Das jährliche Gedenken an die gefallenen jüdischen Soldaten des Ersten Weltkriegs anlässlich des Volkstrauertages fand in diesem Jahr kurz nach dem 70. Jahrestag der Gründung der Bundeswehr am 12. November 1955 statt. An einen weiteren Jahrestag erinnerte IKG-Präsidentin Charlotte Knobloch in ihrer Ansprache bei der Veranstaltung auf dem Israelitischen Friedhof: Vor 100 Jahren, am 1. März 1925, wurde der Volkstrauertag erstmals begangen. Zwischen diesen Daten lägen 30 Jahre von »historischer Wucht«, die deutlich machten, dass das Gedenken »mit uns heute« zu tun habe.
Nationalsozialisten galt der Patriotismus der jüdischen Veteranen nichts mehr
Knoblochs Vater Fritz Neuland war einer der rund 100.000 jüdischen Soldaten gewesen, die gehofft hatten, durch ihren Einsatz endlich die volle gesellschaftliche Anerkennung als jüdische Deutsche zu erlangen. Allein aus München zogen dafür 1500 junge jüdische Männer in den Krieg, rund 180 verloren ihr Leben. Für die, die zurückkehrten, sollte sich nur wenige Jahre später jede Hoffnung auf gesellschaftliche Gleichstellung auf das Grausamste zerschlagen. Obwohl vielfach hochdekoriert, galt den Nationalsozialisten der Patriotismus der Veteranen nichts mehr.
Dennoch habe ihr Vater nach 1945 Hoffnung in das Land gesetzt, so die Präsidentin, und am demokratischen Aufbau mitgearbeitet. Sie schloss mit dem Appell, die Verantwortung für die Freiheit und eine wehrhafte Demokratie anzunehmen. Einen »Gewissenstag« nannte Staatsminister Florian Herrmann, der den Bayerischen Ministerpräsidenten vertrat, den Volkstrauertag und bekräftigte für die Staatsregierung, dass jüdisches Leben »untrennbar« zu Bayern gehöre: »Es ist Teil unserer bayerischen Geschichte, Teil unserer Kultur, Teil unserer Gegenwart und Teil unserer Zukunft.« Der Volkstrauertag sei deshalb auch ein Zeichen »für den entschlossenen Widerstand gegen Antisemitismus«.
Aufruf zu bürgerlichem Engagement
Stadtrat Fritz Roth, der in Vertretung des Oberbürgermeisters der Stadt München gekommen war, rief in einem sehr persönlichen Grußwort zum bürgerlichen Engagement auf: Nur so sei das heutige demokratische Miteinander zu erhalten.
Haltung und Menschlichkeit betonte schließlich Brigadegeneral Thomas Hambach, der Kommandeur des Landeskommandos Bayern, angesichts der Bedrohung der Werte des Grundgesetzes durch äußere Gegner und extreme Kräfte im Innern. Dieser Gefahr müsse man sich auch mit der Bundeswehr entgegenstellen.
Zugleich mahnte er eine klare Haltung jedes Einzelnen an, »dass wir weiter so in Recht und Freiheit leben können, indem wir uns aktiv gegen Hass, Diskriminierung, Ausgrenzung, Extremismus und Antisemitismus stellen«.