Jeanette-Wolff-Medaille

»Es ist meine Mission«

Starke Worte: Preisträgerin Margot Friedländer Foto: Screenshot

Am beeindruckendsten waren die wenigen, aber eindringlichen und sehr persönlichen Worte, die Margot Friedländer nach der Preisverleihung an das Publikum richtete.

Klein und zierlich, verschwand die 99-Jährige fast hinter dem Rednerpult. Umso größer wirkten ihre frei gesprochenen Worte. Groß ist ihr Beitrag zur Erinnerungskultur, für den die Holocaust-Überlebende am Sonntag mit der Jeanette-Wolff-Medaille der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit geehrt wurde. Die Berliner Ehrenbürgerin erhielt die Auszeichnung für besondere Verdienste im christlich-jüdischen Dialog bei einer Festveranstaltung in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

dank Groß war auch der Dank an sie als eine der wenigen letzten Zeitzeugen der Schoa, die die Erinnerung aufrechterhält und sich bis ins hohe Alter für Aufklärung und gegen Antisemitismus einsetzt. »Es ist meine Mission, dass ich das mache«, beschrieb Margot Friedländer die Motivation ihres langjährigen Engagements.

Oft dreimal pro Woche war sie bis zum Beginn der Pandemie zu Gast in Schulen, um zu erzählen von ihrem Leben, ihrem Überleben der Schoa als einziges Mitglied einer jüdischen Familie. Bis ins hohe Alter legt Margot Friedländer Zeitzeugenschaft ab und ist dabei – neben Buch- und Filmprojekten – insbesondere im Austausch mit Jugendlichen.

Mit der Ehrung Friedländers wurde die diesjährige Berliner Woche der Brüderlichkeit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit eröffnet.

Mit der Ehrung Friedländers wurde die diesjährige Berliner Woche der Brüderlichkeit der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit eröffnet. Martin Germer, Pfarrer der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, betonte in seiner Begrüßung die Ehre und Freude darüber, dass die Festveranstaltung in der Gedächtniskirche stattfand und zudem überhaupt eine Präsenzveranstaltung möglich war. Aufklärung tue not angesichts der zunehmenden Zahl antisemitischer Straftaten, betonte Boris Ronis, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde zu Berlin, in seiner Ansprache. Da es nicht mehr viele Zeitzeugen gebe, stehe man hier vor neuen Herausforderungen. »Es müssen also neue Wege beschritten werden.«

motto Damit griff er das Motto der diesjährigen und zum 69. Mal stattfindenden Woche der Brüderlichkeit auf: »… zu Eurem Gedächtnis: Visual History«. Mit diesem Thema soll die Bedeutung visueller Medien für die Erinnerungs- und Gedenkkultur reflektiert werden.

»Das Internet hilft uns dabei. Virtuelle Archive mit Zeitzeugeninterviews, Fotodatenbanken und Filmarchive sind aber nur ein Teil neuer pädagogischer Vermittlungsansätze«, so der Rabbiner. Er verwies darauf, dass bereits vor 14 Jahren das staatlich anerkannte private Touro College Berlin mit dem Studiengang Holocaust Communication and Tolerance begonnen habe, neue Wege zu suchen. Die Jüdische Gemeinde unterstütze diese Art der Wissensvermittlung gerne durch Stipendien.

Auf Chancen und Herausforderungen der »Visual History« ging Anja Siegemund, Direktorin der Stiftung Neue Synagoge Berlin – Centrum Judaicum, in ihrer Festrede ein. Insbesondere der Aspekt, dass zukünftig immer weniger Zeitzeugen sich direkt an der Erinnerungskultur werden beteiligen können, habe die Zahl der Videoprojekte ansteigen lassen. »Wie gehen wir mit diesem Erbe der Zeitzeugenschaft würdig um?«

Anja Siegemund appellierte dabei an die Verantwortung der Produzenten, wenn es um das Eingreifen ins Filmmaterial, um Kürzungen oder Hervorhebungen geht. Interessant und wichtig seien auch niedrigschwellige Angebote, die Schicksale für neue Generationen zugänglich machen könnten. Dabei forderte sie zugleich höchste Vorsicht bei »digitalen Inszenierungen« und forderte einen verantwortungsvollen Umgang bei der Weiterentwicklung digitaler Formate.

Berlin

»So monströs die Verbrechen der Nazis, so gigantisch dein Wille, zu leben«

Leeor Engländer verabschiedet sich in einer berührenden Trauerrede von Margot Friedländer. Wir dokumentieren sie im Wortlaut

von Leeor Engländer  15.05.2025

Abschied

Eine letzte Verneigung

Die am 9. Mai verstorbene Holocaust-Überlebende Margot Friedländer ist am Donnerstag in Berlin beigesetzt worden. An der Trauerfeier nahmen neben Wegbegleitern auch die gesamte Staatsspitze teil

von Markus Geiler  15.05.2025

Berlin

Große Anteilnahme bei Beisetzung von Margot Friedländer

Knapp eine Woche nach ihrem Tod wird die Holocaust-Überlebende beigesetzt. Zu der Trauerfeier kommen viele Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft

 15.05.2025 Aktualisiert

Jahrestag

Erben der Erinnerung

Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Dachau gedachten Schoa-Überlebende sowie Vertreter aus Politik und Gesellschaft der Befreiung vor 80 Jahren

von Vivian Rosen  15.05.2025

Gedenkstunde

»Der Sieg ist auch der Sieg der Gefallenen«

Die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern ehrte die jüdischen Soldaten mit einer Kranzniederlegung

von Vivian Rosen  15.05.2025

Essen

Blumen aus Lotan

Ein Team des Kibbuz im Negev ist zu Gast in der Alten Synagoge, um Jugendlichen Ökologie, Achtsamkeit und Nachhaltigkeit näherzubringen

von Stefan Laurin  15.05.2025

Berlin

Margot Friedländer wird beigesetzt

Auch knapp eine Woche nach dem Tod von Margot Friedländer trauern viele Menschen um die Frau, die als Holocaust-Überlebende für Menschlichkeit eintrat. Zu ihrer Beisetzung kommen hochrangige Gäste

 15.05.2025

Magdeburg

Mehr antisemitische Vorfälle in Sachsen-Anhalt

Direkt von Anfeindungen betroffen waren laut Rias 86 Personen und in 47 Fällen Einrichtungen

 14.05.2025

Gießen

Tora im Herbst?

Die Jüdische Gemeinde braucht dringend eine neue Rolle. Der Vorstand fand einen Sofer in Bnei Brak. Im Oktober soll sie fertig sein. Schirmherr der Spendenaktion wird Ex-Ministerpräsident Volker Bouffier

von Helmut Kuhn  13.05.2025