Bildung

Mehr Anfragen als Plätze

Anders als an staatlichen Schulen verpassen die Kinder an den Feiertagen nichts. Foto: Stephan Pramme

Der Sommer ist längst vorbei, für die Schulkinder ist der Alltag eingekehrt. Und ihre Lehrer arbeiten daran, neue Konzepte und Ideen in die Praxis umzusetzen. Anlass genug, nachzufragen, was es Neues an den jüdischen Schulen gibt und wie begehrt sie sind. Die vor zwei Jahren eröffnete »Drei-Religionen-Schule« im niedersächsischen Osnabrück ist bereits ein großer Erfolg. »Wir haben diese Alternative gewählt, um das Bestmögliche für unsere Schüler zu erreichen«, sagt Michael Grünberg, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Osnabrück.

»Natürlich sind wir immer die kleinste Gruppe nach Christen und Muslimen. Wir haben mit drei Schülern angefangen, und nun sind es schon fünf.« Die jüdischen Kinder könnten »ganz selbstbewusst als Juden in die Schule gehen«. Außerdem gebe es keine Diskussionen, wenn sie an einem Feiertag den Unterricht nicht besuchen. »Im Gegenteil, sie verpassen nichts.«

Feiertage Die Lehrer richten sich nach einem interreligiösen Kalender. »An jüdischen Feiertagen wird grundsätzlich keine Klassenarbeit geschrieben, in der Pessachzeit findet keine Klassenfahrt statt.« Die »friedliche und freundliche Atmosphäre« der Drei-Religionen-Schule habe schon viele christliche, muslimische und jüdische Eltern überzeugt.

»Es gibt zwar separaten Religionsunterricht, aber die Schüler lernen natürlich auch die anderen Religionen kennen. Wenn Purim ist, werden die Mitschüler selbstverständlich zum Fest eingeladen und bekommen alles erklärt.« Ein großer Erfolg sei auch das Projekt »Ich stelle mein Gotteshaus vor« gewesen. »Für die Kinder ist es ganz normal, dass jemand eine andere Religion hat.« Aus der bisherigen Erfahrung, so Grünberg, könne er kleineren jüdischen Gemeinden nur dazu raten, sich an ähnliche Konzepte zu wagen. »Wir hätten sonst keine Möglichkeit gehabt, unseren Kindern eine jüdische Schule zu bieten.«

»44 Kinder für das neue Schuljahr«, vermeldet Anne Schachner, stellvertretende Leiterin der Yitzhak-Rabin-Schule in Düsseldorf. »Wir hatten mehr Anfragen als Plätze.« Gerade bereitet man die große Chanukkafeier vor, an der alle Schüler teilnehmen werden. Eine selbst geschriebene Rahmengeschichte wird durch den Abend leiten, die Aufführung wird in der Gemeinde stattfinden. »Alle sind schon sehr aufgeregt und freuen sich darauf.«

Schultreffen Auch die Klassenfahrten werden bereits vorbereitet. »In diesem Schuljahr fahren unsere vierten Klassen nach Bad Sobernheim.« Die Termine müssen schon ein Jahr im Voraus gebucht und frühzeitig von »der Schulkonferenz abgesegnet werden«.

Durch die lange Vorlaufzeit ergäben sich allerdings auch Kontaktmöglichkeiten zu anderen jüdischen Schulen. Im vergangenen Jahr seien die Düsseldorfer zeitgleich mit der Frankfurter Lichtigfeld-Schule in Sobernheim gewesen. »Da konnten wir vorab mit den Kollegen einiges vorplanen.« Außerdem freut man sich in der Yitzhak-Rabin-Schule über neue Möbel. »Wir haben Stühle und Tische für die dritten und vierten Klassen bekommen.« Bislang mussten sie sich das passende Mobiliar von der Religionsschule ausleihen.

Auch in Stuttgart gibt es Neuigkeiten: Darina Phal, Leiterin der Jüdischen Grundschule, ist in Elternzeit, für sie hat Ilchanan Heymann übernommen. Der israelische Pädagoge ist in Deutschland kein Unbekannter: »Durch die Jewish Agency bin ich in den 90ern, noch zu Zeiten von Ignatz Bubis sel. A., nach Frankfurt zur Lichtigfeld-Schule gekommen«, erzählt der Mann, der 33 Jahre im israelischen Erziehungsministerium tätig war und sowohl in Israel als auch im Ausland Schulen leitete.

2004 ging er nach Chile. »Auf meinen Flügen von und nach Israel kam ich immer über Frankfurt, und bei einem solchen Zwischenstopp fragte mich dann Dieter Graumann, ob ich nicht zurückkommen wolle.« Heymann sagte zu und begleitete den Umzug der Lichtigfeld-Schule. Später war er Lehrer an der Kölner Lauder-Morijah-Schule.

Makkabiade Die jüdische Grundschule in Stuttgart ist eine echte Ganztagsschule, in der die Kinder von morgens halb acht bis halb sechs Uhr abends betreut werden können. »Wir haben ein junges Lehrerteam, das sehr engagiert ist, gemeinsam werden wir nach Israel fahren und dort Schulen besuchen, um uns Anregungen zu holen«, freut sich Heymann. Bereits jetzt stehen viele Arbeitsgruppen auf dem Programm, »Theater, jüdische Kunst, eine eigene Schulzeitung – und sogar eine Schach-AG, die bereits im zweiten Jahr von einem Jungen geleitet wird, der in Israel bei der letzten Makkabiade gewonnen hat«.

»Wir sind eine kleine Schule, mit vier Klassen und 36 Schülern, aber wir möchten wachsen«, sagt Heymann. Derzeit sei die Maximalzahl 15 Kinder pro Klasse. »Nach dem Umzug werden es 20 sein.« Ganz wichtig sei die Verbindung zwischen Kindergarten und Schule. »Der Übergang soll fließend sein, sodass die Kindergartenkinder ihre Lehrer schon kennen, wenn sie zu uns kommen.«

Die Kontakte zu den Ehemaligen sollen ebenfalls nicht abreißen: »Die Schüler gehen nun auf staatliche Schulen, aber sie rufen immer noch an. Unsere Tür steht immer für sie offen, das wissen sie, und an unseren Projekten, wie an Chanukka, können sie weiterhin teilnehmen.« Und ein bisschen sehnsüchtig sagt Heymann: »Eine jüdische Oberschule hier in Stuttgart, das wäre natürlich ein Traum.«

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