München

Lackmustest für die Gesellschaft

Michel Friedman und Armin Nassehi (v.l.) Foto: Johann Schwepfinger

Anlässe braucht es auch im Presseclub München, um zusammenzukommen. Für Peter Schmalz, seit Februar 2016 Vorsitzender des Vereins, waren Entwicklungen des auslaufenden Jahres Grund genug, zwei ausgewiesene Kenner der Materie – Michel Friedman und Armin Nassehi – einzuladen.

Man wolle mit einem Abend, an dem über Antisemitismus gesprochen würde, »Zeichen setzen«, betonte Schmalz und eröffnete das Gespräch mit einer Kardinalfrage: Der Antisemitismus habe eine lange, traurige, blutige Geschichte – worauf lasse er sich zurückführen?

zivilisiertheit Der Soziologe Armin Nassehi, multikulturell geprägt durch einen persischen Vater muslimischen Glaubens, eine deutsche Mutter und christlich aufgewachsen, sieht im Antisemitismus einen »Lackmustest für die Zivilisiertheit einer Gesellschaft«. Der bürgerliche Antisemitismus sage mehr aus über das Selbstverständnis europäischer Gesellschaften.

Michel Friedman, der sich wünscht, dass Zuschreibungen wie »Mitbürger« und »jüdischer Publizist« unterbleiben, weil er Bürger sei und man die Religionszugehörigkeit bei anderen auch nicht thematisiere, spricht vom »kulturellen Gedächtnis« über den Antijudaismus, der mit der Etablierung des Christentums als feste Komponente in die Gesellschaften eingebaut worden sei.

Zum Bild des Versagens der Gesellschaft gehöre es, dass es Antisemitismusbeauftragter bedürfe.

Weltliche und religiöse Macht hätten sich zusammengetan und schließlich einen rassistischen Judenhass hervorgebracht, der in maximaler Form in den Nationalsozialismus mündete. Der landläufige Antisemitismus sei in den letzten zwei Jahren deutlich gestiegen, übrigens auch in osteuropäischen Ländern wie etwa Polen und Ungarn. Wäre Judenhass keine strukturelle Konstante, müsste man nicht immer wieder daran erinnern.

stereotype Als Nassehi darauf verwies, dass Antisemitismus niemals verschwunden war und auch die per Selbstdefinition antifaschistische Linke antisemitische Stereotype pflegt, hatte Friedman die Belege parat: von Globke über Kiesinger bis zur ausgebliebenen Rechenschaft der Justiz, die unter neuen, demokratischen Vorzeichen einfach weiterarbeitete.

Zum Bild des Versagens gehöre es, dass es Antisemitismusbeauftragter bedürfe. Für Friedman ist das Hannah-Arendt-Zitat vom »Recht, Rechte zu haben« zentral. Es gehe um viel mehr, als andere zu tolerieren, nämlich um die »Abkoppelung von Rechten von jeder Zubilligung«. »Es geht«, so Friedman, »um Respekt. Ohne Respekt ist es Verhandlungssache.« Nassehi stimmte dem zu: »Kodifiziertes Recht ist universalistisch.« Dieses müsse für alle gelten.

Gemeinden

Musik, Theater, Lesungen

Für jeden etwas dabei: Der Zentralrat der Juden stellt sein Kulturprogramm vor

von Christine Schmitt  13.02.2025

Tu Bischwat

Von der Krone bis zur Wurzel

Das Neujahrsfest der Bäume ist eine Umarmung der Natur. Was verbinden Jüdinnen und Juden mit diesem Tag? Eine Umfrage

von Brigitte Jähnigen, Christine Schmitt, Heike Linde-Lembke, Katrin Richter  13.02.2025

Berlin

Gedenkort für früheres jüdisches Altenheim gefordert

Die Einrichtung stand dort, wo sich heute das Haus der Statistik befindet

 11.02.2025

Aufruf

Bündnis »Zusammen für Demokratie« startet bundesweite Aktion

Ein breites Bündnis setzt auf Banner mit klaren Botschaften - auch der Zentralrat der Juden in Deutschland macht mit

 11.02.2025

Pädagogik

»Synergien schaffen«

Shila Erlbaum über die nächste Fachtagung der Religionslehrer, didaktische Fragen und Feedback

von Katrin Richter  10.02.2025

Düsseldorf

Verlegerin der ersten Stunde

Gemeinsam mit ihrem Mann gab Lilli Marx das »Jüdische Gemeindeblatt für die Britische Zone« heraus. Nun zeigt eine Ausstellung die Lebensgeschichte der Publizistin

von Jan Popp-Sewing  09.02.2025

Porträt der Woche

Die Rohstoff-Rebellin

Viktoria Kanar hat eine Firma gegründet, um Textilabfall zu recyceln

von Gerhard Haase-Hindenberg  09.02.2025

Ortstermin

Warum ein syrischer Kurde in Freiburg ein israelisches Restaurant eröffnet hat - trotz allem

Eine Geschichte von Mut und Haltung

von Anja Bochtler  09.02.2025

Frankfurt

Sein Leben, ihre Bühne

Die WIZO lud zu einer Aufführung von Georg Kreislers Stück »Heute Abend: Lola Blau«

von Laura Vollmers  09.02.2025