#1700JlID

Entdecken, Erleben, Erinnern

Uwe Becker stellt gemeinsam mit Salomon Korn eine Broschüre zum jüdischen Leben in Frankfurt vor

von Brigitte Jähnigen  04.02.2021 09:46 Uhr

Die Broschüre: Typisch Frankfurterisch Foto: PR

Uwe Becker stellt gemeinsam mit Salomon Korn eine Broschüre zum jüdischen Leben in Frankfurt vor

von Brigitte Jähnigen  04.02.2021 09:46 Uhr

»David-Sternsche klingt irgendwie frankfurderisch?« Diese Frage wird in einer neuen Broschüre über jüdisches Leben in der Mainmetropole gestellt – und beantwortet. Denn »David-Sternsche, Kippa und Schabbat klingen einfach frankfurterisch«, behaupten die Verfasser der 64 Seiten umfassenden Publikation. Sie haben Recht: Jüdisches Leben gehört zu Frankfurt wie die Paulskirche und das Bethmännchen. Denn da, wo die historischen Wurzeln der Mainmetropole in der Altstadt liegen, finden sich seit dem 12. Jahrhundert auch die ersten Spuren jüdischen Lebens.

Mit der reich illustrierten Broschüre will die Stadt in Kooperation mit der Jüdischen Gemeinde jüdisches Leben gestern und heute noch bekannter machen. »Seit mindestens 900 Jahren ist jüdisches Leben Teil der Identität in unserer Stadt«, sagt Uwe Becker bei der Online-Präsentation der Broschüre. Dennoch sei das Wissen über »die jüdischste Stadt« in Deutschland bei zu vielen Menschen immer noch oberflächlich oder gar nicht vorhanden, so der Frankfurter Bürgermeister und Kirchendezernent. Die Broschüre mit dem Titel »Jüdisches Leben in Frankfurt – Orte, Traditionen, Geschichten« wolle wie »ein Schaufenster« die Vielfalt jüdischen Lebens zeigen.

Ansehen »Ohne die jüdische Gemeinschaft wäre Frankfurt sicherlich nicht die Stadt, wie wir sie heute kennen«, sagt Salomon Korn. Kultur, Wissenschaft, Politik, Lehre und Wirtschaft waren von jeher maßgeblich von jüdischen Vertretern geprägt, so der Vorstandsvorsitzende der Jüdischen Gemeinde Frankfurt. Philosophen wie Theodor W. Adorno (1903–1969) und Max Horkheimer (1895–1973) als führende Köpfe der »Frankfurter Schule« hätten das Frankfurter Geistesleben weit hinaus bekannt gemacht, so Korn.

Die Broschüre will wie »ein Schaufenster« die Vielfalt jüdischen Lebens zeigen.

Er erinnerte auch daran, dass jüdische Mäzene und Lehrstuhlinhaber zum Wirken der Goethe-Universität beigetragen haben. Für die Gegenwart wünscht sich Salomon Korn »mehr Sichtbarkeit jüdischen Lebens in der Stadt«. Es sei kein Problem, sich mit Kippa oder Magen David in der Mainmetropole zu zeigen.

Börneplatz Dennoch möchten die Stadt und die Jüdische Gemeinde mit der Broschüre ein Zeichen auch gegen Antisemitismus setzen. Becker kritisierte, dass sich die Stadt Frankfurt nach der Schoa »nicht wirklich auf die Verluste jüdischen Lebens« besonnen habe. So sei die Paulskirche als Ort der Nationalversammlung bald wiederaufgebaut worden, die zerstörte Synagoge am Börneplatz jedoch nicht.

Neugierig macht die Broschüre in ihrer Gliederung mit Stichworten wie »Gemeinsame Geschichte«, »Entdecken«, »Erleben«, »Erinnern« auf ein Geschichtsbuch besonderer Art. Berichtet wird über die Historie jüdischen Lebens ab dem Jahr 1150, über die Schutzmacht durch Kaiser Friedrich II. und die ersten Pogrome. Doch in der wirtschaftlich florierenden Messestadt siedelten sich erneut Juden an.

Zuwanderung Auch wenn sie immer zum Zielobjekt von Neid, Missgunst und Ausgrenzung wurden. Von mehr als 12.000 jüdischen Verschleppten in der Nazizeit kehrten nur 179 Personen nach Frankfurt zurück: bereit, eine neue Gemeinde zu gründen. Doch erst durch die Zuwanderung der Kontingentflüchtlinge wuchs die Gemeinde auf heute 6500 Mitglieder.

Und die zeigen sich nahbar, auch in der Broschüre. Fiszel Ajnwojner, Aufseher und Gabbai in der Westend-Synagoge, stellt sich vor, Barbara Bisicky-Ehrlich, Synchron- und Werbesprecherin, und der Modedesigner Chen Jerusalem. Erzählt wird vom Nachwuchs im Kindergarten und dem reichen kulturellen und sozialen Leben in der Gemeinde, das fest in die Bürgergesellschaft integriert ist.

Interview

»Damit ihr Schicksal nicht vergessen wird«

Die Schauspielerin Uschi Glas setzt sich für die Befreiung der israelischen Geiseln ein. Ein Gespräch über Menschlichkeit, Solidarität und Gegenwind

von Louis Lewitan  11.12.2024

Stuttgart

Opfer eines Schauprozesses

Nach fast drei Jahrzehnten Stillstand wurde nun ein Platz eingeweiht, der Joseph Süß Oppenheimer gewidmet ist

von Brigitte Jähnigen  10.12.2024

Esslingen

Antike Graffiti

Der Künstler Tuvia ben Avraham beschreibt das Judentum anhand uralter Buchstaben – und jeder darf mitmachen

von Valentin Schmid  09.12.2024

Berlin

Campus mit Kita und Café

Noch bis zum 10. Dezember können Architekten ihre Entwürfe für den Neubau an der Synagoge Fraenkelufer einreichen

von Christine Schmitt  09.12.2024

München

Mit Erfahrung zum Erfolg

Die Spieler des Schachklubs der IKG gehören zu den stärksten in Bayern – allen voran Leonid Volshanik

von Vivian Rosen  09.12.2024

Bundestag

Zentralrat der Juden schlägt Maßnahmen für Schutz jüdischen Lebens vor

Was der jüdische Dachverband von den Parteien mit Blick auf die Neuwahlen erwartet

 09.12.2024

Frankfurt

»Voll akzeptiert in der Gemeinde«

Rabbinerin Elisa Klapheck über das Jubiläum des Egalitären Minjans und das Konzept »Alle unter einem Dach«

von Ralf Balke  07.12.2024

Bedrohung

Wehrt euch!

Wie kann es sein, dass Juden wieder in Angst leben müssen? Wie kann es sein, dass Kippa zu tragen, gefährlich ist, während die Kufiya zum Fashion-Icon für Pseudo-Wokies wird? Ein Aufschrei

von Yaron Jacobs  07.12.2024

München-Schwabing

Ein Stück Hoffnung

Die Synagoge Shaʼarei Zion in der Georgenstraße erhielt eine neue Torarolle

von Luis Gruhler  07.12.2024