Berlin

Konferenz der »Child Survivors«

Child Survivors: Melissa Hacker, Philipp Sonntag, Stephanie Setzer, Stephen Adler und Max Arpels Lezer (v.l.) Foto: Uwe Steinert

Unter dem Motto »Gerechtigkeit, Respekt, Frieden« veranstaltet der Weltverband der Child Survivors erstmals seine jährliche Tagung in Deutschland. Unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Joachim Gauck beginnt die viertägige Konferenz am Sonntag am Gendarmenmarkt. Erwartet werden über 350 Teilnehmer aus aller Welt, darunter auch viele Kinder und Enkelkinder der Child Survivors.

Bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Berlin betonte der Journalist Oliver Bradley im Namen der Veranstalter, dass es ein Zeichen der Reife sei, die jährliche Konferenz erstmals in der Bundesrepublik abzuhalten. Immerhin sei Deutschland nicht nur das Land der Täter, sondern auch der Wohnort vieler Überlebender.

Traumata Bradley, selbst Sohn von Child Survivors, erläuterte, dass die meisten der 25.000 Mitglieder des Weltverbands, die zur Nazizeit Kinder waren, heute etwa zwischen 75 und 85 Jahre alt seien. Ihr Leiden habe vor 1945 begonnen, aber nicht mit der Kapitulation des NS-Regimes geendet. Deshalb beschäftigten sich die Child Survivor auf ihrer Konferenz mit den psychologischen Nachwirkungen der Verfolgung in Form von Traumata.

Philipp Sonntag von den Child Survivors Deutschland verwies in diesem Zusammenhang auf die im Durchschnitt niedrigen Altersrenten vieler Betroffener, die schon aufgrund ihrer wegen der Verfolgung oft geringeren Schulbildung keine höheren Rentenansprüche erwerben konnten.

Manche NS-Täter bekämen heute eine Rente von 3000 Euro, viele der Child Survivors nur 300 Euro, sagte Sonntag. So setze sich auch auf materieller Ebene das Leid bis heute fort, erläuterte Sonntag, dessen Mutter sich während der Schoa das Leben nahm, um ihren Sohn zu retten.

Respekt Max Arpels Lezer aus Amsterdam, der in Kooperation mit Philipp Sonntag die diesjährige Konferenz organisiert hatte, kommentierte das Tagungsmotto »Gerechtigkeit, Respekt, Frieden«: »Jeder von uns Überlebenden wünscht sich dort, wo er lebt, eine gerechte Behandlung durch unsere Mitbürger, das Rechtssystem und die Regierung.« Man fordere lediglich, wie jeder andere auch, Respekt. »Wenn wir ihn bekommen, dann dürfen wir hoffen, dass Frieden erreicht werden kann.«

Stefanie Seltzer, die Präsidentin des Weltverbands, berichtete, wie sich die Child Survivor im Jahr 1985 zusammenschlossen. Eine Überlebende habe damals formuliert: »Wir Child Survivor bekommen gesagt, wir würden uns nicht erinnern, weil wir zur NS-Zeit noch Kinder waren. Aber ich erinnere mich genau, wie die Nazis Kinder an den Beinen packten und gegen eine Wand schmetterten.«

Die Konferenz des Weltverbands der Child Survivors dient in erster Linie der Kommunikation zwischen den Schoa-Überlebenden sowie deren Kindern und Enkeln und ist deshalb nicht öffentlich. Lediglich einzelne Workshops, etwa über Antisemitismus heute oder über den Themenbereich »Holocaust Education« richten sich auch an andere Teilnehmer.

Ausstellung Parallel zum Treffen der Child Survivors ist bis zum 31. August die Ausstellung »Jewish Child Survivors – Lost Childhood« im Centrum Judaicum, Oranienburger Straße 28/30, zu sehen.

Auf zehn Tafeln wird das Leid der jüdischen Kinder beschrieben, die von den Nazis zur Vernichtung bestimmt waren. Ihr Überleben wird ebenso dokumentiert wie die medizinischen und psychischen Folgen der schweren Verluste und Entbehrungen. Biografien sowie künstlerische Werke der damaligen Kinder bereichern die historischen Fakten.

Die Ausstellung ist ein Projekt der Claims Conference in Kooperation mit der Agentur für Bildung, Geschichte und Medien, dem Pädagogischen Zentrum des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt und der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum.

Öffnungszeiten: Sonntag und Montag 10 Uhr bis 20 Uhr, Dienstag bis Donnerstag 10 bis 18 Uhr und Freitag 10 Uhr bis 17 Uhr.

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