Motiviert

Kinder, Küche, Kompetenz

Mehr Rechte für jüdische Frauen und Mädchen, Unterstützung für diejenigen, die es nicht allein schafften, ihr Judentum zu leben und Hilfe für die oft völlig mittellosen Zuwanderer aus Osteuropa – das waren die Ziele des am 15. Juni 1904 beim Internationalen Frauenkongress in Berlin von Bertha Pappenheim gegründeten »Jüdischen Frauenbunds«.

Nach dem Ende der Nazizeit wurde der Frauenbund im Jahr 1953 neu etabliert, damals gehörte zu den Hauptaufgaben, den Schoa-Überlebenden und den Rückkehrerinnen zu helfen. Und heute gehört Integration zu den Hauptaufgaben der Frauenbund-Vereine.

Zusammenarbeit Ludmilla Sarazinska ist die Leiterin des Frauenbundes in der Jüdischen Gemeinde Gelsenkirchen. Zwischen 40 und 60 Jahre ist die Mehrheit der 45 Mitglieder alt. »Wir treffen uns einmal im Monat und bieten Gespräche und Aktivitäten rund ums Thema Jüdischkeit.« Ganz wichtig sind dabei auch die Einladungen an die Frauenvereine anderer Städte, zusammen mit Essener Jüdinnen hatte man gerade eine Veranstaltung über »die jüdische Mutter, das war sehr interessant, denn jede hat etwas aus ihrem Leben erzählt«.

Auch das Programm des Mönchengladbacher Bundes ist bunt gemixt: jüdische gesunde Küche, Buchvorstellungen, Vorlesungen, Konzerte. »Zu Pessach hatten wir eine Veranstaltung, in der es darum ging, wie die Klassiker über Pessach geschrieben haben«, berichtet Leah Floh, eine der Gründerinnen des Vereins in der westdeutschen Gemeinde. Aber man ist auch sozial aktiv, besucht Kranke, wirkt »der Ausgrenzung im Alter entgegen« und arbeitet in der Chevrah Kadischa.

Kreativität Wer einen Frauenverein gründen will, dem rät Floh »nicht lange zu warten«. »Selbst aktiv werden – es gibt so viel kreatives Potenzial bei Frauen, das nur darauf wartet, gefördert zu werden.« Außerdem wirke sich ein Frauenbund »sehr positiv auf das Gemeindeleben aus«. Die Mönchengladbacherinnen hatten sich vor der Gründung beraten lassen, Larysa Konberg war sogar zu einem Seminar nach Bad Kissingen gereist.

»Wir können Starthilfe offerieren, über die Aufgaben aufklären und einen Überblick über die verschiedenen Aktivitäten geben sowie mit unseren Erfahrungen unterstützen«, erklärt Aviva Goldschmidt vom Vorstand des Jüdischen Frauenbunds Deutschland. Auch kleine finanzielle Starthilfen werden gewährt, zum Beispiel um Veranstaltungen möglich zu machen.

Für die 72-Jährige ist es »besonders schön, zu sehen, wie motiviert die Damen aus der ehemaligen Sowjetunion sind, ihre eigenen Wurzeln kennenzulernen und dass sie selbst merken, wie wichtig das für ihre Identität ist«. Frauen lernen einfacher und schneller, wenn sie unter sich sind, hat Goldschmidt beobachtet. »Sie blühen oft regelrecht auf.«

Selbstbewusstsein Für Zuwanderinnen sei die Tätigkeit in Frauenvereinen aus einem weiteren Grund wichtig: »Gerade diese Damen waren alle berufstätig. Mit der Zuwanderung erlebten sie, dass sich ihr Status drastisch veränderte, da sie zumeist nicht mehr in ihrem Beruf weiterarbeiten konnten. Sie fühlten sich zurückgeworfen – im Frauenbund konnten sie wieder etwas für sich selber tun.«

Und außerdem seien die Frauen stolz, dem Internationalen Rat jüdischer Frauen (ICJW) anzugehören – 2012 werden die deutschen Frauenbundlerinnen für die europäische Organisation in Berlin einen Kongress veranstalten.

Gleichwohl haben die rührigen Frauen ein Problem: Wie oft, wenn es um ehrenamtliche Arbeit geht, fehlen jüngere Mitglieder. Ende Mai will sich ein Seminar in Bad Kissingen unter anderem mit der Motivation für jüngere Frauen beschäftiten. Aus Saarbrücken werden Vertreterinnen ebenfalls teilnehmen, wie Birgit Beerman berichtet. »Die Jugend zu aktivieren wäre schon schön«, sagt Beerman, »aber das ist eben sehr schwierig, weil die mit Familie und Karriere beschäftigt ist.«

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Trauer

Mit gebrochenem Herzen

Die Israelitische Kultusgemeinde nahm Abschied von Rebbetzin Shoshana Brodman sel. A., die Anfang November nach langer Krankheit starb

von Esther Martel  02.12.2025

Kulturtage

»Weitermachen ist die einzige Chance«

»Jüdisches Leben in Deutschland – Heute und Morgen«: Ein Podium stellte die Frage nach gesellschaftlichen Dynamiken und Konsequenzen nach dem 7. Oktober

von Esther Martel  02.12.2025

Planegg

Historische Sensation

Eine Ausstellung erzählt vom Schicksal Jakob Hirschs, der 1818 als erster Jude in Bayern geadelt wurde

von Ellen Presser  02.12.2025

Köln

Bekenntnis zum Leben

Der WIZO-Ball sammelte Spenden für traumatisierte israelische Kinder

von Ulrike Gräfin Hoensbroech  02.12.2025

Interview

»Die Altersarmut bleibt«

Aron Schuster über das Ende des Härtefallfonds, Einmalzahlungen und Gerechtigkeit für jüdische Rentner

von Mascha Malburg  02.12.2025

Berlin

Israel-Flagge vor Rotem Rathaus eingeholt

Nach mehr als zwei Jahren wurde die Fahne am Dienstag vom Mast geholt. Die Hintergründe

 02.12.2025

Berlin-Charlottenburg

Verborgene Schätze im Innenhof

Gemeindemitglied Joachim Jacobs führt durch den wohl jüdischsten Bezirk der Hauptstadt

von Sören Kittel  01.12.2025