Yorai Feinberg

»Ich mache weiter!«

Yorai Feinberg Foto: Gregor Zielke

Herr Feinberg, Sie sind vergangenen Dezember einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden. Damals filmten Sie mit Ihrem Handy, wie ein Mann Sie vor Ihrem Restaurant massiv antisemitisch beleidigte. Sind die Anfeindungen seitdem weniger geworden?
Leider nicht. Sie werden immer mehr.

Wie macht sich das bemerkbar?
Allein in den ersten drei Tagen nach der Veröffentlichung des Videos gab es unzählige weitere Beschimpfungen, Drohungen und auch einschüchternde Aktionen vor Ort in meinem Restaurant. Seitdem ist es etwas weniger geworden, aber es klingelt immer noch regelmäßig das Telefon, und mir schallt »Heil Hitler!« oder »Dreckiger Jude!« entgegen. Im Internet wird mein israelisches Restaurant häufig antisemitisch verunglimpft. Vor einiger Zeit hat eine Gruppe von jungen Männern Knallkörper vor das Restaurant geworfen und die Gäste erschreckt. Und im Internet war kürzlich zu lesen, dass junge Männer einen Angriff auf mein Restaurant planten.

Wissen Sie, von wem die Angriffe stammen?
Die meisten gehen auf erkennbar türkisch- und arabischstämmige Migranten zurück. Schätzungsweise fünf oder zehn Prozent der Anfeindungen gehen auf das Konto von »Biodeutschen«.

Wie gehen Sie damit um? Erstatten Sie jedes Mal Anzeige?
Nicht mehr. Früher habe ich das getan. Aber mit Ausnahme des in den Medien sehr präsenten Angriffs, den ich gefilmt habe, sind alle Anzeigen eingestellt worden.

Vergangene Woche nun haben Sie die gesammelten Hassmails an Sie von einem besonders obsessiven Mann ausgedruckt und auf Facebook gestellt. Facebook hat Sie daraufhin gesperrt. Warum?
Das wüsste ich auch gerne. Facebook macht dazu keine Angaben. Das einzige, was ich erhalten habe, ist eine automatisch generierte Mail. Darin steht, ich hätte gegen die Standards von Facebook verstoßen. Dabei verbreite ich keinen Antisemitismus, sondern mache lediglich auf Judenhass aufmerksam. Und anonymisiert waren die Hassmails auch. Selbst die Leute, die meinen Beitrag geteilt haben, wurden auf Facebook gesperrt. Eine seltsame Art und Weise, mit dem Thema Antisemitismus umzugehen.

Sie hatten wegen der Hassmails Anzeige bei der Polizei erstattet. Mit welcher Reaktion?
Die Berliner Polizei und die Staatsanwaltschaft haben bisher nicht wirklich auf die antisemitischen Mails reagiert.

Erhalten Sie auch Unterstützung?
Zum Glück ja. Viele Journalisten melden sich und machen auf meine Situation aufmerksam. Es gibt auch einige Lokalpolitiker, die mir ihre Hilfe anbieten. Man merkt, dass das keine Floskel, sondern ernst gemeint ist. Auch die Jüdische Gemeinde zu Berlin und ihr Repräsentant Mike Delberg helfen mir. Besonders habe ich mich über die Unterstützung von Felix Klein gefreut, dem Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus. Klein hat angekündigt, das Gespräch mit den Sicherheitsbehörden zu suchen, damit sich mit Blick auf die erstatteten Anzeigen etwas bewegt.

Wie gehen Sie mit den ganzen Anfeindungen um? Es war zu lesen, dass Sie überlegen, Deutschland zu verlassen …
Nein, nein, nein. Auf gar keinen Fall! Den Gefallen werde ich den Antisemiten nicht tun. Ich bleibe in Berlin und werde weitermachen. Aber ich bin nicht naiv: Der Judenhass nimmt zu, wir dürfen nicht untätig sein und müssen uns gegen die Anfeindungen wehren.

Das Gespräch mit dem deutsch-israelischen Gastronomen führte Philipp Peyman Engel.

Berlin

»So monströs die Verbrechen der Nazis, so gigantisch dein Wille, zu leben«

Leeor Engländer verabschiedet sich in einer berührenden Trauerrede von Margot Friedländer. Wir dokumentieren sie im Wortlaut

von Leeor Engländer  15.05.2025

Abschied

Eine letzte Verneigung

Die am 9. Mai verstorbene Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ist am Donnerstag in Berlin beigesetzt worden. An der Trauerfeier nahmen neben Wegbegleitern auch die gesamte Staatsspitze teil

von Markus Geiler  15.05.2025

Berlin

Große Anteilnahme bei Beisetzung von Margot Friedländer

Knapp eine Woche nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende beigesetzt. Zu der Trauerfeier kommen viele Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft

 15.05.2025 Aktualisiert

Jahrestag

Erben der Erinnerung

Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau gedachten Schoa-Überlebende sowie Vertreter aus Politik und Gesellschaft der Befreiung vor 80 Jahren

von Vivian Rosen  15.05.2025

Gedenkstunde

»Der Sieg ist auch der Sieg der Gefallenen«

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern ehrte die jüdischen Soldaten mit einer Kranzniederlegung

von Vivian Rosen  15.05.2025

Essen

Blumen aus Lotan

Ein Team des Kibbuz im Negev ist zu Gast in der Alten Synagoge, um Jugendlichen Ökologie, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit näherzubringen

von Stefan Laurin  15.05.2025

Berlin

Margot Friedländer wird beigesetzt

Auch knapp eine Woche nach dem Tod von Margot Friedländer trauern viele Menschen um die Frau, die als Holocaust-Überlebende für Menschlichkeit eintrat. Zu ihrer Beisetzung kommen hochrangige Gäste

 15.05.2025

Magdeburg

Mehr antisemitische Vorfälle in Sachsen-Anhalt

Direkt von Anfeindungen betroffen waren laut Rias 86 Personen und in 47 Fällen Einrichtungen

 14.05.2025

Gießen

Tora im Herbst?

Die Jüdische Gemeinde braucht dringend eine neue Rolle. Der Vorstand fand einen Sofer in Bnei Brak. Im Oktober soll sie fertig sein. Schirmherr der Spendenaktion wird Ex-Ministerpräsident Volker Bouffier

von Helmut Kuhn  13.05.2025