wahlen

Kontinuität oder Wandel?

Der neue Vorstand: Mircea Ionescu, Alexandra Khariakova, Irith Michelsohn, Michael Heimann und Daniel Schaban (v.l.n.r.) Foto: privat

Die Union progressiver Juden (UpJ) hat einen neuen Vorstand gewählt. Dieser möchte nun nach vorn schauen. Doch die Mitgliederversammlung der Vereinigung liberaler Gemeinden in Deutschland vergangenen Sonntag in Berlin wurde von der Kontroverse um ihren bisherigen Vorsitzenden Walter Homolka überschattet.

Der umstrittene Rabbiner war zwar nicht erneut für die Wahl zum Vorsitz der UpJ angetreten. Unionsinterne Kritiker sehen in der Wahl Irith Michelsohns als seiner Nachfolgerin aber keinen entschiedenen Bruch mit der Vergangenheit.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Rebecca Seidler, Geschäftsführerin der Liberalen Jüdischen Gemeinde Hannover, nennt das Wahlergebnis im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen »frustrierend«. Sie sagt: »Der neue Vorstand besteht weiterhin aus Personen, die Walter Homolka unterstützen.«

Seidler und der Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden von Niedersachsen, dem sie vorsitzt, haben sich früh gegen Homolka ausgesprochen, nachdem im Mai dieses Jahres erstmals der gegen ihn gerichtete Vorwurf des Machtmissbrauchs, insbesondere in seiner Funktion als Leiter der liberalen Rabbinerausbildungsstätte Abraham Geiger Kolleg (AGK), öffentlich geworden war.

Untersuchung Eine Untersuchungskommission der Universität Potsdam, an der das AGK angesiedelt ist, bestätigte jüngst den Vorwurf des Machtmissbrauchs. Eine vom Zentralrat der Juden beauftragte Anwaltskanzlei kommt in einem vorläufigen Executive Summary ihrer Untersuchung zu demselben Ergebnis.

Homolka weist beide Berichte zurück. In einem Brief an die UpJ-Mitgliedsgemeinden schrieb er, sich »keiner Schuld bewusst« zu sein. Für den UpJ-Vorsitz habe er deshalb nicht erneut antreten wollen, um »eine unbelastete Beschlussfassung der Union« zu gewährleisten.

Bei Tamar, einer Organisation für junge liberale Jüdinnen und Juden, wird derzeit über einen Austritt aus der Union nachgedacht.

Auf die neue Vorsitzende Irith Michelsohn, außerdem Vorsitzende der Jüdischen Kultusgemeinde Bielefeld und bis Juni 2022 Geschäftsführerin der UpJ, entfielen nun 59 der 94 Stimmen, die nach einem Proporzschlüssel auf die 27 Gemeinden und vier Institutionen der UpJ verteilt sind. Für Rebecca Seidler ist die aus ihrer Sicht knappe Wahl »ein Zeichen, dass ein Spalt durch die UpJ geht«.

Michelsohn widerspricht: »Das ist ein eindeutiges Votum.« Gegenkandidaten gab es nicht. »Wenn man etwas anderes gewollt hätte, hätte man auch kandidieren müssen«, kritisiert Michelsohn gegenüber dieser Zeitung. Sie möchte jetzt in die Zukunft blicken und »die Union dahin bringen, wo sie einmal war«. Das hieße, sie wieder »erfolgreich« machen, »auch nach außen hin«.

Auf Grundlage eines Beschlusses der Mitgliederversammlung werde der neue Vorstand unabhängig von der aktuellen Situation eine Anwaltskanzlei mit der Erarbeitung von Compliance-Regeln, also Richtlinien für rechtlich korrektes Verhalten, beauftragen, so Michelsohn. Ein weiteres wichtiges Ziel sei die Ausweitung der Jugendarbeit. Neben ihr wurden außerdem Alexandra Khariakova als Stellvertreterin, Daniel Schaban und Mircea Ionescu als weitere Mitglieder sowie Michael Heimann als Schatzmeister in den Vorstand der UpJ gewählt.

Achim Doerfer war bei dem UpJ-Treffen dabei und spricht von einer »verpassten Chance«. Die geplanten Compliance-Regeln nennt er »Kosmetik«.

Letzterer bittet auch die kritisch eingestellten Mitglieder um Geduld. »Sie sollen erst einmal abwarten, was der neue Vorstand tatsächlich macht«, sagte der Vorsitzende der Kultuskommission der Reformsynagoge der Jüdischen Gemeinde Hamburg im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. Die Neugewählten müssten jetzt zeigen, »dass ihnen ein Neustart gelingen kann und sie die verschiedenen Gruppen in der UpJ wieder zusammenbringen«, so Heimann.

Chance Achim Doerfer war bei dem UpJ-Treffen dabei und spricht von einer »verpassten Chance«. Die geplanten Compliance-Regeln nennt der stellvertretende Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Göttingen »Kosmetik«.

Auch Yahel Viering vom UpJ-Mitglied Tamar, einer Organisation für junge liberale Jüdinnen und Juden, ist von dem Ergebnis der Mitgliederversammlung enttäuscht. »Das entspricht nicht dem Strukturwandel, den wir erwartet haben«, sagte der erste Vorsitzende von Tamar dieser Zeitung. Der 21-Jährige fordert einen »Abschluss mit Homolka« und einen »echten Sinneswandel in der UpJ«. Dass dies unter dem neuen Vorstand geschieht, glaubt er wohl nicht mehr: Bei Tamar werde derzeit über einen Austritt aus der UpJ nachgedacht.

Sachsen

Landesbeauftragter: Jüdisches Leben auch in Sachsen gefährdet

Die Hemmschwelle, in eine Synagoge zu gehen, sei größer geworden, sagt Thomas Feist (CDU)

 25.04.2024

Pessach

Vertrauen bewahren

Das Fest des Auszugs aus Ägypten erinnert uns daran, ein Leben in Freiheit zu führen

von Charlotte Knobloch  22.04.2024

Pessach

Das ist Juden in Deutschland dieses Jahr am wichtigsten

Wir haben uns in den Gemeinden umgehört

von Christine Schmitt, Katrin Richter  22.04.2024

Bayern

Gedenkveranstaltung zur Befreiung des KZ Flossenbürg vor 79 Jahren

Vier Schoa-Überlebende nahmen teil – zum ersten Mal war auch der Steinbruch für die Öffentlichkeit begehbar

 21.04.2024

DIG

Interesse an Israel

Lasse Schauder über gesellschaftliches Engagement, neue Mitglieder und die documenta 15

von Ralf Balke  21.04.2024

Friedrichshain-Kreuzberg

Antisemitische Slogans in israelischem Restaurant

In einen Tisch im »DoDa«-Deli wurde »Fuck Israel« und »Free Gaza« eingeritzt

 19.04.2024

Pessach

Auf die Freiheit!

Wir werden uns nicht verkriechen. Wir wollen uns nicht verstecken. Wir sind stolze Juden. Ein Leitartikel zu Pessach von Zentralratspräsident Josef Schuster

von Josef Schuster  19.04.2024

Sportcamp

Tage ohne Sorge

Die Jüdische Gemeinde zu Berlin und Makkabi luden traumatisierte Kinder aus Israel ein

von Christine Schmitt  18.04.2024

Thüringen

»Wie ein Fadenkreuz im Rücken«

Die Beratungsstelle Ezra stellt ihre bedrückende Jahresstatistik zu rechter Gewalt vor

von Pascal Beck  18.04.2024