Jüdisches Leben muss nach Ansicht des Thüringer Landesrabbiners Alexander Nachama in Deutschland noch stärker Teil des Alltags werden. »Das Ziel ist sicherlich, dass jüdisches Leben in der Gesellschaft ganz selbstverständlicher Teil ist und entsprechend mitgedacht wird«, sagte er am Donnerstag in Erfurt im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur.
Als positives Zeichen dafür wertete Nachama die Einrichtung einer Synagoge und einer koscheren Küche in den Waldkliniken Eisenberg im Herbst. Damit hätte Thüringen dann vier jüdische Gotteshäuser, die von Gläubigen genutzt werden.
Synagoge Das Kreiskrankenhaus, von dem die Initiative ausging, finanziert das Projekt. Geplant ist ein 30 Quadratmeter großer Gebetsraum. Die Ausstattung wird in einem Kibbuz im Norden Israels gefertigt. Die Betreuung von Küche und Synagoge übernehme federführend der Berliner Rabbiner Yitshak Ehrenberg, der ein anerkannter Experte auf dem Gebiet der koscheren Küche sei, so Nachama.
Die Klinikleitung hoffe, durch das Angebot jüdische Patienten aus ganz Europa anzusprechen. Als Fachklinik für Orthopädie ist das Krankenhaus über die Region hinaus bekannt.
Mitglieder Nachama zufolge entwickelt sich die Jüdische Landesgemeinde in Thüringen gut. 1989 habe sie nur noch 26 Mitglieder gezählt, inzwischen seien es rund 700. »Es ist natürlich immer abhängig von einzelnen Personen und Initiativen. Auf der anderen Seite ist es wichtig, dass wir uns als Landesgemeinde offen für Ideen zeigen«, so der Rabbiner.
Zugleich spüre auch die Landesgemeinde aber antisemitische Strömungen in der Gesellschaft. Regelmäßig gebe es auf den 34 jüdischen Friedhöfen im Freistaat Schmierereien auf Grabsteinen.
Es werde diskutiert, ob man noch angstfrei in der Öffentlichkeit eine Kippa tragen könne. »Und wir merken, wie bestimmte Politiker mit ihren Formulierungen in eine antisemitische Richtung provozieren. Das alles sind Zeichen dafür, dass jüdisches Leben doch noch infrage gestellt wird«, so Nachama. kna