Frankfurt

Liebe in Corona-Zeiten

Den richtigen Partner zu finden, ist nicht leicht und manchmal klappt es trotz anfänglicher Liebelei per Mails im wahren Leben nicht. Foto: imago images/fStop Images

Einsamkeit gehört gerade für allein lebende Singles zu den größten Problemen der Zeit. Auch bei Simantov International, der 1975 gegründeten Partnervermittlung für jüdische Singles, ist Covid-19 ein Thema.

»Durch das Coronavirus ist natürlich alles anders und ungewohnt«, sagt Jose Weber aus Frankfurt, seit 35 Jahren Vermittler bei Simantov. »Unsere bereits eingeschriebenen Kunden versuchen, aktiv miteinander in Verbindung zu bleiben, sie halten online via Skype und WhatsApp den Kontakt.«

Sehr viele Menschen sind einsam, weiß Jose Weber. »Es gab hier und da Rückmeldungen von Leuten, für die die Isolation sehr, sehr schwer war, und manchmal hat auch jemand geweint. Man kann schon sagen, dass eine gewisse Verzweiflung vorhanden ist. In Zeiten der Pandemie Single zu sein, ist eben auch besonders belastend.« Es sei eben ein Ausnahmezustand.

FAMILIE »Ich bin nun schon 72 Jahre alt«, betont Weber. »Man kann schon sagen, dass diese Pandemie als das Leben verändernde Situation so etwas wie der Krieg unserer Generation ist.« Jose Weber selbst versucht seit dem Beginn des Lockdowns, so weit wie möglich »normal mit der Familie zu leben«, aber seine Söhne und Enkelkinder leben in Israel, erzählt er. »Eigentlich wollte ich am 9. März dorthin fliegen, um meinen jüngsten Enkel zum ersten Mal zu sehen.« Daraus wurde nichts, und das Ticket wurde auf den 31. Juli umgebucht.

Menschen brauchen den persönlichen Kontakt, »das ist in der Partnervermittlung schon ein bisschen so wie bei mir und meinem jüngsten Enkelchen«, sagt Jose Weber, nur, dass der erste reale Kontakt bei der Partnersuche manchmal auch dazu führen könne, dass die zuvor noch so großen Hoffnungen jäh zerstöben.

Er habe schon einmal einen 82-Jährigen mit einer vier Jahre jüngeren Dame zusammengebracht, erzählt Jose Weber.

»Ich habe Menschen zusammengebracht, die sich per Video und online nach den ersten Kontakten und guten Gesprächen schon ein bisschen ineinander verliebt hatten und ganz entzückt voneinander waren, und dann beim ersten wirklichen Treffen in der realen Welt machte es ›Peng‹, und sie konnten sich im wahrsten Sinne des Wortes nicht riechen«, erzählt Weber.

PHEROMONE In den letzten Jahren machten Video und Internet das Reisen in vielen Fällen nicht mehr notwendig, dennoch bleibe es so, dass »die Pheromone am Ende entscheiden, dagegen kommt keine Technik und kein Intellekt an«.

Nicht allein sein zu wollen, sei im Übrigen nicht nur eine Sache jüngerer Menschen. »Ich hatte einmal einen Kunden, der war schon 82 Jahre alt, und wir haben ihn mit einer Dame aus Amsterdam bekannt gemacht, die nur vier Jahre jünger war als er – beide sind zusammengekommen und zusammengeblieben, das ist doch eine wirklich schöne Sache, wenn Menschen auch im Alter noch Liebe finden.«

Bei der Vermittlung braucht man sehr viel Geduld.

Er könne theoretisch ganze Bücher über seine Erlebnisse als Vermittler schreiben, sagt Jose Weber und lacht. Ihm gefalle es sehr, mit Menschen zusammenzuarbeiten, auch wenn das nicht immer einfach sei, gerade wenn es um die Beendigung von Einsamkeit geht. »Da braucht man Geduld, und manchmal muss man den Leuten erst noch ein bisschen beibringen, geduldig zu sein – aber es lohnt sich.« Partnervermittlung sei nämlich kein Hokuspokus: »Es kann dauern, bis sich die Richtigen finden, aber dann hat man auch gegenseitige tiefe Liebe.«

SARA Im Übrigen handele es sich bei der Partnerschaftsvermittlung um einen der ältesten Berufe der Welt, sagt Weber. »Abraham hat seine Frau Sara auch durch einen Ehevermittler kennengelernt, das war früher ganz normal und auch ein wichtiger Bestandteil der jüdischen Tradition. Auch dadurch haben wir es geschafft, ein Volk zu bleiben.«

Das Unternehmen Simantov versuche nun, »diese Tradition fortzuführen, dass zwei jüdische Leute zusammenkommen, und ganz ehrlich, mir macht es immer noch Spaß, deswegen arbeite ich auch weiter«.

Weber ist für Europa und Israel zuständig, praktischerweise spricht er fünf Sprachen: »Ich wurde in Kolumbien geboren, meine Mutter war eine polnische Jüdin und mein Vater ein deutscher Jude aus dem Rheinland. Spanisch ist meine Muttersprache, Hebräisch habe ich gelernt, als die Familie nach Israel zog, aber weil es meinem Vater dort nicht so gut gefiel, gingen wir dann nach Frankfurt.« Seine zweite Frau hat Jose Weber übrigens durch die Vermittlung von Simantov kennengelernt.

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024

Berlin

Pulled Ochsenbacke und Kokos-Malabi

Das kulturelle Miteinander stärken: Zu Besuch bei Deutschlands größtem koscheren Foodfestival

von Florentine Lippmann  17.04.2024

Essay

Steinchen für Steinchen

Wir müssen dem Tsunami des Hasses nach dem 7. Oktober ein Miteinander entgegensetzen

von Barbara Bišický-Ehrlich  16.04.2024

München

Die rappende Rebbetzin

Lea Kalisch gastierte mit ihrer Band »Šenster Gob« im Jüdischen Gemeindezentrum

von Nora Niemann  16.04.2024

Jewrovision

»Ein Quäntchen Glück ist nötig«

Igal Shamailov über den Sieg des Stuttgarter Jugendzentrums und Pläne für die Zukunft

von Christine Schmitt  16.04.2024

Porträt der Woche

Heimat in der Gemeinschaft

Rachel Bendavid-Korsten wuchs in Marokko auf und wurde in Berlin Religionslehrerin

von Gerhard Haase-Hindenberg  16.04.2024

Berlin

Zeichen der Solidarität

Jüdische Gemeinde zu Berlin ist Gastgeber für eine Gruppe israelischer Kinder

 15.04.2024

Mannheim

Polizei sucht Zeugen für Hakenkreuz an Jüdischer Friedhofsmauer

Politiker verurteilten die Schmiererei und sagten der Jüdischen Gemeinde ihre Solidarität zu

 15.04.2024