Lesung

Emotional befangen

Im Gespräch: Georg M. Hafner, Esther Schapira und Yehoshua Chmiel (v.l.) Foto: Marina Maisel

An allem sind die Juden schuld! Die Juden sind an allem schuld!» – An diesen Refrain eines satirischen Couplets des Komponisten Friedrich Hollaender aus dem Jahr 1931 knüpften die beiden Journalisten Georg M. Hafner und Esther Schapira mit dem Titel ihres jüngst im Eichborn-Verlag erschienenen Buches Israel ist an allem schuld an.

Auf Einladung des Kulturzentrums der Israelitischen Kultusgemeinde und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft stellten es Hafner und Schapira kürzlich im Jüdischen Gemeindezentrum vor.

Im Gespräch mit Yeshoshua Chmiel machten sie deutlich, worauf der Untertitel Warum der Judenstaat so gehasst wird verweist: dass sich nämlich hinter pseudoobjektiver Israelkritik nichts anderes verbirgt als altbekannter Antisemitismus. Das antijüdische Feindbild, gegen das Hollaender ironisch anging, taucht in der Camouflage von Palästina-Solidarität und Israel-Bashing in Schuldzuweisungen gegen «die Juden» beziehungsweise gegen «die Israelis» wieder auf.

Selbstkritisch Israel sei heute «der Jude unter den Völkern». Hafner und Schapira klärten darüber auf, warum es so viel «emotionale Aufwallung» gibt, und loteten anhand ihrer gesonderten persönlichen Vorworte selbstkritisch aus, warum sie selbst emotional so befangen sind.

Die Familie von Georg M. Hafner wurde mit palästinensischem Terror konfrontiert, als am 21. Februar 1970 bei einem Bombenanschlag auf eine Swissair-Maschine auf dem Flug nach Tel Aviv 47 Menschen ums Leben kamen, darunter sein Onkel, der ZDF-Korrespondent Rudolf Crisolli.

Vielleicht sei sie ja überempfindlich, meint Schapira, aber «sobald es um Israel geht, lauere ich auf Zwischentöne, auf halbe Wahrheiten und ganze Diffamierungen. Ich werde selten enttäuscht».

Georg Hafner ahnt, warum seine Ko-Autorin seit Erscheinen ihres gemeinsamen Buches viel mehr Hass-E-Mails bekommt als er. Schapiras Familie väter- licherseits ist jüdisch. Ihr ist «das Schicksal des jüdischen Staates nicht egal. Wie auch? Jener Teil meiner Familie, der überlebt hat, lebt dort».

Man möge sich eine Situation in Deutschland vergleichbar der Israels vorstellen, sagten die Autoren im Gespräch mit Yehoshua Chmiel, der selbst regelmäßig Termine zur Aufklärung über die politische Gemengelage im Nahen Osten wahrnimmt: «Was wäre hier los, wenn Leute auf offener Straße niedergestochen würden?»

Taglit

Zehn Tage, die bleiben

Vor 25 Jahren wurde die Organisation, die junge Leute nach Israel bringt, gegründet. In »Clärchens Ballhaus« wurde gefeiert

von Katrin Richter  22.06.2025

NRW

Fenster in die Gemeinden

Ein Marathon: Die Jüdischen Kulturtage Rhein-Ruhr bieten mehr als 80 Veranstaltungen in zehn Städten

von Helmut Kuhn  22.06.2025

Ethik

Zentralrat will sich für Schächten auf europäischer Ebene einsetzen

In manchen Ländern und Regionen Europas ist das Schächten verboten

 22.06.2025

München

Vor dem Vergessen bewahren

Experten diskutierten die Frage, inwiefern die biografische Forschung neue Perspektiven auf jüdische Geschichte und Kultur eröffnet

von Luis Gruhler  21.06.2025

Porträt der Woche

Die Stimme erheben

Yossi Herzka engagiert sich bei »KlimaStreik« und möchte Theaterdramaturg werden

von Gerhard Haase-Hindenberg  21.06.2025

Thüringen

Fundstücke mit Haken und Ösen

Erstmals und vorerst einmalig wurden in Erfurt vier neu gefundene Stücke aus dem mittelalterlich-jüdischen Schatz vorgestellt

von Esther Goldberg  20.06.2025

Jewrovision

»Wir hatten den Süßheitsfaktor«

Die Juze-Leiter Sofia aus Aachen und Lenny aus Köln über Gänsehaut, ihren ersten gemeinsamen Sieg und eine NRW-After-Jewro-Party

von Christine Schmitt  19.06.2025

Illustratorin

Gemaltes Augenzwinkern

Lihie Jacob erhielt den Jüdischen Kinderbuchpreis 2025. Ein Besuch bei der Künstlerin

von Alicia Rust  19.06.2025

Sicherheit

Spürbare Sorgen

Infolge des Kriegs mit dem Iran wurde der Schutz jüdischer Einrichtungen verstärkt. In Mannheim wurde schon die »Meile der Religionen« abgesagt. Wie stellen sich Gemeinden auf die neue Bedrohungslage ein? Wir haben nachgefragt

von Christine Schmitt  19.06.2025