München

Gepackte Koffer, Iran und EMG

Zentralratspräsident Josef Schuster und Peter Schmalz, stellvertretender Vorsitzender des PresseClubs (r.) Foto: Robert Auerbacher

Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt als Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland war am Mittwoch Josef Schuster Hauptgast im Münchner PresseClub. Anfänglich vom stellvertretenden Vorsitzenden des Clubs, Peter Schmalz, später von den geladenen Medienvertretern befragt, wünschte man sich von Schuster vor allem Information und Stellungnahmen zu brisanten Themen.

So fiel das unvermeidbare Stichwort von den »gepackten Koffern«, auf denen in der Nachkriegszeit die meisten jüdischen Familien vermeintlich saßen, weil sie Deutschland nur als Durchgangsstation betrachteten. Unter Werner Nachmann als Präsident des Zentralrats sei es dann wirklich darum gegangen, die jüdischen Gemeinden mit Zukunftsperspektive in Deutschland zu etablieren, sagte Schuster.

Kontingentflüchtlinge Die Integration der Kontingentflüchtlinge – dann in den 90ern – »muss als Erfolg verbucht werden«, betonte er. Es sei nicht nur darum gegangen, die Neuankömmlinge in den jüdischen Gemeinden, sondern auch in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. »Und das haben wir hinbekommen.«

Zu dem Einwurf, »auch Übertritte könnten die Gemeinden vergrößern«, befand Schuster, dass Giurim sehr gut überlegt und deshalb nicht leicht zu haben sein sollten. Ob es so etwas wie eine moralisch mahnende Funktion des Zentralrats gebe, wurde weiter gefragt. »In der Satzung steht davon jedenfalls nichts«, antwortete Schuster. Dennoch werde er von den Medien häufig in diese Rolle gedrängt: »Das finden sie interessant.«

Schließlich die Frage nach den Stolpersteinen, die in München derzeit heiß diskutiert würde. In Schusters Heimatstadt Würzburg seien sie längst verlegt, betonte Schuster. »Und ich beobachte gerne, wie sich die Menschen, über den Boden gebeugt, damit beschäftigen«. Es sei eine gute Form des Gedenkens, findet er, »sicher nicht die allein seligmachende«.

Sicherheit Auf die »eigentliche« Frage des Abends »Fühlen sich Juden in Deutschland 2015 noch sicher?«, antwortete der Zentralratspräsident mit: »Ja«. Auch wenn über den neuen Antisemitismus ernsthaft nachzudenken sei. Und er bleibe dabei, dass es »in einigen Problemvierteln mit hohem muslimisch-arabischem Bevölkerungsanteil nicht ratsam ist, sich offen als Jude zu zeigen«. Er wünsche sich Schulen mit islamischem Religionsunterricht von gut ausgebildeten Religionslehrern in der Unterrichtssprache Deutsch.

Das Atomabkommen mit dem Iran sieht Schuster kritisch. Noch immer wolle der Iran Israel von der Landkarte tilgen. Lieber wolle er über »an Wunder grenzende Ereignisse« reden. Dass die Makkabiade erstmals nach der Schoa in Berlin stattfinde, sei so eins. »Und wenn am Ende meiner Amtszeit auf den Polizeischutz jüdischer Einrichtungen verzichtet werden könnte, würde auch das ein Wunder sein.« Und vielleicht werde irgendwann aus dem Zentralrat der Juden in Deutschland der Zentralrat der deutschen Juden.

Jom Haschoa

Geboren im Versteck

Bei der Gedenkstunde in der Münchner Synagoge »Ohel Jakob« berichtete der Holocaust-Überlebende Roman Haller von Flucht und Verfolgung

von Luis Gruhler  05.05.2025

Berlin/Potsdam

Anderthalb Challot in Apartment 10b

In Berlin und Potsdam beginnt am 6. Mai das Jüdische Filmfestival. Die Auswahl ist in diesem Jahr besonders gut gelungen

von Katrin Richter  05.05.2025

Sehen!

Die gescheiterte Rache

Als Holocaust-Überlebende das Trinkwasser in mehreren deutschen Großstädten vergiften wollten

von Ayala Goldmann  04.05.2025 Aktualisiert

Nachruf

»Hej då, lieber Walter Frankenstein«

Der Berliner Zeitzeuge und Hertha-Fan starb im Alter von 100 Jahren in seiner Wahlheimat Stockholm

von Chris Meyer  04.05.2025

Essay

Das höchste Ziel

Was heißt es eigentlich, ein Mensch zu sein? Was, einer zu bleiben? Überlegungen zu einem Begriff, der das jüdische Denken in besonderer Weise prägt

von Barbara Bišický-Ehrlich  04.05.2025

Zusammenhalt

Kraft der Gemeinschaft

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern feierte das Fest der Freiheit im Geiste von Tradition und Herzlichkeit

von Rabbiner Shmuel Aharon Brodman  03.05.2025

Porträt der Woche

Die Zeitzeugin

Assia Gorban überlebte die Schoa und berichtet heute an Schulen von ihrem Schicksal

von Christine Schmitt  03.05.2025

München

Anschlag auf jüdisches Zentrum 1970: Rechtsextremer unter Verdacht

Laut »Der Spiegel« führt die Spur zu einem inzwischen verstorbenen Deutschen aus dem kriminellen Milieu Münchens

 02.05.2025

Auszeichnung

Margot Friedländer erhält Großes Verdienstkreuz

Die Holocaust-Überlebende Margot Friedländer erhält das große Verdienstkreuz der Bundesrepublik. Steinmeier würdigt ihr Lebenswerk als moralische Instanz

 02.05.2025