Köln

In liberaler Tradition

Selbstständig, neugierig und warmherzig: Henry Gruen sel. A. Foto: Kathrin Kiss-Elder

»Die Jüdische Liberale Gemeinde Köln hat nicht nur eine Gegenwart und Zukunft. Sie ist auch in der Kontinuität einer bewegten Vergangenheit anzusiedeln. Meine Eltern und ich haben beide Gemeinden aktiv erlebt.« Henry Gruen, 1923 in Köln geboren, erinnerte 2001 bei der Eröffnung ihrer Gemeinderäume an deren Wurzeln. Bis zuletzt gehörte er ihrem Vorstand an. Am 14. November ist Henry Gruen im Alter von 90 Jahren in Köln verstorben. Sein lebenslanges Wirken repräsentiert das liberale Judentum, mit all seinen Kontinuitäten und schmerzhaften Brüchen.

Jawne Geboren wird Henry Gruen am 30. Mai 1923 in Köln unter dem Namen Heinz Grünebaum. Er wächst in einem liberalen jüdischen Elternhaus auf, wird 1929 in die jüdische Grundschule Lützowstraße eingeschult, 1933 wechselt er an das jüdische Reformgymnasium Jawne unter ihrem Schulleiter Erich Klibansky. Die Schule hat am Ende 400 Schüler, darunter Erwin Schild, Adolf Grünbaum und Jakob Moneta.

Die umfangreiche väterliche Bibliothek und das regelmäßige Klavierspiel prägen ihn. 1935 wird der begeisterte Fußballspieler aus rassistischen Gründen aus seinem Fußballverein ausgeschlossen – ein Schock für den jungen Mann.

Kindertransport Im November 1938 erlebt er die Zerstörung der Ehrenfelder Synagoge. Im Januar 1939 gelangt er gemeinsam mit seinem Freund Walter Braun mit einem Kindertransport nach England. Etwa 130 Jawne-Schüler können gerettet werden. Der damalige Abschied von seinen Eltern blieb ein ewiger – 1944 werden sie in Auschwitz ermordet.

Im selben Jahr wird Henry Gruen in London Chemiker, 1947 siedelt in die USA über, arbeitet dort erfolgreich in der Chemieindustrie. 1959 kommt er das erste Mal wieder nach Köln: »Dieser Besuch war schwierig. Er hatte etwas Traumhaftes an sich, weil es wie das Eintreten in eine Landschaft war, die vielleicht gar nicht existiert hat«, wird er später darüber berichten. 25 Jahre lang spricht er kein Wort Deutsch – und vermisst doch die Muttersprache.

Rückkehr 1971 entschließt er sich – mit tiefer Ambivalenz – zu einer Rückkehr ins Rheinland. In den 90er-Jahren engagiert er sich in Köln im Jüdischen Forum, beteiligt sich am Aufbau der jüdischen liberalen Gemeinde Gescher LaMassoret – übersetzt: »Brücke zur Tradition«. In den letzten Jahren hat dieser nachdenkliche, zierliche, lebendige Mann dem Drängen von Freunden nachgegeben und ist gelegentlich als Zeitzeuge aufgetreten. Vor wenigen Wochen beteiligte er sich noch an der Eröffnung der Kindertransporte-Ausstellung im Kölner LVR-Gebäude.

Sein Freund Rafi Rothenberg bemerkt in seiner Trauerrede: »Lieber Henry, ich wollte schon immer so altern wie du, selbstständig, neugierig, aktiv, warmherzig, zuversichtlich und mit ganz viel Energie und Lebensfreude. Lieber Henry, ich bin sicher, falls du da, wo du gerade bist, zufällig mit Gott diskutieren wirst; du wirst auch ihm sicherlich ins Wort fallen und mit lauter Stimme rufen: ›Hör mir mal zu!‹«

Ratsversammlung

»Die Gemeinden sind das Rückgrat der jüdischen Gemeinschaft«

In Frankfurt kamen 90 Delegierte aus den Landesverbänden zusammen, um aktuelle Anliegen und Sorgen zu besprechen. Gastredner war Kulturstaatsminister Wolfram Weimer

von Katrin Richter  03.12.2025

Jewish Quiz

»Fast wie bei den Samstagabend-Shows«

Am Wochenende raten in Frankfurt über 500 Jugendliche um die Wette. Dabei geht es um mehr als bloße Wissensabfrage, betonen die Organisatoren der Veranstaltung

von Helmut Kuhn  03.12.2025

Berlin

Ein Nachmittag voller Licht

Mitzwa Express lädt zum traditionellen Chanukka-Basar in die Synagoge Pestalozzistraße ein

 03.12.2025

Chemnitz

Sachsen feiert »Jahr der jüdischen Kultur«

Ein ganzes Jahr lang soll in Sachsen jüdische Geschichte und Kultur präsentiert werden. Eigens für die Eröffnung des Themenjahres wurde im Erzgebirge ein Chanukka-Leuchter gefertigt

 03.12.2025

Programm

Termine und TV-Tipps

Termine und Tipps für den Zeitraum vom 4. Dezember bis zum 10. Dezember

 03.12.2025

Berlin

Prozess um Attentat am Holocaust-Mahnmal fortgesetzt

Das überlebende Opfer, der 31-jährige spanische Tourist Iker M., wollte am Mittwoch persönlich vor dem Kammergericht aussagen

 03.12.2025

Trauer

Mit gebrochenem Herzen

Die Israelitische Kultusgemeinde nahm Abschied von Rebbetzin Shoshana Brodman sel. A., die Anfang November nach langer Krankheit starb

von Esther Martel  02.12.2025

Kulturtage

»Weitermachen ist die einzige Chance«

»Jüdisches Leben in Deutschland – Heute und Morgen«: Ein Podium stellte die Frage nach gesellschaftlichen Dynamiken und Konsequenzen nach dem 7. Oktober

von Esther Martel  02.12.2025

Planegg

Historische Sensation

Eine Ausstellung erzählt vom Schicksal Jakob Hirschs, der 1818 als erster Jude in Bayern geadelt wurde

von Ellen Presser  02.12.2025