Migration

»Jüdische Zuwanderung ist seit 30 Jahren eine Erfolgsgeschichte«

Russisch-jüdische Zuwanderer kurz nach ihrer Ankunft in Köln im Juni 1996 vor dem städtischen Wohnungsamt Foto: Herby Sachs / version

Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat die jüdische Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion nach Deutschland 30 Jahre nach ihrem Beginn als Erfolgsgeschichte bezeichnet. Zugleich sei es noch ein langer Weg, »bis die Existenz des Judentums in Deutschland nachhaltig und längerfristig gesichert ist«, sagte Klein.

Vor 30 Jahren, am 9. Januar 1991, hatten die Ministerpräsidenten eine Regelung zur Aufnahme von Juden aus der Ex-Sowjetunion beschlossen. Seitdem kamen rund 220.000 Juden nach Deutschland - in manchen Städten wurden dadurch erst Gemeinden gegründet. Laut Zentralrat der Juden gibt es heute rund 96.000 Mitglieder in den 105 Gemeinden, die zum Zentralrat gehören.

Ein Problem: Anders als Spätaussiedler können jüdische Zuwanderer ihre in den Herkunftsländern geleisteten Berufsjahre für die Rente nicht anrechnen lassen.

»Das jüdische Leben, wie es vor 1933 in Europa existierte, ist uns für immer verloren gegangen. Wir müssen aber alles in unserer Macht Stehende tun, damit auch in Zukunft jüdische Menschen Deutschland ihr Zuhause nennen können«, betonte Klein. Politik und Verwaltung stünden dafür in engem Kontakt mit den jüdischen Organisationen.

DEMOGRAFIE Klein verwies darauf, dass es Probleme mit sinkenden Mitgliederzahlen und der Demografie in den Gemeinden sowie finanzielle Schwierigkeiten gebe. Anders als Spätaussiedler können jüdische Zuwanderer ihre in den Herkunftsländern geleisteten Berufsjahre für die Rente nicht anrechnen lassen.

Derzeit arbeiten Klein zufolge Bund und Länder an einer gemeinsamen Errichtung eines Härtefallfonds für ostdeutsche Rentner, die sich durch die Rentenüberleitung benachteiligt sehen. Auf diesem Wege sollten finanzielle Härten abgemildert werden. Außerdem solle eine »finanzielle Anerkennung entstandener Enttäuschungen und individuell wahrgenommener Ungerechtigkeiten« bei Betroffenen erreicht werden.

Derzeit arbeiten Klein zufolge Bund und Länder an einer gemeinsamen Errichtung eines Härtefallfonds für ostdeutsche Rentner, die sich durch die Rentenüberleitung benachteiligt sehen.

»Die nach dem Koalitionsvertrag mögliche Übertragung der im Rentenüberleitungsprozess avisierten Lösung auf die Gruppen der jüdischen Zuwanderer und der Spätaussiedler befindet sich derzeit in Abstimmung«, sagte Klein. Hierbei müssten noch »wesentliche Fragen« insbesondere auch zur Finanzierung geklärt und eine Zustimmung der entsprechenden Entscheidungsträger herbeigeführt werden.

REGELN Klein erinnerte daran, dass der Zuzug von Juden dafür gesorgt habe, dass in Deutschland heute die drittgrößte jüdische Gemeinschaft in Europa existiere. Seit Mitte der 2000er-Jahre habe sich der Zuzug deutlich verringert. »Ein wichtiger Grund waren auch die strikteren Einreiseregelungen, die ab 2004 von der Innenministerkonferenz mit dem Ziel der besseren Integration der Neuankömmlinge angestoßen worden sind.«

Die Aufnahmeregelung für jüdische Kontingentflüchtlinge wurde 2005 vom neuen Zuwanderungsgesetz abgelöst. »Die Neuregelung sollte das Aufnahmeverfahren stärker auf die Integrationsbedürfnisse sowohl der jüdischen Gemeinden als auch der Kommunen ausrichten.« Daran hatte es auch Kritik gegeben.

Klein verwies darauf, dass 2020 Erleichterungen beschlossen worden seien, etwa für den Familiennachzug betagter jüdischer Eltern sowie jüdischer Ehepartner. Auch werde keine Integrationsprognose für behinderte Erwachsene im Familienverbund erstellt. kna

Immobilie

Das jüdische Monbijou

Deutschlands derzeit teuerste Villa auf dem Markt steht auf Schwanenwerder und soll 80 Millionen Euro kosten. Hinter dem Anwesen verbirgt sich eine wechselvolle Geschichte

von Ralf Balke  22.12.2025

Erfurt

Die Menschen halfen einander

Pepi Ritzmann über ihre Kindheit in der Gemeinde, ihre Familie und Antisemitismus. Ein Besuch vor Ort

von Blanka Weber  22.12.2025

Geburtstag

Holocaust-Überlebender Leon Weintraub wird 100 Jahre alt

Dem NS-Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau entkam Leon Weintraub durch eine Augenblicks-Entscheidung. Heute warnt er als Zeitzeuge in Schulklassen vor Rechtsextremismus. Am 1. Januar feiert er seinen 100. Geburtstag

von Norbert Demuth  22.12.2025

Didaktik

Etwas weniger einseitig

Das Israel-Bild in deutschen Schulbüchern hat sich seit 2015 leicht verbessert. Doch der 7. Oktober bringt neue Herausforderungen

von Geneviève Hesse  22.12.2025

In eigener Sache

Die Jüdische Allgemeine erhält den »Tacheles-Preis«

Werteinitiative: Die Zeitung steht für Klartext, ordnet ein, widerspricht und ist eine Quelle der Inspiration und des Mutes für die jüdische Gemeinschaft

 21.12.2025

Meinung

Es gibt kein Weihnukka!

Ja, Juden und Christen wollen und sollen einander nahe sein. Aber bitte ohne sich gegenseitig zu vereinnahmen

von Avitall Gerstetter  20.12.2025

Aufgegabelt

Apfel-Beignets

Rezept der Woche

von Katrin Richter  20.12.2025

Porträt

Am richtigen Ort

Arie Oshri ist Koch, Dragqueen und lebt in seiner Wahlheimat Berlin

von Alicia Rust  20.12.2025

Umbenennung

Yad-Vashem-Straße in Berlin: Wegner will schnelle Umsetzung

Nach der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem soll ein Straßenabschnitt im Herzen von Berlin benannt werden. Der Regierende Bürgermeister hofft auf eine schnelle Umsetzung

von Jonas Grimm  18.12.2025