München

Erinnerung und Würdigung

Diskutanten an der Bundeswehr-Hochschule Foto: UniBwM / Ch.Siebold

Bei der 32. Generalversammlung der Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER) wollten die Teilnehmer neben dem internen Austausch auch den Kontakt mit jungen Menschen aufnehmen, ihre Fragen zum Judentum beantworten. Ein besonderes Highlight dabei war das Gespräch mit Militärbundesrabbiner Zsolt Balla und der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, in der Universität der Bundeswehr München.

Deren Präsidentin Merith Niehuss begrüßte im Audimax der Hochschule Gäste und Studierende zu der Diskussionsveranstaltung mit dem Thema »1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland«. Sie freue sich über das Zustandekommen dieser Möglichkeit des Austauschs, sagte Niehuss.
Über die Jahrhunderte hätten Juden stets entscheidend die deutsche Kultur mitgeprägt, sagte IKG-Präsidentin Knob­loch in ihrem Einführungsbeitrag.

erster weltkrieg Wie sehr sich Menschen jüdischen Glaubens als Deutsche fühlten, unterstrich sie mit einem Beispiel aus der eigenen Familie: »Mein eigener gottseliger Vater, der 1889 bereits als emanzipierter bayerischer Bürger zur Welt gekommen war, kehrte verwundet und dekoriert aus dem Ersten Weltkrieg zurück. Er blieb zeitlebens stolz darauf, für sein Land gekämpft zu haben.«

Sie erinnerte daran, dass viele Tausende jüdische Männer damals dem Ruf an die Waffe gefolgt waren, rund 12.000 von ihnen kehrten nicht mehr zurück. Ihre Aufforderung: »An diese jüdischen Gefallenen zu erinnern, deren Andenken aus dem kulturellen Bewusstsein Deutschlands fast völlig getilgt wurde, ist eine bleibende Verpflichtung nicht nur für die deutschen Streitkräfte, sondern für die Gesellschaft insgesamt.«

Mit dem Aufbau der Bundeswehr und einer allgemeinen Wehrpflicht waren die Kinder von Schoa-Überlebenden zunächst von dieser Pflicht befreit.

Mit dem Aufbau der Bundeswehr und einer allgemeinen Wehrpflicht waren die Kinder von Schoa-Überlebenden zunächst von dieser Pflicht befreit. Dass heute die deutschen Streitkräfte mit Rabbiner Balla wieder einen Militärbundesrabbiner in ihren Reihen haben, bezeichnete Knobloch als ein »großes Glück und eine Entwicklung, die uns positiv stimmen sollte«.

karriere Auch Zsolt Balla stellte sich mit einem kurzen Einführungsreferat persönlich vor: »Ich bin ein Soldatenkind. Mein Vater war Offizier bei der ungarischen Armee. Ich habe viele Kasernen von innen gesehen.« Gleichwohl war weder eine Karriere beim Militär noch als Rabbiner damals das Ziel des Jungen. Nach dem Schulabschluss studierte er Ingenieurwissenschaften an der Universität Budapest.

Aufgewachsen war er ohne Verbindung zur Religion. Als er mit neun Jahren einmal einen christlichen Gottesdienst besuchen wollte, erklärte ihm seine Mutter, dass er Jude ist. Seine Großmutter gehörte zu den Menschen, die von dem schwedischen Diplomaten Raoul Wallenberg vor Deportation und Ermordung gerettet worden waren. Als Balla 2002 nach Deutschland kam, besuchte er in Berlin eine Talmud-Hochschule, später absolvierte er das Rabbinatsstudium. Seit 2021 ist er der erste Militärrabbiner in der Bundeswehr seit mehr als 100 Jahren.

Nach Ballas Vorstellung hatten die Studierenden der Bundeswehr-Uni Gelegenheit, Fragen zu stellen. Die Moderation übernahm Robert Langer von der Fakultät für Staats- und Sozialwissenschaften. Das Interesse war groß und die Fragen sehr vielfältig: Wird es auch Militärrabbinerinnen geben? Wie hoch ist der Anteil jüdischer Soldatinnen?

militärrabbinerinnen Zsolt Balla stand ausführlich Rede und Antwort: Unter dem Dach der Einheitsgemeinde könne es durchaus auch einmal Militärrabbinerinnen geben. Was den Frauenanteil betreffe, sei dieser im medizinischen Bereich besonders hoch. Balla betonte, dass er kein Antisemitismusbeauftragter und auch nicht für die politische Bildung in der Truppe verantwortlich sei. »Ich bin Seelsorger für die jüdischen Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr. Ich bin aber auch gern Ansprechpartner über Konfessionsgrenzen hinweg.«

Zugehörigkeit und Normalität seien heute in sichtbarer Reichweite, ergänzte Charlotte Knobloch. Sie seien »wichtige und nötige Ziele nicht nur für die jüdische Gemeinschaft, sondern für die deutsche Gesellschaft ganz allgemein«. Sie zu erreichen und das volle jüdisch-deutsche Potenzial auszuschöpfen, bedeutet deshalb, »für ein jüdisches Selbstbewusstsein zu werben, das Tradition, Kultur und auch Religion miteinander verbindet«.

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