmuseen.sh/jm.

Thüringen

Voigt für deutsch-israelisches Jugendwerk in Weimar

Er führe dazu Gespräche mit israelischen Partnern, die bereits Interesse an einer Ansiedlung in Thüringen signalisiert hätten

 11.07.2025

Frankfurt am Main

Rabbinerin: Zentralrat hat Öffnung des Judentums begleitet

Elisa Klapheck spricht in Zusammenhang mit der jüdischen Dachorganisation von einer »Stimme, die auf höchster politischer Ebene ernst genommen wird«

 11.07.2025

Maccabiah

Zusammen sportlich

Trotz der Verschiebung der Spiele auf 2026 überwog auf dem Pre-Camp in Berlin Optimismus

von Frank Toebs  10.07.2025

Street Food Festival

Sich einmal um die Welt essen

Tausende besuchten das Fest im Hof der Synagoge Oranienburger Straße in Berlin

von Helmut Kuhn  10.07.2025

Berlin

»Berlin verneigt sich«

Zwei Monate nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer in Berlin gewürdigt. Der Bundespräsident mahnt vor Politikern und Weggefährten, das Erbe der Jahrhundertfrau weiterzutragen

von Alexander Riedel  09.07.2025 Aktualisiert

Engagement

Verantwortung übernehmen

Erstmals wurde der Fritz-Neuland-Gedächtnispreis verliehen. Die Auszeichnung erhielten der Jurist Andreas Franck und die AG PRIOX der bayerischen Polizei

von Luis Gruhler  09.07.2025

Deutsch-Israelischer Freiwilligendienst

»Wir müssen gewachsene Strukturen erhalten«

ZWST-Projektleiter Erik Erenbourg über ein besonderes Jubiläum, fehlende Freiwillige aus Deutschland und einen neuen Jahrgang

von Christine Schmitt  09.07.2025

Essen

Vier Tage durch die Stadt

Der Verein Kibbuz Zentrum für Kunst, Kultur und Bildung führte 20 Jugendliche einer Gesamtschule an jüdische Orte. Die Reaktionen überraschten den Projektleiter

von Stefan Laurin  09.07.2025

Berlin

Millionenförderung für jüdisches Leben

Die sogenannten Staatsleistungen machten dabei fast 8,9 Millionen Euro in dieser Summe aus. Als Zuwendung für personelle Sicherheitsleistungen flossen den Angaben zufolge 6,1 Millionen Euro

 09.07.2025